buchreport

Die Verlagsvorschau als pragmatisches Arbeitsmittel

Die Ankündigung der Random House-Verlage, ab dem Herbstprogramm 2019 Novitäteninformationen ausschließlich per Digitalvorschau zu verbreiten, ist in Teilen des Handels sehr kritisch aufgenommen worden. Auch die Hörbuchverlage haben das Thema auf ihrer Agenda. In einer buchreport-Umfrage diskutieren Audio-Verleger über Für und Wider einer digitalen Vorschau und erklären ihre eigene verlegerische Strategie.

Die Fragen:

  • Welche Vorteile bringt eine digitale Vorschau speziell für Hörbuchverlage?
  • Was spricht für das gedruckte Format?
  • Planen Sie konkret den Wechsel von gedruckt zu digital?

Marc Sieper (Foto: Andreas Biesenbach)

Marc Sieper

Leiter Lübbe Audio, Bastei Lübbe

Vorteil Digital. Der nicht von der Hand zu weisende Vorteil einer digitalen Vorschau für Hörbuchverlage ist selbstverständlich die technische Voraussetzung, Hörproben zu den Titeln zu stellen, was in der Vergangenheit nur über Hörproben-CDs oder die nicht flächendeckende Nutzung von z.B. QR-Codes möglich war. Hörproben liefern in vielen Fällen die besten Argumente für die Qualität eines Titels, seines Sprechers oder der Produktionsform (z.B. beim Hörspiel). Diese Argumente sind mindestens so wichtig wie die Übersicht über z.B. Marketing-Aktivitäten und helfen den Händlern bei der Einschätzung. Allerdings ist es Wunsch vieler Handelspartner, die digitalen Vorschauen noch früher als die gedruckten Versionen zu veröffentlichen, was die Bereitstellung solcher Hörproben in vielen Fällen unmöglich macht.

Vorteil Print. Wer noch die Zeit dafür findet, kann in einer gedruckten Vorschau meiner Meinung nach viel besser stöbern und entdecken, als beim digitalen Pendant. Viele Einkäufer machen sich handschriftliche Notizen etc. Natürlich ist vieles davon auch bei der digitalen Vorschau möglich, aber daran muss sich jeder zunächst gewöhnen.

Planung Digital. Wie sicher in jedem Verlagshaus gehört das Thema Vorschauen stets in unsere Überlegungen und wir überprüfen regelmäßig, wie wir mit den sich wandelnden Anforderungen unsere Angebotsform im richtigen Rahmen attraktiv, anschaulich und zeitgemäß darbieten, damit unsere Partner bestens über unsere neuen Titel informiert werden. In welche Richtung wir unsere Vorschauen in Zukunft entwickeln werden, haben wir bislang noch nicht entschieden.

 

Kilian Kissling (Foto: Stephan Siebert)

Kilian Kissling

Geschäftsführer Vertrieb und Marketing, Argon Verlag

Vorteil Digital. Der ganz offensichtliche Vorteil für Hörbuchverlage ist das Einbinden von Hörproben. Die anderen Vorteile sind dieselben wie die für Buchverlage.

Vorteil Print. Das gedruckte Format bietet deutlich mehr Möglichkeiten, die Identität des Verlags auszudrücken. Sie führt auch dazu, das Programm einer Saison ganzheitlich zu denken. In der Phase der Erstellung wird deutlich, welche Titel gut gegeneinander abgegrenzt werden müssen, wo vielleicht im Programm noch eine Lücke ist. Und schließlich gibt es ein paar klassische analoge Vorteile: Notizen und Eselsohren machen, Seiten herausreißen, schnell blättern und springen. 

Planung Digital. Der Wandel ist ja längst vollzogen, seitdem wir die digitale Vorschau professionell einsetzen. Wer mit uns digital zusammenarbeiten möchte, kann das ohne Wenn und Aber tun. Es bleibt also nur die Frage, was aus der gedruckten Vorschau wird. Unsere Vorschau, die ohnehin zu den reduzierten gehört, wird sich weiter in Richtung pragmatisches Arbeitsmittel entwickeln. Der Wechsel findet also nicht im Verlag, sondern beim Händler statt. Hörbuchmenschen sind durch die Stellung ihres Mediums eher so eingestellt, dass sie die Gegebenheiten akzeptieren und auf sie reagieren.

 

Johannes Stricker (Foto: privat)

Johannes Stricker

Geschäftsführer, Hörbuch Hamburg

Vorteil Digital. Im Moment bedeutet die digitale Vorschau für Hörbuchverlage nichts anderes als die digitale Vorschau für Buchverlage. In der Praxis erstmal zwar Mehrarbeit (noch), perspektivisch aber ist die digitale Vorschau ein modernes Instrument, unsere Produktionen im Handel anzukündigen und zu verkaufen sowie Druck- und Logistikkosten zu sparen.

Vorteil Print. Vermutlich ist der Anteil der Hörbuch-Vorschauen, die ungelesen im Papierkorb landen, größer als der der Buchvorschauen, da ja etliche Buchhandlungen sich nicht mit dem Medium beschäftigen, die Hörbuch-Vorschau aber den Vorschaupaketen der Buchverlage beiliegt. Die potenziellen Vorteile der gedruckten Vorschau liegen in der physischen Präsenz des Kataloges – ich muss nicht erst den Rechner anmachen und bewusst nach der Ankündigung des Verlages suchen.

Planung Digital. Perspektivisch planen wir den Wechsel zur digitalen Vorschau – gemeinsam mit den Buchverlagen, durch deren Vertrieb unsere CDs verkauft werden. Über den genauen Zeitpunkt kann ich keine Aussage treffen.

 

Stephanie Mende (Foto: Stella Boda)

Stephanie Mende

Geschäftsführerin, Audio Media Verlag

Vorteil Digital. Da die digitale Vorschau den Vorteil bietet, Hörproben, Making-of-Videos aus dem Tonstudio und kurze Interviews mit Autoren und/oder Sprechern zu veröffentlichen, ist sie für unser Medium durchaus interessant. Wir können so ohne Medienbruch – wie man ihn bei Hörproben-CDs, in der Printvorschau abgedruckten QR-Codes oder DownloadLinks immer hat – einen echten Mehrwert für unser Medium schaffen. Allerdings scheinen mir die derzeit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten noch nicht ausgereift genug zu sein.

Vorteil Print. Viele Buchhändler bereiten Vertreterbesuche anhand der gedruckten Vorschau vor und notieren auf den Seiten, wie viele Exemplare pro Titel bestellt werden sollen. Immer wieder hören wir von den Vertretern, dass die Vorschau ein extrem wichtiges Arbeitsmittel ist, auf das nur ungern verzichtet werden kann. Gut gestaltete Seiten in gedruckten Vorschauen bieten auf einen Blick alle Infos, die der Einkäufer benötigt, da hier mit Schriftvarianten und -größen sowie Farben, Abbildungen und Symbolen das Leseverhalten gelenkt wird.

Planung Digital. Grundsätzlich stehen wir neuen Ideen sehr offen gegenüber und können uns gut vorstellen, auf die gedruckte Vorschau zu verzichten – auch aus ökologischen Gründen.

 

Heike Völker-Sieber (Foto: Anita Back)

Heike Völker-Sieber

Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Der Hörverlag/Random House Audio/cbj audio

Vorteil Digital. Im Hörbuchbereich sind die Produktionsprozesse zwischen dem frühen Versand der Printvorschau und den Verkaufsgesprächen des Außendienstes noch stark in Bewegung:

  • Der Großteil unserer Veröffentlichungen erscheint parallel zu Buchausgaben. Erst bei Vorlage aussagefähiger Texte bzw. der Manuskripte können wir final über Besetzungen entscheiden und Studiotermine vereinbaren. Zum Zeitpunkt der Drucklegung der Printvorschauen laufen teils noch Sprecheranfragen. Und Sprechernamen beeinflussen nicht unerheblich das Verkaufs- und Pressepotenzial eines Titels.
  • Die exakte Länge und CD-Anzahl einer Lesung/eines Hörspiels ist manchmal erst während der Aufnahmen absehbar. Erscheinungstermine und Preise werden in Einzelfällen noch angepasst, Cover überarbeitet, Lesereisen fixiert, Marketing- und Pressemaßnahmen finalisiert.
  • Mit der digitalen Vorschau können wir schnell und tagesaktuell all diese Änderungen und Ergänzungen abbilden und unseren Partnern im Handel sowie in den Redaktionen sofort zugänglich machen. Weitere Vorteile:
  • Auch bei „Schnellschüssen“ sind wir nun unabhängig von der starren Taktung der Printvorschau. Die Hörbuchausgabe von Stephen Hawkings „Kurze Antworten auf große Fragen“ (Der Hörverlag/ET Oktober 2018) und J.R.R. Martins „Feuer und Blut“ (Random House Audio/ET November 2011) konnten wir über VLB-Tix noch rechtzeitig vor dem Start der Herbstreise in die digitale Vorschau integrieren und somit optimale Voraussetzungen für die Verkaufsgespräche schaffen.
  • Auf verschiedene Vertriebswege (Buchhandel, Tonträger, Nebenmärkte etc.) zugeschnittene digitale Hörbuch-Vorschauen bedienen die individuellen Bedürfnisse unserer Partner bezüglich Titelauswahl und Timings.
  • Hörproben bieten allen Nutzern einen „plastischen“ Eindruck der Produktion.
  • Die medienübergreifende Anzeige aller Ausgaben bei der Titelsuche verstärkt die Sichtbarkeit und damit die Wahrnehmung des Hörbuchs bei Handel und Presse.

Planung Digital. Wie alle Verlage der Verlagsgruppe Random House sind wir mit den Programmen von Hörverlag und Random House Audio/cbj audio bei VLB-Tix präsent und stellen mit dem Herbstprogramm 2019 auf die digitale Vorschau um.

 

Maik Reumann (Foto: privat)

Maik Reumann

Vertriebsleiter, Audiobuch Verlag

Vorteil Digital. VLB-Tix hat natürlich den Vorteil, dass die Vorschau dort immer aktuell ist. Erfolgt ein Sprecherwechsel? Wird die Laufzeit angepasst oder das Format? Alles kein Problem für die digitale Vorschau. Auch Hörproben mitgeben zu können, ist ein Vorteil, den die digitale Vorschau bietet.

Vorteil Print. Für das gedruckte Format spricht ganz klar die Sichtbarkeit. Die Vorschau kommt beim Buchhändler an. Er macht den Brief auf und hält unsere Vorschau direkt in der Hand. VLB-Tix spielt dem Händler dagegen den Ball zu, sich unsere Vorschau aktiv zu suchen.

Planung Digital. Wir arbeiten derzeit schon parallel dreigleisig: Die meisten Buchhändler bekommen und wünschen nach wie vor die gedruckte Vorschau. Wer unseren Handelsnewsletter abonniert hat, erhält die Vorschau zusätzlich als PDF. Und wer mit VLB-Tix arbeitet, dem stellen wir die Vorschau auf diesem Weg zur Verfügung.

 

Peter Bosnic (Foto: Steinbach Sprechende Bücher)

Peter Bosnic

Verlagsleiter, Steinbach Sprechende Bücher

Vorteil Digital. Die Vorteile der digitalen Vorschau liegen für den Hörbuchverlag vor allem darin, dass z.B. Schnellschüsse stärker beworben und viel schneller präsentiert werden können. Und natürlich können wir Druckkosten sparen und Kosten für Grafik. Da investieren wir immer sehr viel Liebe und Geld.

Vorteil Print. Einige Buchhändler bevorzugen die gedruckte Vorschau, da sie darin blättern und stöbern und Post-its kleben können – und sie mit nach Hause nehmen können, weil sie eben das Haptische sehr lieben.

Planung Digital. Wir werden in naher Zukunft weiterhin sowohl die gedruckte als auch die digitale Vorschau anbieten, da vor allem viele kleine Buchhandlungen die gedruckte Vorschau bevorzugen. Unser Ziel ist es, alle Buchhandlungen gleichermaßen zu erreichen, weshalb wir beide Optionen anbieten wollen. Aber sicher werden wir die Auflage etwas reduzieren können.

 

Angelika Schaack (Foto: privat)

Angelika Schaack

Verlegerin, Hörcompany

Vorteil Digital. Der Vorteil ist, dass sich Vorschauen schnell generieren lassen und Buchhändler direkt bestellen können. In Zukunft kann man dann hoffentlich auch direkt Hörproben integrieren und anhören, was natürlich ein großer Vorteil wäre.

Vorteil Print. Für das gedruckte Format spricht, dass man den Charakter der Hörbücher und auch den des Verlages viel besser und schneller vermitteln kann. Das beginnt schon bei der Auswahl der Papiersorte und dem Platz, den man zu Verfügung hat. Ohne Scrollen und Klicken sieht und fühlt man auf einen kurzen Blick, um was für einen Titel es sich handelt. Aktuell sehen die digitalen Vorschauen der Verlage doch noch mehr oder weniger identisch aus.

Planung Digital. Wir und viele Buchhändler mögen unsere gedruckte Vorschau weiterhin. Unsere Vertreter besuchen aber auch Buchhändler, die ihr Warenwirtschaftssystem bereits mit digitalen Vorschauen verknüpfen. Deshalb werden wir natürlich weiterhin beides anbieten.

Kommentare

1 Kommentar zu "Die Verlagsvorschau als pragmatisches Arbeitsmittel"

  1. Dann stellen wir uns in Sachen Vorschau der Hörbuchverlage mal folgendes Zukunftsszenario vor: Vermittels vlb-tix sind die Vorschauen immer auf dem neusten Stand und die Titel mit Hörproben, Infos zu den Medienkampagnen etc. hinterlegt. Und nun? Wer soll das im Handel verarbeiten? Wie schätzen die Verlage die Aufnahmekapazitäten des Handels überhaupt ein?

    Glaubt bei den Verlagen ernsthaft jemand daran, dass der Sortimenter sich nun auch noch intensiver irgendwelche Hörproben anhört, um zu einer Entscheidung zu gelangen? Die bisherigen Hörproben in Form von CDs waren doch auch schon ein (für meine Begriffe recht sinnloses) Lotteriespiel, aber zumindest konnten Verlage damit Akzente setzen. Je mehr sich nun das Portfolio der angebotenen Hörproben erweitert, und das wird es dann wohl tun, desto schlechter werden für die Hörbuchverlage die Chancen, im ganz großen Wust überhaupt noch kalkulierbar, wohlgemerkt für diese kalkulierbar, Gehör zu finden.

    Wenn Michael Busch bei Thalia nach den Verlagsvertretern auch noch sich selbst erfolgreich abgeschafft haben wird (weil er ja auch nur ein Vertreter eines Unternehmens ist), dann werden dort eventuell irgendwann Algorithmen die Hörproben und vlb-tix-Infos analysieren und entsprechend ordern können. In den meisten kleineren Buchhandlungen wird es allerdings weiterhin Menschen an den entsprechenden Schaltstellen geben, die von den Verlagen ganz anderes erwarten. Nämlich bei den Vorschauen zum Beispiel ein „pragmatisches Arbeitsmittel“, welches (Danke Herr Kissling) auch sehr gerne „reduziert“ sein darf.

    Den großen Unterschied umschreibt Maik Reumann sehr schön: „Die Vorschau kommt beim Buchhändler an. Er macht den Brief auf und hält unsere Vorschau direkt in der Hand. VLB-Tix spielt dem Händler dagegen den Ball zu, sich unsere Vorschau aktiv zu suchen.“ Da werden sich einige noch sehr wundern, welche Bälle plötzlich nicht mehr gesucht werden…

    Und lieber Herr Stricker: „Perspektivisch aber ist die digitale Vorschau ein modernes Instrument, unsere Produktionen im Handel anzukündigen und zu verkaufen sowie Druck- und Logistikkosten zu sparen.“ Da liegt der Hase im Pfeffer bei der Kosteneinsparung! Aber die Bezeichnung der digitalen Vorschau als ein „modernes Instrument“ macht aus der bloßen Behauptung, dass es ein modernes Instrument sei, eben noch nicht per se das angepriesene moderne Instrument. Denn für unsereins ist das Instrument in Fall der digitalisierten Vorschau schlicht und ergreifend unpraktikabel und somit eher ein sehr rückschrittliches Instrument!

    Daran müssen sich die Digital-Natives wohl noch gewöhnen, dass gelegentlich einige Ihrer digitalen Neuerungen schlussendlich im realen Leben nur purer Unfug sind und in Wahrheit tatsächlich Rückschritt bedeuten. Schön wäre es daher, wenn Verlage intensiv und unvoreingenommen überprüfen, was in Sachen Digitalisierung an Änderungen Sinn macht und was eben so gar keinen Sinn ergibt.

    Und übrigens: Spätestens dann, wenn der ganze Hörbuchbereich nur noch via Audible, Flatrates etc. stattfindet, dann werden sich auch einige Kunden fragen, warum denn plötzlich nichts qualitativ hochwertiges mehr nachkommt…

    Jens Bartsch – Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln

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