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Lin Hierse über »Wovon wir träumen«

Lin Hierse, geboren 1990 in Braunschweig, hat Asienwissenschaften und Humangeografie studiert. Sie lebt in Berlin und ist seit 2019 Redakteurin der „taz“. Dort erscheint auch ihre Kolumne „poetical correctness“. „Wovon wir träumen“ (Piper) ist ihr erster Roman. (Foto: Amelie Kahn-Ackermann)

In den aktuellen Frühjahrsprogrammen der Verlage finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. buchreport stellt 12 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: Lin Hierse.

Mein Roman in drei Sätzen

Eine junge Frau verliert sich selbst und versucht, sich in und neben dem Leben ihrer Mutter wiederzufinden. Dabei stößt sie auf die Geister der Familie, Träume und Traumata, Geschichten und Koffer, die lange nicht aufgemacht wurden. Es ist ein Buch über Fragen des Frau- und Tochterseins, über das Erbe der Migration und die Sehnsucht danach, ganz man selbst zu sein.

Mein Weg zu Piper

Als ich anfing, meine Kolumne „poetical correctness“ in der „taz“ zu schreiben, nahm mich eine Literaturagentur unter Vertrag. Danach ging es schnell, mein Verlag und besonders mein Lektor haben sich sehr um mich bemüht, dann habe ich Ja gesagt.

Das Verdienst meines Lektors

Hannes Ulbrich hat mit mir nach den Fragen hinter der Geschichte gesucht: Warum schreibe ich das auf? Warum an dieser Stelle? Warum genau dieses Wort? Ich habe beim Schreiben dieses Romans viel über mich als Autorin gelernt – was mir wichtig ist, was ich gut kann, wo meine Schwächen liegen. Hannes hat meinen Wachstumsschmerz mit mir ausgehalten. Dieses Buch wäre ohne ihn ein anderes, und ich bin sehr froh, dass es kein anderes ist.

Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche

Mir erscheint die Buchbranche langsam, im besten Sinn. Vielleicht weil ich derzeit journalistisches Tempo gewöhnt bin. Und der Betrieb kommt mir auf den ersten Blick etwas weniger eitel vor.

Meine Lieblingsbuchhandlung

Ich habe lange in Berlin-Neukölln gewohnt, da bin ich gern in die Buchkönigin gegangen und der BuchHafen gefällt mir auch. Außerdem mag ich diese ganz simplen Läden mit ein bisschen aus der Zeit gefallener Deko im Schaufenster, warmem Licht und ohne Kaffeemaschine.

Meine Lieblingsautoren

Joan Didion, Annie Ernaux, Han Kang, Zhang Jie, Mely Kiyak, Amy Tan, Rainer Maria Rilke, Karosh Taha.

So lese ich

Am aufmerksamsten morgens, direkt nach dem Aufwachen. Wenn mir etwas gefällt, eher langsam. Wenn mir etwas ganz besonders gefällt, laut.

Schreiben ist für mich

Anstrengend, schmerzhaft, erleichternd. Selbstbefragung und Handwerk.

Wenn ich nicht gerade schreibe

Versuche ich, mir die Welt so genau anzusehen wie möglich. Ich übe, ab und zu gedankenlos zu sein. Und ich koche gern.

Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?

Weil Lin Hierse einen vollkommen eigenen Blick mitbringt. Die Erzählerin hält ihr Leben gegen das Licht, insbesondere die Beziehung zu ihrer Mutter, die als junge Frau aus China nach Deutschland gekommen ist. Für sie geht es dabei um alles: um ihre Identität, um die Liebe und Abgrenzung zu den Frauen in ihrer Familie und um einen Ort in der Welt, den sie für sich haben kann. Es ist vermessen, darauf klare Antworten zu erwarten, aber im Gegenlicht beginnen die Dinge zu flimmern, und Lin Hierse lehrt uns, in diesem Flimmern zu lesen.

Hannes Ulbrich, Lektor

Debütanten und Debütantinnen – im buchreport.magazin 1/2022

 

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