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Vorübergehende Verlustsituation

Neue Hiobsbotschaften aus Augsburg: Nachdem die Turbulenzen rund um den zunächst geplanten Verkauf des Medienkonzerns sich zuletzt beruhigt hatten, steht Weltbild laut „FAZ“ vor der Insolvenz. Hintergrund der Krise seien neben Verlusten im Geschäft Streitigkeiten unter den Gesellschaftern. Weltbild selbst bestätigt die Verluste, dementiert aber eine akute Gefährdung.

Nach Angaben der „FAZ“ wollen die Bistümer Köln, Trier, Aachen und Münster nicht mehr die Stiftungs-Lösung unterstützen, nach der Weltbild in eine Stiftung überführt wird, die das Unternehmen wirtschaftlich steuert und die weltanschauliche Ausrichtung der Verlagsgruppe garantiert. Sie wollten stattdessen, wie ursprünglich geplant, Weltbild verkaufen. Als Folge drehten die Geschäftsbanken – einschließlich der kirchlichen Banken Liga und Pax – Weltbild aktuell den Geldhahn zu und forderten die Beilegung des Streits binnen weniger Wochen. Dies sei insofern kritisch, als sich die Ertragslage des Unternehmens in den beiden vergangenen Jahren verschlechtert habe.

Die „FAZ“ zitiert Unternehmenskreise, nach denen die Gesellschafter Geld nachschießen müssten, sollten sie die Verlagsgruppe als Ganze erhalten oder bei einem Verkauf den Erhalt der meisten Arbeitsplätze sicherstellen wollen. Langfristig seien mutmaßlich nur Unternehmensteile wie die im Aufbau begriffene Online-Handelsplattform rentabel.

Von Weltbild heißt es, aus Sicht der Geschäftsführung sei der Fortbestand des Unternehmen „in keiner Weise gefährdet“.

Die im „FAZ“-Beitrag angesprochenen Fragestellungen beträfen im Wesentlichen die eigenen Gesellschafter, zu denen sich der Vorstand nicht äußern wolle. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme:

„Weltbild befindet sich im Umbau zu einem Online- und Digitalgeschäft. Dieser Umbau des Unternehmens führt zu einer vorübergehenden Verlustsituation. Die Verlustsituation entsteht durch den gezielten Rückbau von Altgeschäften im Bereich der Filialen und des Kataloges auf den für das Online- und Digitalgeschäft künftig noch sinnvollen Kern. Die hohen Anlaufinvestitionen in das Digitalgeschäft führen erst zeitversetzt zu entsprechenden Gewinnen. Die Parallelität von Rückbau einerseits und Neuaufbau andererseits stellt in seiner Dimension eine enorme Herausforderung und Anstrengung dar.“

Die „Süddeutsche Zeitung“ (Ausgabe vom 10. September 2013) zitiert Firmenchef Carel Halff mit den Worten: „Die Parallelität von Rückbau des Altgeschäfts einerseits und Neuaufbau von Online- und Digitalgeschäft andererseits führt in diesem und auch im nächsten Jahr zu einer geplanten Verlustsituation.“ Erst vom Geschäftsjahr 2015/16 an würden wieder Gewinne erwartet.

Im Juli hatte eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage von buchreport.de zu den normalerweise um diese Zeit veröffentlichten Geschäftszahlen erklärt, dass Weltbild voraussichtlich in diesem Jahr keine Zahlen bekannt geben werde. Man befinde sich „in einer Umbauphase zum Online- und Digitalgeschäft“, sei aber mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden.

Carel Halff: fortgesetzter Rückbau 

Der Weltbild-Chef hatte sich zuletzt vor einem Jahr ausführlich zum Rückbau bei Weltbild geäußert – und dies mit einer Prognose zur Verkleinerung des gesamten deutschen Filialbuchhandels verbunden. Die Verkaufsflächen, so Halff im Oktober 2012, würden noch drastischer zurückgefahren, als er 2010 gegenüber buchreport prophezeit hatte. Vom jetzigen Zeitpunkt an „wird der Gesamtmarkt noch einmal mindestens 50% der Flächen stillgelegen und eine vergleichbare Zahl von Standorten“, erklärt Halff der „Süddeutschen Zeitung“. 

Bei der DBH, unter deren Dach Weltbild und Hugendubel operieren, werde es in den kommenden drei Jahren weitere Verkleinerungen und Schließungen geben. Im Sommer 2012 hatte Halff dagegen erklärt, dass der Rückbau bei der DBH „weitestgehend abgeschlossen“ sei. 

In den vergangenen Jahren hat die DBH rund ein Fünftel der über 500 Filialen geschlossen.

Verkaufs-Debatte im Rückblick

Rückblick: Nachdem ein erster Verkaufs-Versuch der Kirche 2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise abgeblasen worden war, rückte das Thema im Herbst 2011 erneut auf die Agenda:

  • Auslöser war das Angebot pornografischer Bücher im Webshop weltbild.de, das sogar den damaligen Papst Benedikt XVI. zu einem Veto animierte: Dieser sprach sich explizit gegen die „Verbreitung von Material erotischen oder pornographischen Inhalts, gerade auch über das Internet“ aus.
  • Ende November 2011 ließen die Bistümer verlautbaren, dass die  Verlagsgruppe Weltbild so schnell wie möglich verkauft werden solle. Die Geschäftsführung erntete massive Kritik (hier mehr).
  • Im Juni 2012 blies die Kirche schließlich den Verkauf ab. Stattdessen sollten die Anteile in eine neu zu gründende Stiftung eingebracht werden, die als alleiniger Gesellschafter der Verlagsgruppe Weltbild fungieren sollte  (hier mehr). 

Fotos: Weltbild

Kommentare

4 Kommentare zu "Vorübergehende Verlustsituation"

  1. H. Kraft
    Ein durchdachter Rückbau nach den Worten von Weltbild-Chef Herrn Halff ist dringend notwendig, wenn dadurch das Verlagsprogramm neu aufgestellt und auch eine klare Richtung sichtbar wird.
    Auch sollten die Mitarbeiter/innen darüber informiert werden, wie die zukünftige Strategie des Unternehmens aussehen wird und wo eventuell eingespart wird. Es gilt auch den Verlag von Angeboten zu befreien, die eben nicht mit der Kirche vereinbar sind. Jedenfalls geht ein so weiter, wie bisher, nicht mehr.

  2. Kann ER da nichts machen?

  3. „das Angebot pornografischer Bücher im Webshop“
    Sie sollten die buchstäbliche Kirche im Dorf lassen, und nicht die Wortwahl von Katholen-Talibans nachplappern. Es ging um das, was im Volksmund „erotische Literatur“ heißt. Übrigens genauso schlimm aus Fundi-Sicht: dass Weltbild „Esoterik“ im Programm führt. Für viele ist deshalb z.B. Harry Potter schon jenseits des Erlaubten …

  4. Die auf den ersten Blick erstaunliche Bereitschaft von Weltbild, sich die 50% Droemer-Beteiligung wieder abkaufen zu lassen, erscheint nun auch in einem neuen Licht.

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