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Oh je, Nook

Stößt der größte US-Buchhändler sein chronisch defizitäres Nook-Geschäft ab? Dies ist die entscheidende Frage, mit der die Analysten auf die heute präsentierten Zahlen von Barnes & Noble gewartet haben. Der Filialist verkündet einen Teilrückzug vom digitalen Spielfeld. 

Nach Angaben von Barnes & Noble will das Unternehmen künftig keine eigenen Tablets mehr herstellen, sondern stattdessen ein Gerät einkaufen, das mit dem eigenen Logo versehen wird. An der eigenen E-Reader-Sparte werde man jedoch festhalten. Der aktuelle Bestand an Tablets soll mit Preissenkungen zügig abverkauft werden. Im Telefonat mit Analysten erklärte CEO William J. Lynch, dass der Wettbewerb auf dem Markt für Tablets unter 8 Zoll extrem umkämpft sei, und es sei sehr kapitalintensiv, eigene Tablets zu bauen.
Barnes & Noble hat darüberhinaus schlechte Zahlen für das 4. Quartal 2012/13 (Januar bis April 2013) und das gesamte Geschäftsjahr 2012/13 (bis April 2013) präsentiert: 
  • Der Gesamtumsatz sank im gesamten Geschäftsjahr um 4% auf 6,8 Mrd Dollar; im Quartal lag das Minus sogar bei 7%.
  • Unter dem Strich blieb mit 10 Mio Dollar nur noch ein dünner Gewinn (vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, EBITDA), der im Vorjahr noch bei deutlichen 177 Mio Dollar lag.
  • Katastrophale Entwicklungen verbucht B&N dabei im 4. Quartal, das mit einem Verlust von 122 Mio Dollar durchschlägt.

Die Trends nach Sparten: 

  • Nook: Größtes Sorgenkind ist und bleibt ausgerechnet das mit großen Zielen angesteuerte digitale Spielfeld. Sowohl auf Quartalssicht (–34% auf 108 Mio Dollar) als auch Jahressicht (–17% auf 776 Mio Dollar) schlägt ein deutliches zweistelliges Umsatz-Minus zu Buche. Unter dem Strich bleibt in der Nook-Sparte ein Verlust von 475 Mio Dollar 2012/13 (Vorjahr: Verlust von 262 Mio Dollar), von dem allein im 4. Quartal 177 Mio Dollar anfielen. Ein großer Teil (222 Mio Dollar) des Verlusts ist laut B&N mit Abschreibungen auf den Hardware-Bestand zu erklären. Nur der Verkauf der digitalen Inhalte an sich war zumindest auf Jahressicht (+16%) beim Umsatz erfolgreich.
  • Retail: Die bislang als gesund geltende Retail-Sparte (B&N-Buchhandlungen plus Online-Shop bn.com) verlor im Quartal 10% (auf 948 Mio Dollar) und im gesamten Jahr 5,9% (auf 4,6 Mrd Dollar) an Umsatz. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) sank im Quartal um fast ein Viertel auf 51 Mio Dollar. Auf Jahressicht stieg das EBITDA aber um 16% auf 374 Mio Dollar. Im neuen Geschäftsjahr sollen 5 neue Filialen eröffnet und 15 bis 20 Standorte geschlossen werden.
  • College: Einziger Lichtblick ist die Entwicklung der Läden an Universitäten, deren Erlöse quartalsweise um 11% (auf 252 Mio Dollar) und im Jahr um 1,1% (auf 1,8 Mrd Dollar) stiegen. 

Auf der Frankfurter Buchmesse hatte sich Jamie Iannone, verantwortlich fürs Digitalgeschäft bei Barnes & Noble, noch zuversichtlich gezeigt:

 

Kommentare

3 Kommentare zu "Oh je, Nook"

  1. Barnes & Noble ist ein Buchhändler, man konnte zwar mit einem der ersten billigen Android-Tablet gewisse Erfolge feiern, aber gegen Samsung, Asus und Co, kommt man nicht an.

    Ein Buchhändler lebt von Büchern und eBooks und nicht von Angry Birds und Co.. Und für eBooks braucht man spezielle Geräte, aber gerade die eReader wurden total vernachlässigt.

    Simple Touch ist von Juni 2011, im April 2012 wurde (im Vergleich zur aktuellen Konkurrenz) grottige Beleuchtung ergänzt. Die eReader sollen ja ein Auslaufmodell sein…

    Nun neue Tabelts kamen dagegen zum letzten Weihnachtsgeschäft und jetzt will man aussteigen.

    Kein Wunder das das Geschäft schlecht läuft, Tablets kauft man bei und von Elektronik-Spezialisten, keinen Floristen, Friseuren, Drogerien oder eben Buchhändlern und auf veraltete eReader haben auch immer weniger Leute Lust.

    So ein Potential einfach gegen die Wand gefahren. Ärgerlich.

  2. Barnes & Noble hat aus dem guten Nook-Start leider viel zu wenig gemacht. In den Superstores und Uni-Shops wurde die Sache prima präsentiert; der Color Nook war ein ganz hervorragendes Mini-Tablet, das ich dem iPad fröhlich vorgezogen habe.
    Leider hat BN das Geschäft außerhalb der USA jahrelang gar nicht im Blick gehabt und dann nur mit angezogener Handbremse betrieben. Der Nook-Shop ist seit dem Start kaum überarbeitet worden und ist im Vergleich zu Amazon inzwischen extrem unbequem; trotz eines britischen Nook-Shops, mit dem die Probleme der territorialen Vertriebsrechte hätten beseitigt werden können, gibt es bis heute keinen brauchbaren Übergang für Europäer, die dort einkaufen wollen.
    Mit der Konzentration auf die USA hat man zwar im angestammten Geschäft die Fehler von Borders vermieden, allerdings gehorcht das Online-Geschäft anderen Regeln. Der britische Nook-Shop ging im vergangenen Jahr mit lächerlicher Verzögerung an den Start und hat das Weihnachtsgeschäft verpennt; die Kooperation mit Foyles ist zudem viel zu klein dimensioniert, um tatsächlich gegen den Gorilla amazon.co.uk etwas ausrichten zu können.
    Seit dem Frühjahr 2012 gibt es zwar ein BN-Büro am Potsdamer Platz in Berlin, das hat aber noch nicht einmal eine eigene Telefonnummer.
    BN zeigt mit seinem Nook-Schiffbruch, dass man nach dem Motto „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ nicht wirklich erfolgreich sein kann.

    • Michael Lemster | 25. Juni 2013 um 18:47 | Antworten

      Ein Menetekel ist es dennoch, lieber Herr Kollege, denn der Heimatmarkt schreibt immer noch die großen Zahlen…

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