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Nostalgie oder Marktobjekte?

Seit über 60 Jahren fördert die Stiftung Buchkunst das vorbildlich gestaltete Gebrauchsbuch und verschafft ihm durch Wettbewerbe wie „Die schönsten deutschen Bücher“ ein Forum. Die Zahl der Einsendungen steigt auch im E-Book-Zeitalter. Dennoch löst die digitale Konkurrenz auch Nachdenken über das Konzept aus. Ein Interview mit Stiftung Buchkunst-Geschäftsführerin Katharina Hesse.

Am 31. März endet die Bewerbungsfrist für „Die schönsten deutschen Bücher 2015“. Sind Sie zufrieden mit Quantität und Qualität der Anmeldungen?

Katharina Hesse: Es ist jedes Jahr wieder aufregend. Momentan liegen wir, was die Menge betrifft, gut im Soll. Und ein paar Perlen gibt es darunter auch. Schön auch, dass wieder ein paar Verlage neu hinzugekommen sind. Und nicht nur neue, sondern auch schon lange in der Branche etablierte Verlage, die zum ersten Mal an dem Wettbewerb teilnehmen.

Wie entwickelt sich über die Jahre die Zahl der angemeldeten Bücher?

Im letzten Jahr hatten wir ein Plus von etwa 11% bei den eingesandten Büchern und von 13% bei den teilnehmenden Verlagen und Einsendern – auch wenn es ja eigentlich nicht um Quantität, sondern um Qualität geht. Aber mehr Verlage, die der Meinung sind, „schöne“ Bücher zu verlegen, das bedeutet: Das Ansehen von guter Gestaltung und Herstellung wächst.

„Der Büchertisch als Laufsteg,“ haben Sie kürzlich formuliert. Was bedeutet diese Metapher für Sie?

Im Unterschied zu den Kleidern, die auf dem Laufsteg um die Gunst der Käufer buhlen, bewegen sich bei Büchern die Leser um den Tisch herum. In beiden Fällen versucht die Verpackung, die Augen auf sich zu lenken und im besten Fall die Betrachter dazu zu animieren, das Buch in die Hand zu nehmen.

Der Wettbewerb zielt ausdrücklich nicht auf handwerklich erstellte Sammlerstücke, sondern auf Gebrauchsbücher. Warum gibt es keine Groß-Sponsoren, die öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten?

Wir haben ja quasi vier große Sponsoren. Unsere Stifter, die den größten Teil des Budgets aus kulturpolitischen Gründen dem schönen Buch zur Verfügung stellen: den Börsenverein, die Deutsche Nationalbibliothek und die Städte Frankfurt und Leipzig. Für den Katalog und bestimmte Projekte sind wir dann natürlich auf weitere Unterstützung angewiesen. Diese Förderer werden natürlich auch dort genannt, wo sie helfen, und ohne sie wäre vieles von dem, was wir machen, nicht möglich!

Die Teilnehmer erwarten handfeste Vorteile, denn sie müssen ein Startgeld für jeden Titel zahlen. Was zahlen Sie ihnen zurück?

Unser Startgeld ist im Vergleich zu ähnlichen Wettbewerben sehr moderat. Dafür bekommt jeder Einsender einen Katalog der Schönsten Deutschen Bücher gratis. Sollte er es schaffen, unter die 25 Schönsten zu kommen, erhält sein Buch zusätzliche Präsenz: über 60 Ausstellungen in Deutschland und weitere auf Auslandsbuchmessen. Ein Siegerbuch wird gesehen werden – ausgezeichnet mit einer Goldplakette!

Die 25 ausgewählten Titel gehen ein Jahr lang auf Tournee – aber nur ein Viertel der Stationen ist im Buchhandel – interessiert sich das Sortiment nicht für schöne Bücher?

Das ist richtig beobachtet, allerdings steigt die Zahl der Buchhandlungen jährlich, und uns ist das auch ein ganz besonderes Anliegen. Vor allem in Buchhandlungen haben die „Schönsten“ die Chance, in die Hand genommen und bei Gefallen sofort mit nach Hause genommen zu werden.

Wie viele Buchhandlungen verkaufen aktiv gut ausgestattete Bücher? Bekommen Sie von dort konkretes Feedback über den Verkaufserfolg?

Natürlich bekommen wir Rückmeldungen der Buchhandlungen, die ausstellen, über Besucher und Interesse an der Ausstellung. Verkaufszahlen fragen wir aber nicht ab.

Verkaufen sich die ausgezeichneten Bücher besser? Wie groß ist dieser Effekt?

Unsere Aufgabe ist es in erster Linie nicht, Büchern zu einem höheren Verkaufserfolg zu verhelfen, sondern die Qualität der Gestaltung und Herstellung von Büchern zu fördern. Verkauft sich ein Buch dank einer Auszeichnung der Stiftung Buchkunst allerdings besonders gut, ist es für unsere Arbeit eine Anerkennung, und wir wünschen uns einen solchen Effekt sehr.

Wollen Sie demnach für die ausgezeichneten Bücher keine Verkaufsförderung betreiben?

Wie gesagt, einen Auftrag dazu hat die Stiftung nicht. Dennoch machen wir Marketing für Schöne Bücher. Jeder Artikel, jede Ausstellung, jedes Gespräch über Bücher ist ja nichts anderes als Verkaufsförderung. Auch wenn es, wie in unserem Fall, „nur“ um die Optik geht.

Höhere Preise für gedruckte Bücher täten der Rentabilität gut. Die Verlage wünschen sie sich, der Handel wagt es auf weite Strecken nicht, sie durchzusetzen. Da könnte doch die Stiftung Buchkunst eine Schlüsselfunktion erhalten. Spielt diese Überlegung bei Ihnen eine Rolle?

Gute Buchgestaltung hat nicht zwangsläufig etwas mit großem Budget zu tun, sondern ganz viel mit Sorgfalt und Können. Dennoch sind Bücher im Vergleich zu so vielen anderen Artikeln sehr, sehr günstig. Vor allem wenn man bedenkt, was für ein großartiges Produkt man dafür bekommt und wie lange es einen begleitet.

Die Stiftung Buchkunst kuratiert zwei weitere, weniger bekannte Wettbewerbe, „Die schönsten Bücher aus aller Welt“ und den „Förderpreis für junge Buchgestaltung“ – was ist das Konzept dahinter?

Der Förderpreis hält Ausschau nach innovativen Konzepten. Da muss ein Buch noch nicht fix und fertig vorliegen und schon gar keine Auflage haben. Die „Schönsten Bücher aus aller Welt“ sind ein schon lange bestehender Wettbewerb – quasi die Olympiade der Buchgestaltung. Teilnehmen dürfen Bücher, die in ihrem Herkunftsland in einem Wettbewerb ähnlich unserem gewonnen haben.

„Zur Ästhetik des Ebooks kann ich gar nichts schreiben, denn es gibt sie nicht,“ polemisierte  ein prominenter Buchgestalter. Spielen deshalb Ebooks in Ihren Wettbewerben keine Rolle?

Nein, das ist nicht der Grund. Sie spielen noch keine Rolle, weil wir, bevor wir einen Wettbewerb oder ähnliches im digitalen Bereich etablieren können, erst einmal definieren müssen, was ein „schönes“ Ebook ausmacht. Wir brauchen einen anderen Kriterienkatalog als bei unseren anderen Wettbewerben. Diese Frage zu beantworten steht dieses Jahr auf unserer Agenda.

Seit 2014 gibt es einen „Deutschen Ebook-Award“, der diese Lücke füllen will – ein natürlicher Partner für die Stiftung Buchkunst?

Es gab bereits Gespräche mit Robert Goldschmidt, und ich bin mir sicher, es werden noch weitere folgen.

Wo sehen Sie noch weitere Entwicklungsmöglichkeiten für Ihre Aktivitäten?

Es gibt noch genug Verlage, Buchhandlungen und Leser, die es gilt mit dem „Virus“ Schönes Buch zu infizieren.

Katharina Hesse ist seit 2013 Geschäftsführerin der Stiftung Buchkunst. Zuvor war sie Geschäftsführerin des auf Ebooks spezialisierten e-lectra Verlags.

Porträtfoto: Uwe Dettmar, Frankfurt am Main

Die Bücher fotografierte Elmar Lixenfeld, Frankfurt am Main.

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