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Schere zwischen lieblos und schön

Die Stiftung Buchkunst prämiert seit 1997 „Die schönsten deutschen Bücher“. Die 25 Titel für 2013 stehen fest. Die Vorsitzende Karin Schmidt-Friderichs über Trends der Buchgestaltung und die Ästhetik des E-Books.
Große Publikumsverlage sind diesmal in der Endausscheidung nicht vertreten. Weil die Verlage an der Ausstattung sparen?
Es hängt möglicherweise damit zusammen, dass das Bewusstsein in Vergessenheit geraten ist, dass gute Ausstattung bei Buchkäufern auf Gegenliebe stößt. Sicher ist in den vergangenen Jahren in der Herstellung gespart worden, und vielleicht stellt sich die Frage, ob man nicht über einen Kurswechsel nachdenken könnte. Ich weiß aber, dass es da draußen durchaus noch ein paar Bücher gibt, die Chancen gehabt hätten.

Lassen sich generelle Entwicklungen in der Buchgestaltung ausmachen?

Die Schere zwischen dem schnell und günstig gemachten und dem liebevoll gestalteten Buch wird immer größer. Bei den Verlagen, die „bewusst“ ausstatten, spielt zunehmend eine Art „Manufactum“-Prinzip eine Rolle, eine Art vornehmer Bescheidenheit. Gleichzeitig waltet in der Herstellung zum Teil auch der Geist von McKinsey, also die Vorgabe, wie bekomme ich das möglichst effizient, mit wenig Formaten und Papieren. Das mag durchaus seine Berechtigung haben, zahlt sich aber schlussendlich oft nicht aus, denn der Kunde spürt mehr als man denkt.

Wie spielt die zunehmende Digitalisierung  da hinein?

Die Vorreiter verstehen, dass es heute eines Grundes bedarf, ein Buch zu drucken. Das Buch muss seine Stofflichkeit rechtfertigen. Hier machen sich die Verlage zunehmend Gedanken, etwa Suhrkamp mit dem Vorjahressieger „Der Hals der Giraffe“, der auch als Taschenbuch kongruent weiterentwickelt wurde.

Eine Chance für bibliophile Ausgaben?

Absolut. Es gibt Informationen, die brauchen wir künftig nicht mehr unbedingt in gedruckter Form, andere Inhalte werden wir in diesem Format wieder richtig liebhaben – und damit man das liebhaben kann, wird es auch wieder schön gemacht werden.
Das E-Book wird vor allem Konkurrenz für das Taschenbuch?
Ich würde eher sagen, für das lieblos gemachte Buch. Es gibt durchaus auch Hardcover, bei denen denkt man sich: „Das kann ich auch auf dem Kindle lesen.“

Welchen ästhetischen Wert hat ein E-Book?

In diesem Bereich ist ganz viel in der Entwicklung, und es hängt jetzt von den Wiedergabemedien ab. Auf dem iPad lassen sich schon viele kreative Dinge umsetzen, und es gibt ja bereits richtig gut gemachte E-Magazine. 
Wann wird es ein E-Book in die Auswahl der schönsten Bücher schaffen?
Sobald sich technische Standards herausgebildet haben. Mein Traum ist, dass sich unser Wettbewerb dahin öffnet und wir dann auch die schönsten E-Books küren werden.        
Zur Person: Karin Schmidt-Friderichs
1960 geboren, arbeitet nach Fotopraktikum und Architekturstudium als Architektin. Seit 1992 leitet sie gemeinsam mit ihrem Mann Bertram Schmidt-Friderichs den Verlag Hermann Schmidt Mainz. Im September 2011 wird sie Vorsitzende der Stiftung Buchkunst und setzt einen Relaunch um, der dem Preis mehr Aufmerksamkeit verschaffen soll. 

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