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»Der Verlag ist prozess- und lösungsorientierter geworden«

Markus Kukuk. Foto: DVV Media.

Markus Kukuk  leitet Marketing, Vertrieb und Services bei der DVV Media Group GmbH und verantwortet seit 2014 die Transformation der Vertriebs-, Marketing und CRM-Organisation. (Foto: DVV Media)

Die Welt der Fachverlage wandelt sich rapide: Die Leserstrukturen und deren Produktnutzung verändern sich, Print verliert an Bedeutung, die Loyalität der Abonnenten sinkt. Was tun?

Erforderlich ist ein entsprechender Wandel des Marketings und der unterstützenden Marketingsysteme. Markus Kukuk hat den Fachverlag für Transportwesen DVV Media komplett umgestellt. Als Sprecher bei der IT-Konferenz der Akademie der Deutschen Medien am 25. Juni 2019 im Münchner Literaturhaus berichtet er darüber. Im IT-Channel von buchreport.de gibt er erste Einblicke.

Wie gut kennt die DVV Media ihre Zielgruppen?
Die DVV Media Group ist mit ihren verschiedenen Dachmarken In den Märkten „Transport und Logistik“, „Bahnindustrie“, „ÖPNV“, „Maritime Wirtschaft“, „Energie“ und „Defence“ ausschließlich in gewerblichen Zielgruppen unterwegs. Ein gutes Verständnis der Märkte, der relevanten Unternehmens- und Entscheidungsprozesse, der Bedürfnisse der Funktionsträger sowie eine enge Vernetzung mit relevanten Marktteilnehmern in diesen B2B-Zielgruppen ist für den Erfolg sowohl bei den Werbekunden als auch im Lesermarkt und Eventgeschäft unerlässlich.

Wir treffen unsere Zielgruppen regelmäßig auf nationalen und internationalen Branchenveranstaltungen, Fachmessen und direkt beim Kunden. Hieraus generieren wir Informationen über Trends, Themeninteressen und Zufriedenheit unserer Kunden. Für den Lesermarkt analysieren wir im Rahmen von CRM- und Web-Analysen sowie regelmäßiger Marketingforschung das Verhalten und die Produktnutzung unserer Kunden sowie die Entwicklung der Kundenstrukturen.

Was ist das Besondere an Ihrer Kundschaft?
Unsere Märkte sind sehr heterogen und kleinteilig. Dementsprechend ist die Anzahl der Marktteilnehmer und relevanten Entscheidungsträger für unsere jeweiligen Marken und Angebotsformen im Vergleich zu Consumer-Märkten eher gering. Dagegen ist die Vernetzung der Marktteilnehmer untereinander sehr hoch, wodurch wir mit unseren Produktangeboten einerseits schnell eine gute Marktdurchdringung erreichen, andererseits kundenindividuelle Angebote im Lesermarkt Auswirkung auf das Bestandsgeschäft haben können.

Wo begegnen Sie Ihren Zielgruppen?
In den Vertriebswegen Key Account, Messe und Lizenzvertrieb sowie in unserer Kundenbetreuung stehen wir im direkten persönlichen Kontakt mit unseren Kunden und können hierbei auf Bedürfnisse und Wünsche eingehen, individuell passende Angebote unterbreiten und unsere Kunden noch besser kennenlernen. Insbesondere unsere Kundenbetreuung spielt bei der ergebnisorientierten Marktbearbeitung zusammen mit dem Vertriebsmarketing im Sales-Prozess und bei der Kundenbindung eine zunehmend wichtige und zentrale Rolle.

Daneben kommunizieren wir mit unseren Kunden intensiv im Bereich des datengestützten Dialogmarketings. Hierbei spielen die digitalen Vertriebswege weiterhin eine zentrale Rolle, insbesondere das E-Mail-Responsemarketing neben den klassischen Online-Marketingformen (SEM, SEO, Affiliate) sowie zunehmend Social-Media-Aktivitäten. Sehr gezielt und in überschaubarem Umfang setzen wir auch wieder klassische Direct-Mailings sowie kleinere Outbound Telefonmarketing-Aktionen bei Kundenbindungskampagnen ein.

Die DVV Media hat sich in den vergangenen Jahren in vielerlei Hinsicht neu erfunden. Warum war das notwendig?
Die Nutzung und der Bezug von Fachmedien haben sich durch die Digitalisierung und eine neue Generation der entscheidungsrelevanten Fach- und Führungskräfte in kurzer Zeit nachhaltig verändert. Inhalte müssen zunehmend individuell relevant sowie schnell und einfach verfügbar sein und dabei den Nutzer sowie sein Unternehmen in seiner täglichen Arbeit bei der Erreichung seiner Ziele bedarfsgerecht unterstützen. Bei der Beschaffung von Fachmedien sowie beim Einkauf von Werbung agieren die Entscheidungsträger dabei kostenorientierter und benötigen deutlich mehr Unterstützung bei der Entscheidungsfindung, die sich insgesamt verlängert hat.

IT-Grundlagen und Technologien der Zukunft

Mehr zum Thema IT und Digitalisierung lesen Sie im IT-Channel von buchreport und Channel-Partner knk. Hier mehr…

Aus diesem Grund haben wir im Rahmen von Relaunch-Projekten den Medien-Mix und die Angebotsformen unserer redaktionellen Produkte in Form von Medienpaketen konsequent erweitert und den Bedürfnissen unserer Kunden angepasst. Gleichzeitig intensivieren und individualisieren wir die Marktbearbeitung in allen Bereichen durch den Aufbau und Einsatz moderner Marketing-Technologien und einer neuen CRM-Infrastruktur, einer starken und effektiven Marketing-Organisation sowie der Erweiterung der Methodenkompetenz unserer Mitarbeiter.

Was waren IT-technisch die größten Schwierigkeiten bei dieser Transformation?
Die Veränderung der früher überwiegend printorientierten Medienformate hin zu zunehmend digitalen Formaten sowie integrierten Medienpaketen und zu mehr digitaler Content-Zweitverwertung bedeutete eine erhebliche Veränderung der Prozess- und Systemlandschaft in den Redaktionen, in der Verlagsherstellung und beim digitalen Versand. Hierbei mussten teilweise komplett neue Systeme und Schnittstellen entwickelt werden, um den Content marktkonform und schnell verfügbar bereitzustellen. Analog war es beim Aufbau der neuen Marketing- und CRM-Infrastruktur. Für die zu unserem Geschäftsmodell benötigten, an die Kundenstruktur angepassten Funktionen gab es keine technisch und ökonomisch geeignete, integrierte Gesamt-Systemlösung. Um trotzdem schnell am Markt zu sein, haben wir uns daher dazu entschieden, anstelle einer großen und teuren Anwendung Schritt für Schritt eine vernetzte Infrastruktur zu entwickeln. Sie enthält jeweils für bestimmte, möglichst große Funktionsbereiche passende Einzelanwendungen, die, soweit verfügbar, als fertige Anwendungen beschafft und anderenfalls individuell für uns entwickelt wurden. Der Nachteil der notwendigen Schnittstellen und zu synchronisierender Datenbanken wird durch die optimal auf unser Geschäft zugeschnittenen Funktionen mehr als ausgeglichen.

Ist die DVV Media dadurch stärker „IT-minded“ geworden? Spielt IT generell im Verlag eine größere Rolle als vor dieser Phase?
DVV Media ist auf jeden Fall prozess- und lösungsorientierter geworden. Wir verstehen und entwickeln Lösungen für unsere Kunden und versuchen dabei, diese so effizient und zielgruppengerecht wie möglich bereitzustellen und zu vermarkten. Unsere IT unterstützt die Fachabteilungen mit der technischen Gestaltung und Umsetzung der Prozesse und neuer, überwiegend digitaler Medienformate und ist damit an diesem Veränderungsprozess unmittelbar beteiligt. Technologische, vor allem digitale Kompetenz in allen Fachbereichen spielt dabei neben der Markt- und Themenkompetenz eine wichtige Rolle bei der erfolgreichen Ausrichtung des Unternehmens.

IT hilft Ihnen heute, Ihre Marktpotenziale besser auszuschöpfen. Was für marketingrelevante IT-Systeme haben Sie nun im Einsatz und welchen Beitrag leisten diese?
Der wesentliche Teil unserer Marketing-Aktionen basiert auf den Kundendaten und relevanten Zusatzinformationen. Diese werden aus unserem ERP-System mehrfach täglich für unsere zentrale Marketing-Database bereitgestellt, in die auch Daten aus weiteren externen Quellen sowie Responsedaten einfließen. Auf dieser Marketing-DB setzt eine Kampagnenmanagement-Software auf, die wir letztes Jahr zusammen mit dem Vertrieb unserer Muttergesellschaft, der Rheinischen Post, für DVV Media eingeführt haben. Hiermit modellieren wir alle datengestützten Kommunikationsprozesse und einen wesentlichen Teil der Marketing-Automation. Die pro Kampagne selektierten Daten werden automatisiert über API-Schnittstellen für die je nach Vertriebsweg relevanten Kanäle, also für Newsletter, Callcenter, Lettershop usw. bereitgestellt. Hier setzen wir primär ein cloudbasiertes E-Mail-Versandsystem ein, in dem die Mailing-Werbemittel erstellt und von der Kampagnenmanagement-Software zeitgesteuert versendet werden. Die Mailings verlinken entweder auf die pro Kampagne vom Marketing im CMS der jeweiligen Markenwebsite eingerichteten Landingpages oder aber direkt in den auf Shopware-Basis neu aufgesetzten zentralen DVV-Media Shop.

Für die Kampagnen-/ Werbeaktionsplanung und Werbeerfolgskontrolle verwenden wir eine individuell für uns entwickelte Anwendung auf Access-Basis, die sowohl mit der Marketing-DB als auch mit den kaufmännischen Systemen vernetzt ist. Damit können wir für alle Vertriebswege jede Kampagne und Marketingmaßnahme zentral und transparent planen und sowohl hinsichtlich der Kosten als auch mengen- und umsatzbezogen im Plan-Ist-Vergleich bewerten. Die relevanten KPIs können dazu in der Kampagnenmanagement-Software zur automatisierten Aktionssteuerung verwendet werden. Daneben nutzen wir für die Vermarktungs-Steuerung diverse Webanalyse-Tools sowie eine eigenentwickelte, Qube-basierte BI-Lösung, die noch in diesem Jahr in eine verlagseinheitliche BI-/Controlling-Lösung überführt wird.

Auf welchen technischen Wegen geht die Vernetzung dieser Systeme und was sind die Effekte dieser Vernetzung?
Für die Schnittstellen werden je nach Anwendung unterschiedliche Technologien eingesetzt (REST, WebService, API). Die über den Shop generierten Kunden- und Bestelltransaktionsdaten werden zum Beispiel als XML-Daten in Echtzeit auf einen SQL-Server bereitgestellt. Von hier aus erfolgt parallel eine Bereitstellung für die automatisierte Adressqualifizierung über Referenzdatenbanken und zum Import in das ERP-System für die kaufmännische Bearbeitung, zum Versandsystem für die Echtzeit-Auslieferung digitaler Content-Produkte und zur Marketing-DB für die Nutzung in datenbasiert getriggerten Anstoßketten. Ähnliche Abläufe bestehen für den Austausch redaktioneller Inhalte zwischen den Redaktionssystemen, den Website- und Newsletter-CMS sowie externen Content-Plattformen.

Der Effekt ist eine nachhaltige und erhebliche Beschleunigung der früher weitgehend manuellen Übertragung von Informationen und Inhalten, die in mehreren Systemen benötigt werden. Daneben werden Übertragungsfehler minimiert und interne Prozessabläufe optimiert. Der Preis dafür ist ein höherer Zeitbedarf während der Implementierung der Schnittstellen (Definition, Programmierung, Testing) und die Notwendigkeit einer guten Überwachung der Schnittstellen.

Was hat sich in der Zusammenarbeit mit der IT verändert?
Unsere IT ist heute neben dem Betrieb der klassischen IT-Infrastruktur und Steuerung der IT-Dienstleister deutlich stärker in die Weiterentwicklung und Beschaffung der Systeme und Prozesse im Bereich der Content-Erstellung, Produktion und (digitalen) Content-Auslieferung eingebunden und übernimmt zunehmend entsprechende Projektmanagement-Aufgaben. Daneben ist die IT für das Schnittstellenmanagement verantwortlich. Damit arbeitet sie näher an den zentralen Wertschöpfungsketten des Verlages sowie näher am Marketing. Dazu haben wir aufgrund der besonderen Bedeutung für die Marktbearbeitung die Aufgaben der Entwicklung von CRM, BI und Datenbanken direkt in den Bereich Vertrieb und Marketing integriert und sind dabei, die Aufgaben der Web-Entwicklung und des Online-Support in unseren Servicebereich Medienproduktion zu übernehmen, der dann die gesamte Palette der Erstellung von Medienformaten Print und Digital abdeckt.

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