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Auf staatliche und private Unterstützung angewiesen

Obwohl Comics inzwischen auch im Feuilleton angekommen sind und internationale Preise einheimsen: In der Kulturpolitik wird das Comic weiterhin stiefmütterlich behandelt. Dies müsse ein Ende haben, fordern Künstler, Verleger und Schriftsteller in einem „Manifest“, das sich für eine finanzielle Förderung von Comicprojekten ausspricht.

Hier das Manifest im Original: 
„Deutsche Comics werden im Feuilleton gefeiert, sie werden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erhalten Preise und Auszeichnungen auf internationalen Festivals. Comic-Lesungen und Comic-Ausstellungen finden regen Zuspruch, zumal beim jüngeren Publikum, und immer häufiger sind Comics Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten.
Es sind die Comiczeichner, die Comicverleger und andere Akteure, die dem deutschen Comic praktisch ohne Hilfe von außen dieses Ansehen verschafft haben. Während Film, Theater, Musik und andere Künste — zu Recht — öffentlich gefördert werden, konnten
die Zeichner, Szenaristen und Verlagsmitarbeiter ihre beachtlichen Erfolge nur durch Selbstausbeutung erreichen. Es liegt auf der Hand, dass sie mit größeren Ressourcen ihre Potenziale wesentlich stärker entfalten könnten.
Der zeitgenössische Comic ist formal innovativ und inhaltlich anspruchsvoll. Sein Spektrum reicht vom Comicstrip zur Graphic Novel. Eindringliche Geschichten zu gesellschaftlich relevanten Themen prägen heute sein Bild in den Medien. Die stilistische Bandbreite und die fortwährende experimentelle Erneuerung des Comics stehen für die künstlerische Modernität eines Mediums, dessen vielfältige Möglichkeiten längst noch nicht ausgeschöpft sind.
Niemand bezweifelt heute, dass der Comic eine eigenständige Kunstform ist, der ein gleichberechtigter Platz neben Literatur, Theater, Film oder Oper zusteht. Es ist ein Skandal, dass dies noch immer nicht allgemeiner Konsens ist.
Wir fordern daher, dass der Comic dieselbe Anerkennung erfährt wie die Literatur und bildende Kunst und entsprechend gefördert wird. Der Comic ist — wie alle anderen Künste — auf staatliche und private Unterstützung angewiesen.
Die Zahl hervorragender Nachwuchszeichner, die meist an den staatlichen Kunsthochschulen ausgebildet worden sind, wächst stetig, doch es gibt keine Stipendien, die talentierten Zeichnern den Weg zu einer Existenz als Künstler ebnen könnten. Eine Graphic Novel, ein Comicalbum zu schaffen dauert oft länger als ein Jahr, und kaum ein Verlag kann es sich leisten, den Lebensunterhalt eines Künstlers für so lange Zeit zu finanzieren. 
Wir fordern daher die finanzielle Förderung von Comicprojekten.
Und schließlich: Förderung bedarf der Koordination und der Diskussion ihrer Maßstäbe. Noch immer fehlt eine eigene Comicprofessur in Deutschland, noch immer fehlt eine Institution, die als zentrale Anlaufstelle und kommunikative Begegnungsstätte mit europäischer Ausstrahlung für alle Protagonisten des Mediums dienen kann.
Wir fordern daher die Schaffung eines deutschen Comicinstitutes, das Künstler zusammenführt, ihre Arbeit wissenschaftlich reflektiert und der kulturellen Bildung dient.
Comic ist Kunst.
Das muss jetzt auch die Kulturpolitik verstehen.“

Die Erstunterzeichner des Comic-Manifests sind:

  • Titus Ackermann [Illustrator]
  • Ahne [Schriftsteller]
  • ATAK / Prof. Barber [Comickünstler]
  • Jim Avignon [Künstler]
  • Bela B.[Musiker]
  • Anna Bas Backer [Comiczeichnerin]
  • Jan Bauer [Trickfilmregisseur]
  • Bodo Birk [Leiter des Internationalen Comic-Salons Erlangen]
  • Gregor Breitkopf [Verleger / Dipl. Finanzwirt]
  • Susanne Buddenberg [Comicautorin]
  • Karoline Bofinger [Comicredakteurin]
  • Thomas Böhm [Programmleiter ilb]
  • Wolf Böwig [Photojournalist]
  • Romy Blümel [Illustratorin]
  • Ingo Clauß [Kurator Weserburg Bremen]
  • Maikel Das [Comiczeichner / Verleger]
  • Diceindustries [Künstler]
  • Martin tom Dieck [Künstler / Professor]
  • Tim Dinter [Illustrator]
  • Tinet Elmgren [Comiczeichnerin]
  • Prof. Anke Feuchtenberger [Künstlerin]
  • Achim Frenz [Museumsleitung caricatura museum frankfurt]
  • Cornelia Funke [Kinder- und Jugendbuchautorin]
  • Anna Gabai [Kuratorin und Pädagogin]
  • Nadja Gebhardt [Redakteurin]
  • Rolf Giesen [Filmwissenschaftler / Filmjournalist / Sachbuchautor]
  • Thomas Gilke [Kommunikationsdesigner]
  • Moritz Götze [Künstler]
  • Laëtitia Graffart [Redakteurin]
  • Oliver Grajewski [Bildender Künstler]
  • Andreas Grasskamp [Biologe]
  • Lukas Grasskamp [Jurist]
  • Prof.Dr. Walter Grasskamp [Kunsthistoriker]
  • Jonas Greulich [Regisseur / Comiczeichner / Verleger]
  • Thomas Gronle [Illustrator / Comic Autor / Verleger]
  • Prof. Dr. Dietrich Grünewald [Vorsitzender der ComFor]
  • Volker Hamann [Herausgeber REDDITION / ALFONZ / COMIC REPORT]
  • Jens Harder [Comiczeichner]
  • Jutta Harms [Presse]
  • Jakob Hein [Schriftsteller]
  • Thomas Henseler [Comicautor]
  • Gregor Hinz [Comickünstler]
  • Matthias Hofmann [Herausgeber ALFONZ / COMIC REPORT]
  • Sascha Hommer [Comiczeichner]
  • Prof. Markus Huber [Künstler / Kunsthochschul-Professor]
  • Christiane Mennicke-Schwarz [Kunsthistorikerin und Kuratorin]
  • Dr. Edmund Jacoby [Verleger]
  • Andreas C. Knigge [Publizist]
  • Filip Kolek [Pressesprecher]
  • Prof. Eike König [Graphic Design / Illustration]
  • Brigitte Kronauer [Schriftstellerin]
  • Peter Auge Lorenz [Comicbibliothek Renate]
  • Ulli Lust [Comiczeichnerin]
  • Marijpol [Comiczeichnerin]
  • Mawil [Comiczeichner]
  • Jens Meinrenken [Kunsthistoriker]
  • René Mounajed [Historiker und Comicforscher]
  • Stefan Neuhaus [Kunstpädagoge BDK]
  • Paul Paetzel [Illustrator]
  • Felix Pestemer [Comiczeichner]
  • Kai Pfeiffer [Comickünstler]
  • Dirk Rehm [Verleger]
  • Daniel Richter [Künstler]
  • Ulrich Schreiber [Festivaldirektor ilb]
  • Mona Schütze [Redakteurin]
  • Simon Schwartz [Comiczeichner]
  • Gerhard Seyfried [Comiczeichner/Schriftsteller]
  • Bela Sobottke [Comiczeichner]
  • Mikkel Sommer [Comiczeichner]
  • Elke R. Steiner [Comiczeichnerin]
  • Nicola Stuart [Verlegerin]
  • Dr. Joachim Trinkwitz [Bonner Online-Bibliographie für Comicforschung / ComFor]
  • Johann Ulrich [Verleger]
  • Michael Vogt [Comiczeichner]
  • Prof. Henning Wagenbreth [Universität der Künste / Klasse Illustration]
  • Susanne Weiß [Direktorin Heidelberger Kunstverein]
  • Birgit Weyhe [Comiczeichnerin]
  • Ulrich Wickert [Journalist / Autor]
  • Michael Wiesler [Comic-Buchhändler]
  • Sebastian Wolter [Verleger]
  • Barbara Yelin [Comiczeichnerin]
  • Dr. Thomas von Steinaecker [Autor / Journalist / TV Regisseur]
  • Volker Zimmermann [Übersetzer / Verleger]

Kommentare

1 Kommentar zu "Auf staatliche und private Unterstützung angewiesen"

  1. Ulli Lust nimmt in einem großen Gespräch mit Novel Graph noch einmal Stellung zu dem Manifest:
    »Für Flughunde habe ich zwei Jahre gebraucht, und mein erstes großes Buch, „Heute ist der letzte Tag vom Rest meines Lebens„ hat vier Jahre gedauert. Das war ein Problem, die Arbeit vorzufinanzieren. Das ging nur mit staatlicher Unterstützung. Ich hatte ein Meisterschülerstipendium von den Hochschulen in Berlin für die Realisierung eines Comics. Und dann habe ich noch 2 Jahre Hartz IV gekriegt. Und das werde ich den Leuten an den Kopf werfen, die sich darüber aufregen, dass man als Comic-Künstler keine Staatsgelder bekommen darf. Das sind so achtziger Jahre-Recken, die denken, alles was Staat ist, ist böse – aber die sitzen auch zu Hause und haben die Comic-Szene nicht vorangebracht.«
    http://blog.novelgraph.de/topi

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