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KI: Die Top 6 Anwendungsfälle im Verlag

Künstliche Intelligenz (Foto: https://de.123rf.com/profile_jirsak)

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in der Verlagsbranche ist schon lange keine Zukunftsmusik mehr. Nach den größeren Presseverlagen und Fachinformationsanbietern machen sich zunehmend auch kleinere Buchverlage an KI-Projekte. Wo hilft KI hier konkret weiter?

Tech-Consultant Milad Safar, Managing Partner der Weissenberg Group, gibt in einem Grundlagenbeitrag im IT-Channel von buchreport.de einen Überblick über die wichtigen Anwendungen von KI im Mediengeschäft.

 

Wie bereits in vielen anderen Branchen und Wirtschaftszweigen kann künstliche Intelligenz (KI) mittlerweile auch in nahezu der gesamten Wertschöpfungskette des Verlagswesens eingesetzt werden.

Große Verlage nutzen KI am häufigsten zur Beschaffung und Entwicklung neuer Inhalte und zur Klassifizierung von Inhalten, zum Beispiel die Verwendung von Metadaten-Tagging zur Verbesserung der Auffindbarkeit ihrer Inhalte in Verbindung mit Suchmaschinen. Aber auch in Marketing und Vertrieb werden KI-Technologien, zum Beispiel zur Ermittlung von Markttrends und zur Unterstützung von Empfehlungsplattformen, eingesetzt.

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, dass KI eine Bedrohung für die derzeitigen Arbeitskräfte im Verlagswesen darstellt, kann KI die Kreativität erheblich fördern, indem sie es Autoren, Forschern und anderen Kreativen ermöglicht, weniger Zeit in Routinearbeit und mehr Zeit in die Erledigung produktiver Aufgaben zu investieren.

 

Was verbirgt sich hinter dem Begriff künstliche Intelligenz?

KI ist ein weit gefasster Begriff, der eine Reihe von Technologien umfasst, die durch ihre überlegene Verarbeitungs-, Gedächtnis- und Rechenleistung einen Mehrwert schaffen. Die Befreiung des Menschen von der Notwendigkeit, sich wiederholende Aufgaben auszuführen, regt die Kreativität an, steigert die Produktivität und senkt Kosten.

Der Schwerpunkt der KI-Technologie im Verlagswesen liegt auf einer Kombination aus Machine Learning (ML) und Deep Learning (DL) mit text-, bild- und sprachbezogenen Technologien wie Natural Language Processing (NLP), Speech Recognition (also Spracherkennung), der aus der Satztechnik bereits bekannten Optical Character Recognition (OCR) und der Computer Vision, der Bilderkennung und -analyse.

Machine Learning ermöglicht es, Computer so zu programmieren, dass sie selbstständig aus Daten lernen können, um bessere Vorhersagen zu treffen. Überwachtes maschinelles Lernen erfordert klassifizierte und gekennzeichnete Daten, während unüberwachtes maschinelles Lernen auch aus nicht gekennzeichneten Daten Schlüsse ziehen kann. Deep Learning, eine Form des Machine Learning, bei der neuronale Netze eingesetzt werden, kann große Datenmengen analysieren, um Muster zu erkennen und Entscheidungen zu treffen.

Die Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) wandelt Text in Daten um (oder umgekehrt) und ermöglicht es Computern, Wörter und Wortkombinationen zu erkennen und daraus Texte zu erstellen. Technologien im Bereich des Text and Data Mining (TDM) ermöglichen die Extraktion von Wissen aus unstrukturierten Daten oder Texten.

Die Bilderkennung ist die Fähigkeit, ein Objekt oder eine Figur in einem digitalen Bild oder Video zu erkennen. Die Spracherkennung kann die menschliche Stimme erkennen und in Daten für die Analyse umwandeln.

Aus diesen unterschiedlichen Technologien ergeben sich verschiedene Anwendungsfälle von KI im Verlagswesen. Das sind die Top 6 Usecases:

 

1. Kollege Roboter: Robotic Process Automation

RPA (Robotic Process Automation) ist eine schnelle und praktische Lösung, die im Publishing für Prozesse wie Seitenausrichtung, Formatierung und Plagiatserkennung implementiert werden kann. Menschliche Operationen, die fehleranfällig und zeitaufwendig sein können, können mit einem sogenannten Software-Roboter leicht nachgeahmt werden. Er kann sich in jede Anwendung einloggen, auf E-Mails zugreifen, sie kopieren und einfügen, Daten aus verschiedenen Dateiformaten extrahieren und rechtzeitig Erinnerungen versenden. Da die Konvertierung des Manuskripts eines Autors in eine gedruckte Version des Buches lange dauert, kann RPA dazu beitragen, die Bearbeitungszeit zu verkürzen, die sich derzeit in der Regel über mehrere Monate erstreckt.

 

2. Breitgefächertes analytisches Einsatzgebiet

KI kann auf vielfältige Weise in der gesamten Lieferkette eingesetzt werden, um den Verlagen Vorteile zu verschaffen, zum Beispiel Zeitersparnis, Qualitätsverbesserung, Verbesserung der betrieblichen Effizienz und Kosteneinsparungen sowie ein verbessertes Kundenerlebnis. Die Vorteile liegen häufig in der Automatisierung von Aufgaben und in der Fähigkeit, große Datenmengen schnell und präzise zu verarbeiten.

Zu den gängigsten branchenweiten Anwendungen gehören die Ermittlung von Markttrends für die Beschaffung von Inhalten, die Überprüfung von Urheberrechtsverletzungen, Sprach- und Grammatikprüfungen, Empfehlungsmaschinen und Nachfrageprognosen für die Marketingstrategie und die Verwaltung von Lagerbeständen. Einige Wissenschaftsverlage setzen KI auch ein, um Forschern bei der Organisation und Weitergabe ihrer Inhalte zu helfen und relevante Forschungsergebnisse zu ermitteln. Einige Bildungsverlage entwickeln interaktive adaptive Lernlösungen und es gibt auch Beispiele dafür, dass KI zur Automatisierung der Preisgestaltung für Bücher eingesetzt wird.

 

3. KI bei der Beschaffung von Autoreninhalten

Textmining-Techniken sind im Verlagswesen relativ weitverbreitet. Sie nutzen NLP zur Erkennung von Schlüsselwörtern oder Wortfolgen, um relevante Inhalte für Autoren zu identifizieren. Diese Techniken bieten Vorteile durch die Automatisierung sich wiederholender Aufgaben und Wissensarbeit, zum Beispiel beim Durchsuchen großer Mengen von Websites oder Zeitschriftenartikeln nach bestimmten Informationen. So kann die Zeit, die Autoren für die Recherche, das Zusammenstellen und Zusammenfassen grundlegender Daten, Ressourcen und Forschungsmaterialien aufwenden, erheblich reduziert werden. Technologien zur Textzusammenfassung und Inhaltserstellung bauen auf dem Prozess der Inhaltsextraktion auf und können das maschinell extrahierte Material in lesbaren Text umwandeln.

 

4. KI bei der Beschaffung von Verlagsinhalten

Verlage können eine Kombination aus NLP und ML verwenden, um veröffentlichte Online-Inhalte zu durchsuchen, um Cluster von Schlüsselwörtern (Themenbereiche) zu identifizieren und Markttrends zu erkennen. In einigen Fällen nutzen Verlage diese Technologie, um ihre vorhandenen Inhalte zu durchsuchen und Lücken in ihrem aktuellen Angebot zu erkennen. In beiden Fällen können diese Informationen strategische Erkenntnisse zutage fördern, um Inhalte zu liefern, die den Kundenbedürfnissen entgegenkommen. Die Automatisierung des Suchprozesses senkt die Kosten für die Verlage.

 

5. KI in der Inhalts- und Produktentwicklung

Eine Kombination von NLP- und/oder Bilderkennungstechnologie mit ML-Technologie kann von Verlagen eingesetzt werden, um Beiträge mit ähnlich klingenden Absätzen und Sätzen zu kennzeichnen, um Plagiate zu identifizieren und um Urheberrechtsverletzungen durch Scannen von im Web veröffentlichten Materialien zu überprüfen. Die Plagiatserkennung ist dabei der Prozess, bei dem Instanzen der Sprache, Gedanken, Ideen oder Ausdrücke eines anderen Autors im erhaltenen Manuskript gefunden werden. Die manuelle Erkennung von Plagiaten erfordert einen enormen Aufwand und ein ausgezeichnetes Gedächtnis und ist unpraktisch, wenn zu viele Dokumente verglichen werden müssen oder Originaldokumente nicht zum Vergleich zur Verfügung stehen. ML kann sowohl bei der manuellen als auch bei der software-gestützten Erkennung und der Meldung der Ergebnisse an die Qualitätskontrolle nützlich sein.

KI vereinfacht Prozesse wie das Bearbeiten und Formatieren und eignet sich zudem im Rahmen der Manuskriptbearbeitung auch hervorragend für die Rechtschreib- und Grammatikprüfung. Weitere Beispiele sind die automatische Bewertung der inhaltlichen Qualität von Übersetzungen, die Überprüfung der Richtigkeit von Bildbeschriftungen, die Vorhersage, ob eine Arbeit redigiert werden muss sowie die automatische Übersetzung von Inhalten für andere Märkte. Häufig wird KI auch für die Klassifizierung von Inhalten, zum Beispiel die Verwendung von Metadaten-Tagging zur Verbesserung der Auffindbarkeit ihrer Inhalte, genutzt.

IT-Grundlagen und Technologien der Zukunft

Mehr zum Thema IT und Digitalisierung lesen Sie im IT-Channel von buchreport und Channel-Partner Xpublisher.
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6. KI in Marketing und Vertrieb

Verlage können Empfehlungsmaschinen, die NLP und ML nutzen, einsetzen, um ihren Lesern zu helfen, die für sie relevanten Inhalte zu finden. Diese Plattformen analysieren Daten über die explizit angegebenen Präferenzen der Leser, ihr Rechercheverhalten und das von anderen mit ähnlichen Profilen.

Darüber hinaus kann das Potenzial der KI im Rahmen der Entwicklung von Marketingstrategien zur Analyse historischer Marketingdaten und zur Vorhersage der Nachfrage genutzt werden.

Verlage können zudem Chatbots als Einkaufsassistenten für Kunden nutzen, die einen Online-Katalog durchblättern, oder als Messenger, der maßgeschneiderte Updates zu den neuesten Nachrichten liefert. Chatbots können auch mit Antworten auf häufig gestellte Fragen und der Möglichkeit, den Kunden – basierend auf deren Antworten – Produktempfehlungen anzubieten, programmiert werden.

 

Technologische Herausforderung annehmen

Die Vorteile des Einsatzes von KI im Verlagswesen liegen eindeutig in der Verringerung des Zeitaufwands für routinemäßige Aufgaben. Dies verschafft den Produzenten von Inhalten im Prinzip Zeit und Raum, sich auf wertschöpfende Tätigkeiten zu konzentrieren, die weniger leicht automatisiert werden können. KI im Verlagswesen hat auch das Potenzial, die Produktivität zu erhöhen, zum Beispiel durch die Erkennung von Plagiaten die Risiken der Verlage zu minimieren und weiter am Ende der Wertschöpfungskette die Kosten, zum Beispiel durch die automatische Erstellung von Rechnungen oder durch die Kontrolle der Lagerbestände, zu senken.

Verlage werden daher nicht darum herumkommen, sich mit den technologischen Herausforderungen bei der Integration neuer KI-Lösungen in bestehende IT-Infrastrukturen auseinanderzusetzen. Für kleinere Verlage besteht die Herausforderung darin, sich das notwendige Wissen anzueignen, wo und wie sie in innovative Technologien investieren sollen und anschließend die erheblichen Vorlaufkosten für Investitionen in KI und eine entsprechende IT-Infrastruktur zu stemmen.

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