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Wie finden Verlage den richtigen Druckpartner?

Wolfgang E. Totzauer ist Berater für die Druck-und Medienindustrie mit Schwerpunkten Personalentwicklung, Workflowoptimierung und Qualitätsmanagement. Foto: wet-Beratung

Ziel: Komplexe Leistungen termin-, qualitäts- und preissicher beauftragen. Einige Anhaltspunkte für Hersteller und Einkäufer, gute Drucker zu finden von Wolfgang E. Totzauer.

Bücher in unterschiedlichen Formaten, Kataloge, Handzettel, Dekomaterial: Verlage und im Werbemittelbereich auch Buchhandlungen haben zahlreiche Druckaufträge zu vergeben. Sie sondieren immer wieder den Markt, um insgesamt oder für einzelne Projekte optimale Lösungen zu finden, optimal in der Gemengelage Qualität, Materialien und Veredelungsoptionen, Prozesse und Preis. Printbuying ist ein Geschäft mit vielen Variablen. Und die Frage lautet: Wie finde ich den richtigen Druckpartner und was sind die wichtigsten Kriterien?

Warum auch der erste Eindruck zählt

Für die erste Selektion wird man fündig unter „Wer-liefert-Was“ und im „PSO-Insider“, die Site der Verbände und der Fogra mit ISO-zertifizierten Unternehmen. Die erste Selektion kann man nach dem ersten Eindruck vornehmen: Allein die Gestaltung der einzelnen Websites erlaubt bereits Rückschlüsse auf die Qualifikation des Unternehmens. Wiederum sollte man sofort die Unternehmen aussortieren, die keine klare Gliederung ihres Leistungsportfolios ausweisen, die keine Ansprechpartner mit Kontaktdaten nennen oder die es nicht schaffen, ihren Leistungsumfang von der Datenannahme, über die Maschinenklassen, der Weiterverarbeitung bis hin zur Logistik übersichtlich zu beschreiben. Referenzprodukte oder -kunden liefern weitere Hinweise, die Firmengeschichte eher nicht …

Nach einer engeren Auswahl kann es sich lohnen, den einen oder anderen Dienstleister zu besuchen und sich die Druckerei zeigen zu lassen, wenn das zeitlich und entfernungstechnisch möglich ist. Nichts vermittelt die Arbeitsweise des Unternehmens besser als ein Blick hinter die Kulissen. Der verwaiste Empfang, der 100-jährige Gummibaum hinter der Eingangstür, un­sichere oder gar unfreundliche Mitarbeiter, die Gestaltung der Arbeitsplätze und der Umgangston zwischen Büropersonal und Technik geben einen zuverlässigen Eindruck, wie vermutlich auch mit den Kunden und deren Aufträgen umgegangen wird.

Mein Rat ist, sich alle kritischen Punkte erklären zu lassen. Detailliertere Fragen enthält die folgende Checkliste.

Checkliste für Druckanfragen

Zur Qualifizierung des Druckdienstleisters stellen sich folgende Fragen:

  • Welche Unterlagen erhalten Sie auf Ihre Anfrage von den ausgewählten Unternehmen?
  • Meldet sich ein zuständiger Sachbearbeiter, der bereit ist, alle anstehenden Fragen zur bevorstehenden Produktion erschöpfend zu beantworten?
  • Sind Sonderwünsche hinsichtlich Datenwiedergabe (Rasterarten), Farbräumen und Drucktechniken möglich?
  • Wie steht das Unternehmen zu unterschiedlichsten Veredelungsmöglichkeiten und Sonderformaten?
  • Wie wird mit Ihren Wünschen zu Auslieferung und Versand umgegangen?
  • Wie reagiert das Unternehmen auf kurzfristige Änderungen in Produktionsumfang und Auflagenhöhe?
  • Welche Kapazitäten und Maschinen­-Backups stehen zur Verfügung?
  • Enthält bereits das Angebot klare Richtlinien, nach welchen technischen Gesichtspunkten der Auftrag gefertigt werden wird?
  • Erhalten Sie neben der Kostenaufstellung und den zeitlichen Vorgaben eine Serveradresse, an die Sie Ihre Daten senden können?
  • Hat sich Ihr Ansprechpartner Zeit genommen, Sie auf die erforderlichen technischen Details hinzuweisen?
  • Existiert ein Datenübergabeformular?
  • Erhalten Sie eine Rückmeldung über den Zustand der gelieferten Vorstufendaten?
  • Nach welchen Standards und nach welchen Vorgaben und mit welchen Toleranzen wird das Druckunternehmen Ihren Auftrag abwickeln?
  • Sie haben alle Vorstufendaten im Rahmen bestimmter ISO-Normen gefertigt. Ist die Druckerei auch in der Lage, nach diesen Vorgaben zu arbeiten?
  • Ist das Unternehmen in der Lage, zuverlässig Konvertierungen (per Device-Link) in die geforderte Druckbedingung vorzunehmen?
  • Welche Prüfmittel und Auswertungsmöglichkeiten bietet das Unternehmen?
  • Wer erstellt die Proofs? Wo werden sie ausgewertet und inwieweit wird das Papierweiß in der Produktion berücksichtigt?
  • Existiert ein Qualitätsmanagement-System, dessen Ergebnisse auch von Kundenseite einsehbar sind und einen transparenten Überblick über die Produktionsqualität erlauben?
  • Ist das Unternehmen in der Lage, seine Produktionsumgebung, die Abmusterungsbedingungen und die Belegexemplare mittels Messtechnik zu klassifizieren und den gewünschten Vorgaben zuzuordnen?
  • Werden Ihnen die Ergebnisse des Qualitätsmanagements zur Verfügung gestellt und erhalten Sie die Möglichkeit, kritisch darauf zu reagieren?

Vorgaben und Abnahme

Zu den richtigen Fragen gehört, dass Printbuyer eindeutige Vorgaben formulieren und dabei auch auf technische Einzelheiten eingehen. Je klarer die Vorgaben, Richtlinien und Toleranzen im Vorfeld definiert sind, desto einfacher ist später die Abstimmung in der Produktion. Eine gute Anleitung zur Produktionsweise in der Vorstufe, zur Umsetzung für den Druck und zu den nötigen Kontrollmitteln enthält der „Medien-Standard Druck“ des Bundesverbandes Druck und Medien (bvdm).

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Auf Basis dieses Standards ist eine Druckabnahme vor Ort normalerweise unnötig, weil die gewünschte Farbgebung bereits im Vorfeld nach geltenden Standards festgelegt worden ist und der Augenschein immer von subjektiver Unschärfe beeinträchtigt ist. Sofern der Dateninhalt fachrichtig umgesetzt wurde, kann eine Retusche an der Maschine das Ergebnis eigentlich nur verfälschen, aber nicht verbessern. Nur wenige Auftraggeber verfügen selbst über eine genormte Abmusterungsumgebung, um bereits im Vorfeld optische Qualitätsprüfungen am Proof selbst durchführen zu können. Die Messtechnik kann hier eine objektive Diskussionsgrundlage schaffen, da die gewünschten Werte in der Vorstufe bereits festgelegt wurden.

Verklausulierte Angebote

Letztlich prüft der Druckeinkäufer das Angebot und stellt der Leistungsbeschreibung die tatsächlichen Kosten gegenüber. Da muss er genau hinschauen, weil Angebote verklausuliert abgegeben werden und ein vergleichbarer Endpreis nur schwer zu ermitteln ist. Dadurch kommen manchmal Dienstleister zum Zug, deren Grundpreis auf den ersten Blick relativ günstig ausfällt, die aber notwendige Produktionsschritte zusätzlich berechnen. Wie in anderen Lebensbereichen gilt auch beim Drucken: Der günstigste Anbieter ist nicht immer der beste! Ein leistungsfähiger Dienstleis­ter beschäftigt gut ausgebildete und „teure“ Mitarbeiter und seine Produk­tionsmittel befinden sich auf einem aktuellen Stand. Voraussetzung für diese Investitionen ist allerdings auch eine gewisse Auftragsrendite.

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Kommentare

1 Kommentar zu "Wie finden Verlage den richtigen Druckpartner?"

  1. Grundsätzlich scheint es ja wirklich ein Thema zu sein Ausschreibungen umzusetzen. Eventuell helfen da in Zukunft technologische Lösungen, die es Unternehmen und Druckeinkäufern ermöglichen eine Anfrage zu stellen und dann von Druckereien ein direktes Angebot zu bekommen ohne erst den langen Prozess mit Angebotsvergleichen und Korrespondenz abzuwicklen.

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