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Wie man eine Fachabteilung reorganisiert

Eine Reorganisation ist eine kritische Phase in Unternehmen: Operativ muss der Betrieb weitergehen, während die Beteiligten mit Unsicherheit bezüglich der Zukunft und ihrer Rolle im Betrieb konfrontiert werden. Umso wichtiger ist es, zielgenau und zügig durch diesen Prozess zu gehen. Wie kann das gut gelingen?

Eine Antwort auf diese Frage liegt in der Wahl der richtigen Methode für jeden Prozess-Schritt. Dietmar Trippner, langjähriger Automotive-Manager, kennt aus seiner Führungspraxis bei BMW und aus seiner anschließenden Tätigkeit in seiner Unternehmensberatung Dreiconsult das Thema. In seinem „1×1 der Strategie“ bietet er einen kurz gefassten Methodenbaukasten. Im Channel Produktion & Prozesse von buchreport.de erklärt er die SADT-Methode anhand eines Anwendungsbeispiels.

 

Dietmar Trippner

Dietmar Trippner (Foto: privat)

Dieses Beispiel zeigt, wie sich ein Strategieprozess auf Basis einer SADT-Vorgehensmethode aufbaut: Die Abteilungsleiterposition, die in einer Firma für Prozessoptimierungen zuständig ist, wird neu besetzt. Die neue Führungskraft muss mit einer passenden Strategie die Abteilung restrukturieren, sodass die Arbeitsergebnisse mehr Wirkung zeigen. Ihre erste Aufgabe besteht darin, herauszufinden, was nicht gut läuft und wie sie die Abteilung dementsprechend verändern sollte.

Das Strategie-Tableau zur Konzeption einer passenden Strategie kommt auch hier zum Einsatz.

 

1. Ziel

Im Einstellungsgespräch wird dem Abteilungsleiter als Ziel vorgegeben, den Output der Abteilung in kurzer Zeit wirkungsvoller zu gestalten. In der Vergangenheit wurden Konzepte erarbeitet, die in der Umsetzung oft verpufften. Unabhängig von dieser einen Zielvorgabe wird eine gute Führungskraft weitere Ziele verfolgen und in ihre Strategie einflechten.

Dabei sollte sie folgende Punkte beherzigen:

  • Klärung und Priorisierung der Erwartungen an ihre Person
  • schnelles Kennenlernen des Teams mit seinen Stärken und Schwächen als Voraussetzung einer stärkenorientierten Führung
  • Aufbau einer positiven Arbeitskultur und Förderung eines guten Teamspirits
  • Mitnahme und Motivation der Mannschaft bei der Neuausrichtung im Sinne von „viele Gewinner und möglichst keine Verlierer”.

 

2. Vorgehen

Der neue Chef hat sich beispielsweise als Subziel vorgenommen, bei den anstehenden Veränderungen alle Mitarbeiter „mitzunehmen“, d.h. intrinsisch zu motivieren. Es ist zu bedenken, dass sich meist auch diejenigen Mitarbeiter im Team befinden, die die unzureichenden Ergebnisse hervorgebracht haben. Es sollten in keinem Fall „Schuldige“ gesucht werden, sondern Lösungsansätze zur Verbesserung der gesamten Abteilungsleistung.

Idealerweise wird von Anfang an eine kooperative Arbeitskultur und ein starker Teamgeist gefördert. Workshops und Team Events in einer positiven Atmosphäre, die nur mit den direkten Mitarbeitern durchgeführt werden, sollten dazu genutzt werden, den Teamgeist in einer offenen Diskussionskultur auszubauen.

Um die richtigen Maßnahmen zu entwickeln, muss im ersten Schritt die Ausgangssituation verstanden werden. Hier kommt die SADT-Methode zum Tragen. Die Abteilungsfunktion mit den wichtigsten Aufgaben wird beschrieben sowie alle in diesem Zusammenhang relevanten Inputs, Outputs, Steuerungsgrößen und Hilfsmittel identifiziert und detailliert betrachtet.

In Abbildung 1 ist das SADT-Diagramm der Abteilung vereinfacht dargestellt. Mittels GAP-Analyse und mithilfe von Interviews wird in Workshops hinterfragt, ob die in Abbildung 1 jeweils dargestellte Größe (Pfeil) ausreichend ist oder ob Defizite vorhanden sind. Die gelb markierten Größen weisen Defizite auf, die blau markierten sind stimmig.

Abbildung 1: Beispiel der SADT-Analyse

Ausgangssituation

  • Als Hauptursache werden eine mangelhafte Kommunikation und fehlende Erläuterungen zu den Outputs festgestellt – das beste Konzept taugt nichts, wenn es nicht verstanden wird.
  • Auf Basis der 5-W-Methode gibt es die Erkenntnis, dass keine lessons learned durchgeführt wurden und somit keine richtige Priorisierung erfolgt ist.
  • Eine weitere Problemursache besteht darin, dass Mitarbeiter mit unzureichenden Kommunikationskenntnissen/Fähigkeiten eingesetzt wurden.

Veränderungsziele

  • Mitarbeiterschulung bzgl. professioneller Projektarbeit – Know-how-Aufbau
  • Verankerung der lessons learned in der Projektarbeit
  • Erarbeitung eines Kommunikationskonzepts bei Prozessänderungen
  • Stärkung der Kapazitäten für die Kommunikation
  • Priorisierung der Kommunikationsarbeit
  • Einsatz der Mitarbeiter nach ihren Stärken, zum Beispiel mithilfe eines Stärkentests nach dem Gallup-Prinzip.

 

3. Informationen

Die Informationsbeschaffung dreht sich primär darum, offene und ehrliche Informationen zu den Fehlleistungen in der Vergangenheit und den Vorstellungen und Erwartungen zu einem deutlich wirksameren Output zu bekommen. Darüber hinaus muss hinterfragt werden, wie eine Abteilung nach dem Stand der Technik idealerweise aufgebaut sein sollte.

Diese Informationsquellen bieten sich an:

  • zu Erwartungen: Fachabteilungen, Vorgesetzte, Mitarbeiter und Kollegen
  • zu Fehlleistungen in der Vergangenheit: Fachabteilungen
  • zu Erfahrungen aus der Vergangenheit: Vorgänger
  • zu Verbesserungsvorschlägen: Mitarbeiter
  • zur Methodik: Fachliteratur, Berater, Benchmarks.

Die Informationen sind mit Bedacht weiterzugeben. Einerseits muss schon bald das Umfeld informiert werden, dass eine Neuausrichtung in Vorbereitung ist, andererseits sollten die konkreten Maßnahmen erst kommuniziert werden, wenn sie von Vorgesetzten, Mitarbeitern und wichtigen Prozesspartnern für zielführend gehalten werden.

Die eigenen Mitarbeiter und der Vorgänger dürfen in keinem Fall schlecht gemacht werden, sonst kommt dies wie ein Bumerang zurück. So wird unnötige Energie bei der Abwehr von Rechtfertigungen und Zurückweisungen vermieden. Verbesserungspotenziale können genauso gut ohne Schuldzuweisungen aufgezeigt werden.

 

4. Zeit

Nach Übernahme einer neuen Abteilung gilt die „100-Tage-Regel“, d.h. nach drei bis spätestens vier Monaten sind erste vorzeigbare Ergebnisse zu präsentieren. Dieses Ziel erfordert einen straffen Zeitplan und konsequentes Handeln. Ein Fehlstart ist nur schwer wieder auszubügeln. Das Gleiche gilt bei der Mitarbeiterführung. Es gelten die Grundsätze guter Führung.

Der Channel Produktion & Prozesse

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5. Ressourcen

Die Vorbereitung und Durchführung erfolgt mit der eigenen Abteilung. Lediglich für Interviews und Workshops ist die Einbeziehung von Kollegen und eventuell Vorgesetzten notwendig. Berater und Moderatoren können helfen, durch die Restrukturierung zu führen.

Vorsicht ist geboten, einen einzelnen Mitarbeiter in eine für alle sichtbare „Vertrauensposition“ zu heben. Der Mitarbeiter kann dadurch schnell Probleme mit seinen Kollegen bekommen und sich für eine weitere vertrauensvolle Arbeit disqualifizieren. Besser ist es, ein „Change Team“ zu etablieren, das den Prozess unterstützend mitgestaltet. In größeren Abteilungen oder Bereichen mit Unterstrukturen ist auf eine paritätische Besetzung zu achten.

 

6. Methoden

Für die Klärung der Erwartungshaltung empfiehlt sich das Prinzip der Mehrperspektivität. Die SADT-Methode in Verbindung mit einer GAP-Analyse ist ratsam, um die wichtigsten Stellgrößen für die Neustrukturierung zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zuzuordnen.

In den Workshops lassen sich darüber hinaus Methoden zu Teambildung und Aufgabenzuordnung, wie zum Beispiel RASIC, anwenden.

 

7. Strategisches Denken und Handeln

Für das Beispiel gilt:

  • langfristig denken – die Abteilung soll nach der Neuausrichtung als Team Höchstleistungen erbringen
  • positive Arbeitskultur und guten Teamspirit aufbauen, alle Mitarbeiter stärkenorientiert einbeziehen
  • die Prinzipien guter Führung kennen und leben
  • beim Vorgehen keine Flurschäden anrichten, zum Beispiel Vorgänger nicht schlecht machen.

 

Zusammenfassung

Abbildung 2: Strategisches Vorgehen am Beispiel Reorganisation einer Fachabteilung. Hier ist das Vorgehen wieder sequenziell. Die Zielvorgabe (1a) wird um persönliche Ziele (1b) erweitert. Das Vorgehen auf Basis der SADT- und GAP-Methoden wird festgelegt und kommuniziert (2). Die Zeitvorgabe (5) liegt bei 100 Tagen, Ressourcen sind die eigenen Mitarbeiter und bei Bedarf externe Beratung (4). Informationen (3) für die Maßnahmenfestlegung im Vorgehensplan (2) werden im Rahmen der Strategieumsetzung ermittelt.

 

Die Neuausrichtung und Restrukturierung einer Abteilung ist die klassische Aufgabe einer Führungskraft. Die SADT-Methode eignet sich hervorragend, um einen vollständigen Überblick auf die maßgeblichen Stellgrößen eines Verantwortungsbereichs zu bekommen. Sie erlaubt, einen beliebig tiefen Detaillierungsgrad bei der Analyse zu betrachten.

Bei geschicktem Vorgehen können alle Mitarbeiter sowohl bei der Analyse als auch bei der Maßnahmenfindung zur Neuausrichtung einbezogen werden. Für eine optimale Mitarbeitermotivation sollten nicht die Fehler der Vergangenheit im Fokus stehen, sondern Erneuerungen und Verbesserungen. Exzellente Führungsarbeit ist angesagt, um hier den gewünschten Erfolg nachhaltig zu erzielen.

Führung ist nichts anderes als die Kunst, andere Menschen zu motivieren. (Lido Anthony „Lee“ Iacocca, amerikanischer Manager)

Fazit: Anhand der Grafik (siehe Abbildung 2) ist gut erkennbar, wie sich die Strategie aus den Elementen des Strategie-Tableaus aufbaut. Es gilt: Die anwendbaren Methoden sind maßgeblich für die Effizienz beim Vorgehen – Denken und Handeln sind maßgeblich für die Effektivität der Umsetzung!

Mit freundlicher Genehmigung der Haufe Group.

 

Dietmar Trippner: Das 1×1 der Strategie. Know-how und Methoden für Menschen, die etwas bewegen wollen.

  • 1. Auflage 2021.
  • 203 Seiten, Broschur oder PDF-E-Book.
  • Ab 35,99 Euro

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