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Feministische Ferndiagnose

Der eingeleitete Personalwechsel bei Rowohlt ist nicht die übliche Rochade: Dass Barbara Laugwitz (47) als verlegerische Rowohlt-Geschäftsführerin abberufen worden ist und zum Jahreswechsel der Journalist und Buchautor Florian Illies (47) nachfolgt, schlägt jedenfalls einige Wellen in Branchengesprächen wie auch in den Publikumsmedien.

Die „FAZ“ hat prominente Autorinnen und Autoren des Verlags befragt, die aus ihrer Perspektive viel Lob zur Arbeit von Laugwitz spendeten. Einen besonderen Akzent setzte Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die einerseits bekannte, sie habe „Frau Laugwitz nie kennengelernt, was ich sehr bedaure“, andererseits aber eine feministische Ferndiagnose stellte: „Jetzt ist schon wieder eine Frau rausgekippt worden wie Abfall.“ Und. „Es sind wahrscheinlich dieselben Herren, die laut barmen, dass bei der Mostra in Venedig wieder nur eine einzige Regisseurin eingeladen wurde, nein, nein, das geht gar nicht.“

Dass in deutschsprachigen Publikumsverlagen eine Männerriege Regie führt, ist zumindest nicht haltbar, dafür haben in den vergangenen Jahren viele Frauen den Programmchef(in)-Sessel besetzt, die das ohnehin überwiegend weibliche Publikum bedient. Eine kleine Liste aus größeren Verlagen ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Anuschka Albertz (Ravensburger)
  • Nicola Bartels (Blanvalet)
  • Claudia Baumhöver (dtv)
  • Ursula Bergenthal (Diogenes)
  • Siv Bublitz (Fischer)
  • Sabine Cramer (DuMont)
  • Bärbel Dorweiler (Thienemann)
  • Alexandra Germann (Egmont)
  • Renate Herre (Carlsen),
  • Doris Janhsen (Droemer Knaur)
  • Grusche Juncker (Goldmann)
  • Felicitas von Lovenberg (Piper)
  • Constanze Neumann (Aufbau)
  • Birgit Schmitz (Hoffmann & Campe)

 

Kommentare

7 Kommentare zu "Feministische Ferndiagnose"

  1. Um eine „feministische Ferndiagnose“ zu stellen, wie Sie es so schön nennen, muss man in der Tat die betreffenden Personen nicht persönlich kennen. Das ist ein strukturelles Thema und auch aus der Ferne ganz schön zu erkennen.
    Ich bin schon sehr irritiert, wie schlicht und unangemessen Sie mit diesem Thema umgehen.
    14 Programmleiterinnen in den großen Publikumsverlagen? Na, dann ist ja alles in Ordnung in unserer Branche.
    Eyeroll.

    • Ja, Zahlen und Fakten sind manchmal schlicht und bilden strukturelle Probleme für sich allein nur unzureichend ab. Sie sind aber vielleicht ein geeignetes Gegengewicht zum Furor von Frau Jelinek, den man/frau auch als zu schlicht und unangemessen finden kann.

  2. Ist das alles was Sie zu dieser Thematik beizusteuern haben? Eine Auflistung weiblicher Führungskräfte? Und welche Sinnhaftigkeit wird damit verfolgt? Wünschenswert wäre es doch vielmehr, zu hinterfragen ob ein solcher Umgang mit einer erfolgreichen Frau, die womöglich stärker im Hintergrund gearbeitet hat, als manch ein Kollege es laut im Vordergrund tut, und auf diese Art und Weise aus ihrer Tätigkeit entlassen wird, nicht mehr als fragwürdig ist. Was sagt das auch über Unternehmensinternen Umfang aus! Und schlimmer noch, den kreativen Köpfen aus denen die Substanz des Unternehmens entspringt den Kontakt zur bisherigen Vertrauensperson zu blockieren. Sie sollten entsetzt sein! Als Leser, als Autor, als Verlagsmitarbeiter, als Buchfreund, als Frau, als Mann, als Mensch! Buchreport.de enttäuscht mit diesem spärlichen Statement hier auf ganzer Linie.

  3. Merkwürdig. Ich hatte den FAZ-Artikel gelesen und war deshalb erstaunt, als in Ihrem Newsletter für diesen Text hier geworben wurde mit „Elfriede Jelinek wittert bei der Ablösung von Barbara Laugwitz eine Männerverschwörung“. Schön, wenn Sie die Aussage (die so nie getätigt wurde) unbedingt lächerlich machen möchten — bitte. Aber wenn Sie die Kritik von Frau Jelinek dementieren wollen, doch bitte nicht mit ein paar hingeklatschen Namen von Programmleiterinnen, die aktuell in großen Verlagen tätig sind. Machen Sie Ihre Recherche! Wie ungleich sind die Strukturen innerhalb der Buchbranche denn? Sind mehr Männer oder Frauen in den Führungspositionen, Vorständen etc.? Wie sehen die Gehaltsunterschiede aus? Wie viele Autoren werden verlegt, wie viele Autorinnen? Wie sieht hier das Gehalt aus? In welchen Genres haben Männer oder Frauen eine bessere Chance? Wie viele Männer und Frauen sind an den Rezensionen im Feuilleton beteiligt? Wie viele internationale Autorinnen landen bei uns, wie viele Autoren? Das sind nur einige Beispiele. Sexismus ist strukturell und da reicht es nicht aus, sich ein paar Rosinen rauszupicken und dann zu sagen: „Ist doch alles bestens, die Jelinek hat nur wieder übertrieben!“
    Sie könnten auch bei sich selbst anfangen: Warum loben Sie Illies bereits so in den Himmel, während Laugwitz nachweislich Erfolge erbracht hat, die Autorinnen und Autoren zufrieden sind, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsetzt aufgrund der plötzlichen Kündigung …? Warum wird im Nachhinein geschrieben, dass Illies dem Bild des „charismatischen Verlegers“ mehr entspreche als die „zurückhaltende Laugwitz“? Würdigen Sie Leistungen nicht so gerne? Lieber nur den äußeren Eindruck, den jemand macht? Mal sehen, in welche Richtung sich Rowohlt nun bewegen wird und wie „charismatisch“ dieser erfolgversprechende Bub doch ist, wa?

    • Ein paar Fragen lassen sich beantworten:
      – Bei den großen Publikumsverlagen gibt es tatsächlich in der Programmgestaltung mehr angestellte weibliche Chefs als Männer.
      – In der regelmäßigen Auswertung der Geschäftsführer-Positionen und sonstiger Leitender des buchreport-Rankings „Die 100 größten Buchverlage“ (Fachverlage, Bildungsverlage, Publikumsverlage) weist die buchreport-Redaktion seit Jahren auf die Männerdominanz hin und einen gewissen Trend, dass über die Jahre die Frauenquote immerhin leicht zunimmt. Die jüngste Auswertung stammt aus April 2018.
      – Eine Analyse der BestsellerautorInnen hat im Frühjahr gezeigt: Unter den Top 100 Bestsellerautoren sind etwas mehr Männer, aber die Frauen setzen mehr um. Ob sie auch mehr Honorar erhalten, hängt vermutlich davon, ob sie die richtigen Agentinnen oder Agenten haben…

  4. Den Artikel hat aber ein Mann geschrieben, oder?
    Wozu die Mühe?

  5. Sie müssten eigentlich den Logikfehler in Ihrem Artikel selbst bemerkt haben, nachdem Sie das „Regie führen“ durch eine Männerriege entkräften wollten durch eine Aufzählung von Programmmacherinnen.
    Wer führt Regie? Offenbar Menschen, die die hierarchische Macht besitzen, eine Programmmacherin zu entlassen.
    Bitte vergleichen Sie also innerhalb der Hierarchiestufen, sonst bleibt eine Nullaussage in Ihrem Artikel stehen.

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