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Barnes & Noble: Geplatzter Verkauf und Rechtsstreit mit Ex-CEO Demos Parneros

Er hat sich Zeit gelassen, aber am Dienstagnachmittag, auf den Tag 8 Wochen nach seinem fristlosen Rausschmiss als CEO von Barnes & Noble, hat Demos Parneros vor einem New Yorker Gericht seinen ehemaligen Arbeitgeber wegen rechtswidriger Kündigung und Verleumdung verklagt.

Versteckt in der Klageschrift sorgt in den USA für allem ein Detail für Schlagzeilen: die geplatzte Übernahme von Barnes & Noble. Ein anderes, ungenanntes Buchhandelsunternehmen hatte dem stationären Buchhandels-Marktführer im Frühjahr ein Angebot unterbreitet, das vom Vorstand auch akzeptiert worden war. Doch im Juni ist der Interessent nach Prüfung der Unterlagen kurzfristig wieder abgesprungen, heißt es in dem Papier.

Der Name des unbekannten Bieters wird zwar nicht genannt, aber so viele buchhändlerische Unternehmen, die ein Schwergewicht wie Barnes & Noble mit 630 Filialen, einem Online-Shop und einem verlustreichen Digitalgeschäft stemmen können, gibt es in Nordamerika nicht. Im Grunde sind es nur 2:

  • Books-A-Million: um den zweitgrößten Standortbuchhändler der USA ist es nach der Übernahme durch die Gründerfamilie Anderson vor 3 Jahren und dem anschließenden Ausstieg von der Börse mucksmäuschenstill geworden; doch das Unternehmen aus dem Süden verfolgt einen expansiven Kurs und gilt finanziell als sehr gut aufgestellt.
  • Indigo:  der größte Buchhändler Kanadas wurde kürzlich von den großen New Yorker Verlagsgruppen als Wunschkäufer ins Gespräch gebracht, zumal Firmenchefin Heather Reisman mit dem US-Markt mehr als nur ein bisschen liebäugelt; die erste Indigo-Filiale jenseits der kanadischen Grenze soll demnächst in New Jersey eröffnen.

Parneros‘ Klage ist nur ein weiterer Mosaikstein in der unendlichen Geschichte rund um Barnes & Noble. Der Suche nach einem Nachfolger auf dem Chefsessel dürften die Details über die kaum noch wegzuleugnende Führungskrise des Buchfilialisten auf jeden Fall nicht hilfreich sein. Die in der Klageschrift im Detail geäußerte Kritik an Chairman und Mehrheitsgesellschafter Len Riggio deckt sich mit dem, was in den letzten Wochen aus den Verlagen nach außen drang: Handfeste Kritik am autokratischen Führungsstil des 76-Jährigen und der Vorwurf, sein Lebenswerk nicht loslassen zu können.

Kritiker aus den Verlagen monieren einen gefährlichen Kreislauf:

  • Weil der mehrfach angekündigte tief greifende Umbau des größten stationären Buchhändlers im Land weiterhin auf sich warten lässt, bleiben die Kunden weg, was sich wiederum direkt auf die Zahlen niederschlägt.
  • 2017/18 ist der Umsatz um 6% auf 3,66 Mrd Dollar gefallen.
  • Niemand rechnet ernsthaft damit, dass das 1. Quartal des neuen Geschäftsjahrs 2018/19, dessen Zahlen am 6. September veröffentlicht werden, eine Trendwende gebracht hat.

Riggio selbst will von Führungskrise nichts wissen. Stattdessen hat er die Initiative ergriffen und ist im Laufe des Sommers nicht nur in einer Goodwill-Mission bei den großen New Yorker Verlagsgruppen vorstellig geworden, sondern hat (noch ungewöhnlicher) der „New York Times“ und dem „Wall Street Journal“ ausführlich Rede und Antwort gestanden. Aufmerksam registriert wurde, dass er bei allen Terminen von Timothy Mantel begleitet wurde, der im Februar vom Lebensmittelkonzern GNC als Chief Merchandising Officer mit Verantwortung für die stationären Handelsaktivitäten zu Barnes & Noble gekommen ist. Mantel gilt intern als neuer starker Mann und wird als potenzieller CEO gehandelt. Das stößt aber bei vielen Verlegern auf Skepsis, die endlich wieder jemanden mit Buchhandelserfahrung auf dem Chefsessel sehen wollen.

Wie er sich die Zukunft von Barnes & Noble vorstellt, hat Len Riggio in den beiden Interviews auch noch einmal bestätigt:

  • Mietverträge von unrentablen großen Filialen werden nicht verlängert.
  • Neue Buchhandlungen sind nicht größer als 1300 qm.
  • Bevorzugte Standorte sind stark frequentierte 1a-Lagen.
  • Das Buchsortiment kehrt wieder in die erste Reihe zurück.

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