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Regime im Regal: Thalia fällt mit gekaufter China-Inszenierung auf

Dass Thalia prominent pro-chinesische Titel inszeniert, war zunächst über die sozialen Netzwerke gestreut worden (Foto: Screenshot von Facebook)

Der Buchfilialist Thalia kooperiert offenbar mit chinesischen Staatsverlagen und reserviert dem Regime geneigten Titeln Regalmeter.

Dicke Bände mit Politikerreden über die Leistungen der Regierung sollen unkommentiert prominent in einigen Thalia-Filialen zu finden sein, berichtet unter anderem das ZDF. Auf dessen Anfrage bestätigte Thalia, dass an drei Standorten deutschlandweit aktuell „in Zusammenarbeit mit China Book Trading ein chinesisches Buchsortiment” getestet werde. Thalia spricht von einem „Service für die wachsende chinesische – bzw. China-interessierte – Community in Deutschland”.

Der Importeur China Book Trading mit Sitz in Rödermark führt im Programm neben Sprachführern und Kochbüchern chinesischer Autoren auch eine ganze Reihe offizieller Publikationen des chinesischen Staates, heißt es im ZDF-Bericht. Er gehöre laut Redaktionsnetzwerk Deutschland zu 100% der Kommunistischen Partei Chinas.

Eine der Buchserien ist „China regieren” des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping. In mehreren Bänden seien dort unkommentiert Reden des Staatschefs zu unterschiedlichen Anlässen aneinandergereiht. Anlässlich der Veröffentlichung des dritten Bandes im Juli schrieb der chinesische Staatssender CRI, sie habe das Ziel, dass die „internationale Gemeinschaft ihr Verständnis darüber erweitert, warum die KP Chinas befähigt ist, warum der Marxismus funktioniert und warum der Sozialismus chinesischer Prägung gut ist”.

„Unsere chinesischen Partner schlagen Bücher vor, die vom Thalia Sortimentsmanagement geprüft und freigegeben werden”, heißt es in der Stellungnahme von Thalia. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema China finde durch eine große Buchauswahl statt und werde durch den Test nicht beeinflusst. Zum finanziellen Umfang der Kooperation wurden keine Angaben gemacht.

Anmerkung: In einem späteren Statement nannte Thalia die CNPIEC – China National Publications Import & Export (Group) Corporation als Partner.

Kommentare

3 Kommentare zu "Regime im Regal: Thalia fällt mit gekaufter China-Inszenierung auf"

  1. Rüdiger Wischenbart | 21. September 2020 um 14:01 | Antworten

    Kleine Ergänzung: CNPIEC ist seit gut 10 Jahren das wichtigste Tor zwischen China und dem internationalen Buchmarkt. Rund 2/3 aller Importe an Büchern und Journals nach China, und 1/3 aller chinesischen Buch-Exporte ins Ausland (sowohl print wie auch digital) werden über CNPIEC abgewickelt. Und die Pekinger Buchmesse BIBF, längst die wichtigste Plattform aus und nach China, ist auch Bestandteil der Aktivitäten des Unternehmens. CNPIEC ist über deren Muttergesellschaft, die Holding „China Publishing Group“, tatsächlich im chinesischen Staatseigentum – so wie alle ca. 580 chinesischen Buchverlage, per Gesetz, Eigentum des Staates oder einer der Provinzen sein müssen.
    Kurzum, es gibt keinen legalen Weg am chinesischen Staat vorbei, wenn man international Bücher aus China ins Sortiment nehmen will.
    Deshalb ist dieser Austausch und auch Handel stets ein Balanceakt. Entscheidend scheint mir, ob in einer Buchhandel dann davon unabhängig auch das komplette internationale Buchangebot zu China und allen kritischen Themen verfügbar bleibt. Dies ist in diesem Fall, wie mir nach Rückfrage versichert wurde, gewährleistet.
    Persönlicher Nachsatz aus eigener langjähriger Erfahrung im Umgang mit China: Kritisches Infragestellen ist hier jeweils wichtig, durch öffentliche Kritik wie geschehen in diesem Anlassfall, aber auch gegenüber sich selbst, indem man immer wieder überprüft, was man tut, und was nicht.
    Das ist immer wieder unbequem, aber kein Austausch, kein Informationsfluss, einfach nur ‚die Luken dicht machen‘ ist keine gute Alternative.

  2. Hartwig Bögeholz | 19. September 2020 um 11:41 | Antworten

    Ist wohl nix mit Wachsein

    Gerade zwei Jahre ist es her, dass Deutschlands größte Buchhandelskette so tat, als sei sie nicht allein ein Profiterzwinger, sondern jenseits des Ritts auf großen schwarzen Zahlen noch irgendwie bei Troste.

    „Welt, bleib wach“ – tönte Thalia. Und gerierte sich als Wachrüttler.

    Das Wachsein, wenn es denn je ernst gemeint war, hat bei Thalia selbst nicht lange angehalten.

    Nicht nur, dass die Mitarbeiter nun zu unbezahlter Mehrarbeit gepresst werden. Kann sich jemand erinnern, dass sie in guten Zeiten irgendwie beteiligt worden wären? Aber so ist es, Eigentümer und Manager sacken ein – aber wenn schlechte Zeiten anbrechen, sind nicht sie es, die die Lasten tragen. Nein, diese werden auf die Mitarbeiter abgewälzt.

    Allein dies ist moralisch verwerflich. Noch verwerflicher ist es, dem neuen Kaiser von China ganze Bücherregale für verordnete Lobhudelei zur Verfügung zu stellen. Gegen Bezahlung. Selbst wenn diese Aktion vor der Unterwerfung Hong Kong geplant worden sein sollte – sie nun tatsächlich durchzuführen, ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die für ein demokratisches China eintreten und kämpfen, weggesperrt sind oder ihr Leben gelassen haben.

    Seit Jahren ist offenkundig, wie sehr Xi Jinping die Volksrepublik China mit brutaler Ausrichtung kontrolliert und auf seinen gefährlichen Kurs zwingt. Er ist einer der gefährlichsten Herrscher auf dem Erdball. Wohl in 2019 hat er entschieden, fortan keinerlei Rücksichten mehr zu nehmen bei der Durchsetzung seiner aggressiven Politik. ´Kleinere´ Vorfälle vom Südchinesischen Meer bis zum Himalaja, ´größere´ von der Unterdrückung in Tibet und Xinjiang bis zum Überfall auf Hong Kong geben Zeugnis von der gesteigerten Aggressivität.

    Buchhändler waren die ersten weltweit erkennbaren Opfer, sie wurden gewaltsam entführt, unter enormen Druck gesetzt, zu ´Geständnissen´ gepresst, psychisch gebrochen. Nur Gui Minhai sei genannt, seit 2015 in der Gewalt chinesischer Behörden und Anfang 2020 zu zehn Jahren Haft verurteilt. Was würde er sagen?

    Ganz offenbar schmälern gut gepolsterte Chef- und Eigentümersessel den Blick auf die Welt doch so sehr, dass letztlich schwarze Zahlen alleiniger Maßstab sind.

  3. Sehr befremdlich. Da kaufe ich doch lieber in der Buchhandlung MEINER Wahl als der der KP Chinas.

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