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Bücher in leicht verdaulichen Häppchen

Schon 2010 hatte der Mainzer Professor Christoph Bläsi erklärt, dass die Menschen zunehmend portionsweise lesen. Eine Entwicklung, die jetzt das Berliner Start-up Blinkist aufgegriffen hat: In kleinen Häppchen, so genannten „Blinks“, können die Nutzer die Kernaussagen von Sachbüchern konsumieren. Auch mit Buchverlagen wollen die Berliner kooperieren. 

Das Gründerteam (von links): Tobias Balling, Niklas Jansen, Holger Seim, Sebastian Klein

Im August 2012 gründeten Tobias Balling, Niklas Jansen, Holger Seim und Sebastian Klein ihr Unternehmen Blinks Labs in Berlin, Mitte Januar haben sie ihren Dienst Blinkist gestartet. Das Konzept: 
  • Die Nutzer können in kurzen Einheiten von ca. zwei Minuten (den „Blinks“) Zusammenfassungen lesen – etwa während, sie auf den Bus warten oder mit dem Zug zur Arbeit fahren. Nach durchschnittlich zehn „Blinks“ sollen die Nutzer die Kernaussagen verinnerlicht haben.
  • Die Inhalte werden über eine Smartphone-App für Apple iOS angeboten, eine Android-Version soll folgen. Drei kostenlose Zusammenfassungen sind in der App bereits enthalten.
  • Die Nutzer können entweder für 1,79 Euro einzelne Zusammenfassungen erwerben oder im Monatsabo für 4,99 Euro auf alle Bücher zusammengreifen.
  • Zum Start gibt es Kernaussagen zu 50 Sachbüchern aus verschiedenen Kategorien – darunter Business und Karriere, Populärwissenschaften, Politik und Geschichte, Gesellschaft und Zeitgeschehen. 
  • Im Regal stehen unter anderem Zusammenfassungen aus dem Programmen von Campus, Hanser, Penguin und Random House
  • Finanziell gefördert wurde das Projekt von der Start-up-Förderung der Telekom, hub:raum.
Die Buchverlage hätten sehr positiv auf ihr Angebot reagiert, erklärt Mitgründer Holger Seim gegenüber buchreport.de: „Ein Verlag hat uns direkt nach unserem Launch angesprochen, dass er seine Bücher auf unserer Plattform anbieten möchte. Auch andere Verlage zeigen sich interessiert und wir führen nun erste Gespräche.“ 
Bisher beschränken sich die Blinkist-Betreiber – aus urheberrechtlichen Gründen – auf reine Zusammenfassungen und verwenden weder Ausschnitte noch Original-Cover. „Uns war es wichtig schnell testen zu können, ob es für ein Produkt wie Blinkist ein Kundenbedürfnis gibt“, so Seim. „Da das Feedback bisher sehr positiv ist, möchten wir nun Schritt für Schritt mit den Verlagen über Kooperationen sprechen. Wir haben viele Ideen für Blinkist, die wir am liebsten in Zusammenarbeit mit den Buchverlagen realisieren möchte.“

Auf Anfrage von buchreport erklärt die Rechtsabteilung des Börsenvereins mit Blick auf die urheberrechtliche Einordnung: Falls Buchinhalte in selbständigen eigenen Worten zusammengefasst  werden, sei dies eine zulässige freie Benutzung. Collagiere der Zusammenfasser hingegen Zitate aus dem Originalwerk, um den Buchinhalt darzustellen, könne dies – wie im Perlentaucher-Fall – eine genehmigungspflichtige Bearbeitung sein.

Auch für jene Leser, die durch die Zusammenfassung neugierig auf die Quelle geworden sind und tiefer einsteigen wollen, soll bald eine Lösung angeboten werden: Ein Buch-Shop wurde technischen Gründen noch nicht umgesetzt, sei aber fest eingeplant und werde explizit von Kunden gewünscht. „Das bekräftigt uns in unserer Vision, Blinkist als Discovery-Plattform für Sachbücher zu etablieren, die einen tieferen ,Blick ins Buch’ erlaubt und somit ein stärkeres Interesse für diese weckt“, so Seim.

Auch Getabstract bietet Buchzusammenfassungen an

Die Idee der Berliner ist allerdings nicht neu: Das 2009 gegründete Unternehmen Getabstract mit Sitz in den USA und in der Schweiz bietet kurze Buch-Zusammenfassungen für die 10-Minuten-Lektüre an. Die Getabstract-App ist für iPhone, iPod touch und iPad erhältlich.

Zwar ist das Angebot sehr viel umfangreicher: Nach Unternehmensangaben stehen bereits „Tausende“ von Zusammenfassungen aus rund 90 Business-Themen und 2000 Audio-Zusammenfassungen im MP3-Format zur Verfügung. Allerdings ist Getabstract auch sehr viel teurer: Das günstigste Abonnement (30 Zusammenfassungen) startet bei 89 Euro pro Jahr.

 

Kommentare

6 Kommentare zu "Bücher in leicht verdaulichen Häppchen"

  1. @Andreas Frank: Vielleicht sollten Sie sich noch einmal gründlich mit dem Urheberrecht beschäftigen. Offenbar sind Sie ja der Auffassung, dass „Informationen“ schutzfähig seien. Wäre diese Argumentation haltbar, dürfte bald niemand mehr Bücher rezensieren, oder in der Öffentlichkeit (z.B. in Talkshows) über Inhalte sprechen. Darüber hinaus benennt Blinklist ja offenbar eindeutig, welches Buch zusammengefasst wird – wo, bitteschön, bemächtigt sich Blinklist also fremden Eigentums!?

    • Sie haben es leider nicht verstanden. Und ja, ich habe viele Jahre Wirtschaftsrecht studiert, meine Prüfungsergebnisse waren ganz gut; glauben Sie mir, ich kenne mich ganz leidlich aus.

      Denken Sie mal über diesen Satz nach: Nicht alles was Recht ist, ist auch rechtens!

      Bei Blinkist geht es nicht um „Informationen“. Die verkaufen komplette Inhalte in verkürzter Form. Dahinter steckt keinerlei eigene geistige Leistung. Wenn Sie das Zusammenfassen als so etwas betrachten, dann sind Sie wohl Konsument, aber niemals ein Produzent.

      Und was nutzt es einem Autor/Verlag, wenn der Titel genannt, aber auf Grund der (nach eigener Werbeaussage von Blinkist!) vollständigen Informationsübermittlung kein Kaufanreiz mehr besteht? Diese Abwägung, ob man Blinkist eher als Marketing-/Absatzchance oder als Risiko einstuft, die sollte bitteschön dem Urheber überlassen bleiben!

    • Es wäre schön, wenn meine Antwort nun im dritten Versuch auch veröffentlicht wird.

      Ach lieber Kopfschüttler, leider haben Sie es nicht verstanden, worin meine Kritik begründet ist. Und glauben Sie mir, meine vielen Semester Jura befähigen mich durchaus, etwas tiefer in das Thema Urheberrecht einzusteigen.

      Es geht ja auch gar nicht um die von Ihnen angeführten Renzensionen oder Buchbesprechungen.

      Eventuell beschäftigen Sie sich dann nochmals ernsthaft mit dem Geschäftsmodell von Blinkist. Dort werden nach eigener Werbeaussage der komplette Inhalt zusammengefasst verkauft. Mit einer Buchbesprechung, die Lust auf mehr macht, hat das nichts zu tun.

  2. Ja ja, die überall von Blinkist angeführte Argumentation, dass ja keine Urheberrechte verletzt werden, da es „eigene Werke“ wären.

    Nur, wie kann etwas ein eigenes Werk sein, wenn alle Inhalte vom Autor übernommen werden? Es handelt sich ja bei den „blinks“ nicht um Rezensionen, sondern um Produkte, die verkauft werden.

    Blinkist verspricht seinen Kunden / Lesern, dass sie in wenigen Minuten alle wichtigen Inhalte des Buches bekommen. Schön, die geistige Leistung erbringt der Autor und ohne jegliche Schöpfungstiefe wird es von einem Dritten monetarisiert.

    Dass die „blinks“ eventuell als Marketinginstrument genutzt werden können, ok. Aber zu entscheiden, ob man das als Chance oder als Risiko betrachtet, das sollte immer noch der Autor bzw. der Verlag selbst bestimmen dürfen. Eigentum ist immer noch ein elementares Grundrecht (§14 GG), auch wenn das in der Onlinewelt vielfach nicht mehr so gesehen wird.

    getAbstract geht hier übrigens den korrekten Weg, keine Zusammenfassung wird ohne vertragliche Vereinbarung mit den Rechteinhabern veröffentlicht / verkauft.

    Ich habe mich hier etwas mehr darüber ausgelassen: http://www.Pixeltalk.de

    Immerhin hat sich schon etwas bewegt. Vorgestern war ein Buchshop noch „eventuell möglich“, nun ist er schon „fest eingeplant“.

    • Lieber Herr Frank,

      vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir haben den Artikel um eine Stellungnahme der Börsenvereins-Rechtsabteilung ergänzt:

      Falls Buchinhalte in selbständigen eigenen Worten zusammengefasst werden, sei dies eine zulässige freie Benutzung. Collagiere der Zusammenfasser hingegen Zitate aus dem Originalwerk, um den Buchinhalt darzustellen, könne dies – wie im Perlentaucher-Fall – eine genehmigungspflichtige Bearbeitung sein.

      • Dass ein von der Telekom unterstütztes Startup sich durch deren Rechtsabteilung beraten läßt, ist außer Zweifel.

        Aber ist denn immer rechtens, was Recht ist?

        Hier wird das komplette geistige Eigentum der Autoren abgeschöpft!

        Und das sollen wir hinnehmen? Dagegen soll man nicht aufschreien? Es ist also gesellschaftlich akzeptiert, dass man sich fremden Eigentums bemächtigt? Schöne Welt.

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