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Bücher in Zeiten von Netflix: Wie der Droemer Knaur Verlag Leser zurückgewinnen will

Natalja Schmidt, Droemer Knaur. Foto: privat.

Natalja Schmidt, Droemer Knaur. Foto: privat.

Kommen der Branche die Leser abhanden und, wenn ja, welche? Der Droemer Knaur Verlag hält sich mit solchen Theorie-Diskussionen nicht auf. Stattdessen versucht das Team um Programmleiterin Natalja Schmidt verloren geglaubte Leser zurückzugewinnen.

Im IT-Channel von buchreport.de zeigt Natalja Schmidt anhand von Markus Heitz‘ „Doors“-Projekt, wie Buchverlage erfolgreich die Plattformen der angeblichen Nichtleser besetzen können.

Schmidt spricht bei der E-Book-Konferenz 2018 der Akademie der Deutschen Medien am 6. Dezember 2018 im Münchner Literaturhaus über das Projekt und dessen Erfolg.

Das „Doors“-Projekt soll Menschengruppen, die sich zunehmend vom Lesen abwenden, wieder zurückgewinnen. Was machen diese Leute denn stattdessen?

Heute wetteifern weitaus mehr Unterhaltungsangebote um die Aufmerksamkeit der Kunden, als es noch vor wenigen Jahren der Fall war – die individuelle Freizeit ist aber leider nicht angewachsen. Die Freizeitgestaltung unterliegt in den Zeiten von Netflix, Games und dem allgegenwärtigen Handy einfach einer anderen Aufmerksamkeitsökonomie.

Wobei ich gar nicht sagen würde, dass die Leute, die dem Buchmarkt abhandengekommen sind, überhaupt nicht mehr lesen, sie lesen nur anders – Artikel, Facebook-Posts, Schlagzeilen, Blogs, Fanfiction und vieles mehr.

Kann der Wettbewerb des Buches mit multimedialem Entertainment überhaupt gewonnen werden? Was gibt Ihnen das Selbstvertrauen, dass das funktioniert?

Das Lesen eines Buches wird Studien zufolge immer noch als besonders entspannend, als besonders gut zum Abschalten in einer reizüberfluteten Welt wahrgenommen, während die ständige Erreichbarkeit und die hohe Nutzungsfrequenz, die viele soziale Medien fordern, auch zu Stress führen kann. Und wenn man sich zum Beispiel BookTuber anschaut oder Buchblogger auf Instagram, sieht man schnell, dass das Buch immer noch als ein besonderes Medium gesehen und mit großer Begeisterung inszeniert und besprochen wird.

Gleichzeitig lässt sich das Rad aber natürlich nicht zurückdrehen; und ich möchte auch selbst nicht in die Zeiten zurück, als es im Fernsehen pro Saison eine gute Serie mit einer Folge pro Woche gab.

Ich suche deswegen weniger den Wettbewerb mit multimedialem Entertainment als ein produktives Miteinander – wenn wir uns als Verlage nicht scheuen, mit Büchern gerade in der modernen Unterhaltung neue Wege zu gehen, sehe ich für das Medium durchaus eine erfreuliche Zukunft voraus.

IT-Grundlagen und Technologien der Zukunft

Mehr zum Thema IT und Digitalisierung lesen Sie im IT-Channel von buchreport und den Channel-Partnern knk und Rhenus.
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Sind es konkret Leser von Spannungsliteratur, die Ihnen Sorgen machen?

Nein, dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

Ihre Verlegerin Doris Janhsen spricht konkret von einer ganzen Batterie multimedialer Kampagnen, die Droemer in den nächsten Jahren abfeuern möchte. Haben diese Kampagnen neben dem Generalziel, dem Leserschwund entgegenzuwirken, auch Gemeinsamkeiten von der Methodik oder eingesetzten Technik her?

Natürlich entwickeln wir bestimmte Strategien und Tools für DOORS auch mit dem Ziel, diese später bei anderen Projekten übernehmen zu können. Was wir jetzt aus dem Projekt lernen, auch in puncto Interaktionsmöglichkeiten mit der Leserschaft, Kommunikation und Customer Journey, wird uns ganz sicher auch in Zukunft begleiten.

Markus Heitz. Foto: Studio Stefan Freund.

Markus Heitz. Foto: Studio Stefan Freund.

Sie wollen auf recht konventionelle Weise Interessenten zu Käufern machen: mit einer langen Gratis-Leseprobe, die man auf markus-heitz.de herunterladen kann. Warum bieten Sie neben ePUB und kindle auch das nicht barrierefreie PDF an – nutzt das noch jemand?

Wichtig ist, dass die Pilotfolge etwas ganz anderes ist als eine lange Leseprobe, nämlich der in sich abgeschlossene Auftakt zum ganzen Projekt: Wenn sich die Leserinnen und Leser auf dieses Abenteuer einlassen, stehen sie am Ende der Pilotfolge mit den Protagonisten vor drei Türen und müssen sich entscheiden, welchen Weg sie nehmen werden – und damit, welchen Roman sie lesen wollen. Die Pilotfolge etabliert dabei wie in modernen Serienformaten den Handlungsrahmen und die Figuren, die dann im Verlauf der DOORS-Serie in immer neue Situationen geraten und von ganz neuen Seiten beleuchtet werden.

Da die (Vor-)kenntnis der Pilotfolge von entscheidender Wichtigkeit für das Projekt ist, wollen wir den Einstieg natürlich so leicht wie möglich machen, deshalb nutzen wir eine große Bandbreite von Kanälen und Formaten.

Der Verlag erwartet 2 Mio Kontakte. Das ist ein Wort. Wie wollen Sie diese hohen Werte erreichen?

Das wichtigste Element im Online Marketing ist die relevante Information statt schlichter Werbung. Wir haben uns bei DOORS entschieden, in Anlehnung an Serien-Vorbilder aus dem Fermsehen mit 6-wöchigem Vorlauf eine Pilotfolge zu lancieren, die eine komplette Story enthält und am Ende mit höchster Wahrscheinlichkeit Lust auf mehr erzeugt.

Unser Verbreitungsweg startete beim Autor selbst, der zunächst exklusiv direkt an seine Fans kommunizierte, dann haben wir von Verlagsseite den Ball aufgenommen und von der großen digitalen Kooperation bis hin zum quasi „lokalen“ Online Shop durchgespielt. Jeder war aufgefordert, dabei zu sein, und viele Partner haben sofort verstanden, dass sie mit DOORS etwas ganz Besonderes für ihre Kunden in Händen halten.

Eine Zahl verraten wir: bereits am ersten Tag hatten wir eine Conversion-Rate von über 10% auf markus-heitz.de. Der Buchreport weiß ja aus eigenen Studien, dass der Weg vom Interessenten zum Käufer bereits mit 4% Conversion-Rate als äußerst gelungen betrachtet werden kann.

Der Buchhandel ist eingeladen, den Link über seine Social-Media-Kanäle zu distribuieren. Was darf er noch alles im Zusammenhang mit der Kampagne, welche graphischen und technischen Hilfsmittel erhält er dazu?

Bild: Verlag

Wir haben eigens ein umfangreiches Toolkit entworfen, mit dem der Handel Social Media-Posts nach Bedarf ganz leicht selbst gestalten kann, und in dem sich zum Beispiel Banner in verschiedenen Formaten für Facebook und Instagram, Textvorschläge, Informationen zu den wichtigsten Zielgruppen, Trailer, ein Interview und Bildmaterial befinden. Zusätzlich haben wir Aktionen vereinbart, bei denen der Buchhandel zum Beispiel eigenständig Verlosungen und andere Aktionen posten und gestalten kann. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wir sind begeistert und sehr dankbar, wie engagiert sich der Handel für dieses Projekt einsetzt.

Wie kommunizieren Sie laufend mit dem Handel?

Unser Vertrieb im Allgemeinen und unsere Vertreter und Key Accounter im Speziellen machen hier einen hervorragenden Job. Zusätzlich sind Natalja Schmidt und Markus Heitz auf verschiedenen DOORS-Veranstaltungen mit dem Handel unterwegs, von einem Diskussionsabend auf dem Frankfurter Mediencampus über das Azubifrühstück auf der Buchmesse bis hin zu einer exklusiven Lesetour für den Handel.

Wieso widerstehen Sie der Versuchung, eine eigene Facebook-Seite zum Projekt zu lancieren?

Da wir schon eine sehr erfolgreiche Präsenz unter @KnaurFantasy auf Facebook haben, die von den Fans rege frequentiert wird und wo Markus Heitz ebenfalls bereits aktiv ist, haben wir uns entschlossen, lieber diese schon vorhandene Basis zu nutzen, statt eine neue Seite aufzubauen.

Hier der Video-Trailer der Kampagne:

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