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Von glücklich machenden Krabbeltieren

Die Genialität der Tierwelt dominiert heute die Buchrezensionen in den Zeitungen. So lobt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ den Titel „Die Eichhörnchenstrategie“ von Elise Schirrmacher. Die Autorin, auch wenn sie sich bemühe, es sich nicht anmerken zu lassen, sei viel zu intelligent, um in die Falle des naturalistischen Fehlschlusses zu gehen, sie hole vielmehr Schwung für ganz eigenes Happy-go-lucky-Projekt: „Die Tierwelt zeigt uns Bilder, die wir als pures Glück deuten können, weil wir Menschen sind und dazu neigen, in unseren eigenen Maßstäben und Sehnsüchten zu denken. Dieser ,blinde Fleck‘ wird in diesem Buch zur Chance.“ Schirrmacher mische stupendes Wissen – ein Genuss sei es allein, wie gut das Buch recherchiert sei – mit viel Fantasie.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat gleich drei Bücher gelesen, die sich mit Insekten beschäftigen. Jean-Henri Fabres Band mit dem etwas unhandlichen Titel „Ich aber erforsche sie mitten im Leben“ versammele eine gelungene Auswahl an Texten des Stammvaters empathischer Tierbetrachtung, die auch seiner sprachlicher Meisterschaft gerecht werde. „Ganze Welten tun sich da zwischen Geröll und stacheligen Büschen auf, das Reich der Grabwespe, das Herrschaftsgebiet der Mauerbiene, die Sandwespenkolonie. Und wir haben das Glück, ihnen über Fabres geduldige Schulter hinweg zusehen zu dürfen.“

Mit Sue Hubbells Buch „Ein Jahr in den Ozark Mountains“ verlebe man dagegen ein Jahr lang die Jahreszeiten und lerne das Bienenjahr kennen, aber auch, dass die Arbeit als Imkerin, die Einsamkeit auf dem Hof, kein Honigschlecken sei, sondern harte Arbeit, erfahre man in diesem sehr schönen und gut übersetzten Band.

Fredrik Sjöbergs Buch „Die Fliegenfalle“ vereine ebenfalls Tierbeobachtungen mit lebensweltlichen Betrachtungen. Im Mittelpunkt stehe ein schwedischer Entomologe namens René Malaise, Erfinder besagter Fliegenfalle. Sein Bewunderer Sjöberg entdecke ein ganzes Universum an Tierchen, Honigbienen, Schmarotzerwespen, Bremsen oder Mücken. Und nicht selten seien sie so verschwindend klein, dass normale Menschen sie überhaupt nicht wahrnehmen könnten. Sind wir es also, frage man sich da, die im Grunde mit Blindheit geschlagen sind? „Jeder Mensch ist ein Planet, heißt es so schön. Glücklich, wer auf seinem eigenen Insekten zu entdecken vermag. Oder wenigstens Bücher wie diese.“

Elise Schirrmacher: Die Eichhörnchenstrategie. Glücklich und erfolgreich mit den genialsten Tricks der Tiere. Lübbe 2008, 14,95 Euro
Jean-Henri Fabre: Ich aber erforsche sie mitten im Leben. Aus dem Französischen von Peter Repp und Beate Taudte-Repp. Heinrich und Hahn Verlag 2008, 15,90 Euro
Sue Hubbell: Ein Jahr in den Ozark Mountains. Aus dem Amerikanischen von Barbara Heller. SchirmerGraf 2007, 19,80 Euro
Fredrik Sjöberg: Die Fliegenfalle. Aus dem Schwedischen von Paul Berf. Eichborn 2008, 17,95 Euro

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 32)
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)

NACHGELESEN – Bücher heute in den Zeitungen

Belletristik

Josh Emmons: „Leon Meed beschließt zu gehen“. Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Karin Dufner. Droemer 2008, 16,95 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 32)

Simone Barck / Siegfried Lokatis: Zensurspiele. Heimliche Literaturgeschichten aus der DDR. Mitteldeutscher Verlag 2008, 20,00 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)

Thierry Jonquet: Die Haut, in der ich wohne. Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Hoffmann und Campe 2008, 16,95 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)

Gustav Regler: Das Ohr des Malchus, eine Lebensgeschichte. Werkausgabe Band 10, herausgegeben von Gerhard Schmidt-Henkel und Hermann Gätje. Stroemfeld 2007, 34,00 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)

Jeon Sang Guk: Ahbes Familie und andere Erzählungen. Aus dem Koreanischen von Kim Sun Hi und Edeltrud Kim. Edition Peperkorn 2008, 19,00 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ (Seite 39)

Sachbuch

Heinz Duchhardt: Stein. Eine Biographie. Aschendorff 2007, 29,80 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 32)

Ulrich van der Heyden (Hrsg): Das neue Lexikon der Indianer Nordamerikas. Sutton Verlag 2008, 19,90 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 32)

Peter Handke und Alfred Kolleritsch: Schönheit ist die erste Bürgerpflicht. Briefwechsel. Jung und Jung 2008, 22,00 Euro
nzz.ch

Pia Reinacher: Liebe, Lüge, Libertinage. Berlin University Press 2008, 29,90 Euro
nzz.ch

Ingo Haar / Michael Fahlbusch (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Unter Mitarbeit von Matthias Berg. Saur-Verlag 2008, 198,00 Euro
nzz.ch

René Girard: Achever Clausewitz. Editions Carnets Nord 2007, 22,00 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ (Seite 39)

VORAUSGEHÖRT – Bücher im Radio

Kafka-Liebhaber kommen zur Wiederkehr seines 125. Geburtstages voll auf ihre Kosten. Heute sendet WDR 3 ab 22:00 Uhr die Hörspielfassung seines Werkes „In der Strafkolonie“.

Mit einem Forschungsreisenden besucht der Hörer die auf einer entlegenen Insel eingerichtete Strafkolonie und wird Zeuge des barbarischen Prozesses eines mechanischen Strafvollzuges. Dessen Unwiderruflichkeit steht in keinem Verhältnis zum Ausmaß der Schuld des Verurteilten. Ähnlich wie in Kafkas fragmentarischem Roman „Der Prozess“ wird Zweifel erhoben an der Rechtmäßigkeit der Anklage, und noch deutlicher als dort wird ihm entgegengesetzt, dass die „Schuld immer zweifellos sei“. Nur so kann der hinrichtende Offizier mit Überzeugung verkünden, dass sein Tötungsapparat, eine Art Egge, der „menschlichste und menschenwürdigste“ sei.

Bearbeitung und Regie: Claude Pierre Salmony. Mit Bruno Ganz, Wolfgang Stendar, Walter Wigand, Heinz Bender-Plück und Elmar Schulte.
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