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Erfolgsfaktoren der internen Change-Kommunikation

Gesa Behrens. Foto: privat.

Gesa Behrens ist nach einem Studium der Buchhandels- und Verlagswirtschaft sowie des Verlags- und Handelsmanagements an der HTWK und nach Stationen im Buchhandel als Marketing- und Vertriebsmanager bei der Evangelischen Verlagsanstalt beschäftigt. Foto: privat.

Dass Verlage sich wandeln müssen, ist unstreitig. Dass dieser Wandel nicht einfach verordnet werden kann, nicht minder. Doch wie kann er dann gelingen? Ein Schlüssel zum erfolgreichen Change liegt in der Kommunikation. Eine in der Verlagsbranche bisher einzigartige empirische Untersuchung zeigt, wie durch richtige Kommunikation der Wandel glücken kann.

Anlass für Gesa Behrens, sich als Masterandin der HTWK Leipzig im Studiengang Verlags- und Handelsmanagement das Thema „Erfolgsfaktoren der internen Change-Kommunikation in der Verlagsbranche“ vorzunehmen. In einer Serie im Prozesschannel von buchreport.de zeigt Behrens, wie man Angst und Widerstand im Team auflöst (Teil 1), wie Führungskräfte mit der richtigen Haltung Changeprozesse unterstützen (Teil 2) und wie geglückte Change-Kommunikation verläuft.

 

Gerade den Führungskräften aus der Buchbranche wird nachgesagt, sehr sozial zu agieren. Dies kann gerade in konfliktträchtigen Situationen wie Veränderungsprozessen zu Problemen führen, wenn die professionelle Distanz zu den Mitarbeitern fehlt. Die folgenden Umfrageergebnisse dienen als erster Indikator, ob sich meine bisherigen Annahmen in der Praxis von Veränderungsprozessen innerhalb der Buchbranche bewahrheiten.

Studien aus der Wirtschaft zum Thema Change Management liefern viele Daten über Erfolgsfaktoren, Hindernisse und Begründungen für ein Scheitern von Change-Projekten. Es ist auffällig, dass erst seit ca. 2010 auch Studienteilnehmer aus der Medienbranche explizit genannt werden. Ob darunter auch Verlage sind, ist aus den Angaben nicht zu erschließen.

Ziel der Umfrage war es daher, herauszufinden, ob und in welchem Maße Change Management in der Verlagsbranche eine Rolle spielt. Da es bis dato keine breit angelegte Studie speziell für diese Branche gibt, beschränkt sich die Umfrage darauf, einen Überblick über die Change-Management-Praxis und damit eine Basis für tiefer gehende Studien zu schaffen. Im Blickpunkt standen dabei:

  • Die Veränderungen in den Verlagen, die Ziele, die damit erreicht werden sollen und die Zielerreichung, das heißt die Erfolgsquote der angestrebten Veränderungen
  • Die Frage nach dem Einsatz von Change Management im Verlag. Dies soll darüber Aufschluss geben, ob für Veränderungsmaßnahmen der Change Management Ansatz verfolgt wird oder
  • Wie die Change Management Maßnahmen im Veränderungsprozess vorwiegend eingesetzt wurden und welche Probleme im Zuge des Change-Prozesses auftraten
  • Wie die Kommunikation im Change-Prozess verlief und welche Kommunikationsmaßnahmen genutzt wurden
  • Welche Herausforderungen der nächsten Jahre Change Management im Verlag erforderlich machen könnten

Wie unterscheiden sich die Ergebnisse dieser Umfrage mit Studien aus der Wirtschaft? Können die Ergebnisse der Studien auch in der Buchbranche angewendet werden oder sind hier Besonderheiten zu beachten?

Methodik

Für die Befragung wurde ein Online-Fragebogen erstellt. Die Beantwortung der Fragen erfolgte anonym. Dadurch sollte eine möglichst ehrliche und freie Beantwortung der Fragen erreicht werden. Für die Verteilung dieses Links sollte zunächst auf Basis des Verlagsrankings des buchreport an die Führungskräfte der hundert größten Verlage eine Einladungsmail versandt werden. Dabei zeigte sich schnell die Problematik, die Führungskräfte direkt zu erreichen, da die Mailadressen zum größten Teil nicht öffentlich zugänglich sind. Mit buchreport als Medienpartner wurde deshalb der Umfragelink über den buchreport-Newsletter und über www.buchreport.de verschickt. Zusätzlich wurden Verlagsmitarbeiter über Twitter und Facebook für die Teilnahme an der Umfrage geworben. Dementsprechend war eine Anpassung der Fragen und Antwortmöglichkeiten nötig, so dass Mitarbeiter aller Ebenen ebenfalls von ihren Erfahrungen mit Veränderungsprozessen berichten konnten.

Der Fragebogen besteht aus 27 Fragen inklusive zweier Matrixfragen, die mehrere Stellungnahmen der Umfrageteilnehmer abfragen. Es wurde darauf geachtet, die Fragen möglichst kurz und präzise zu halten und den Fragebogen abwechslungsreich zu gestalten, um die Aufmerksamkeit des Teilnehmers zu halten. Die Möglichkeit, Antworten zu erzwingen, wurde nicht genutzt, um einen frühzeitigen Abbruch der Umfrage zu vermeiden. Aus demselben Grund wurde auch die offene Frage nach einer Definition von Change Management im finalen Fragebogen entfernt. Die Statistikfragen wurden ans Ende des Fragebogen gestellt, um so die Chance zu erhöhen, dass auch bei Abbruch oder nicht vollständiger Beantwortung des Fragebogens die untersuchungsrelevanten Fragen zu Veränderungen und Change Management beantwortet werden. Um die Fragen, ihre logische Struktur und die Handhabung des Fragebogens zu testen und gegebenenfalls zu optimieren, wurden zwei Testläufe durchgeführt.

Im Umfragezeitraum von 1. September 2015 bis 5. Oktober 2015 haben 78 Mitglieder der Verlagsbranche an der Online-Umfrage teilgenommen. Davon hat die Hälfte der Teilnehmer den Fragebogen vollständig beantwortet. Die Umfrage ist damit nicht repräsentativ, gibt aber erste Einblicke, welchen Stellenwert Change Management im Zuge von Veränderungsprozessen in Verlagen einnimmt.

Umfrageergebnisse

An der geringen Rücklaufquote zeigt sich der hohe Streuverlust aufgrund der Verteilungsweise. Zudem ist die Thematik Change Management sehr speziell und in der Buchbranche noch nicht weit verbreitet. Der Verzicht auf Muss-Fragen hat dazu geführt, dass die Anzahl der Teilnehmer pro Frage relativ stark schwankt, was die Aussagekraft der Antworten weiter einschränkt.

Statistische Daten

Der erste Unterschied zu den Studien beispielsweise von Capgemini oder Mutaree zeigt sich bereits in der Größe der befragten Unternehmen. Sowohl bezüglich der Umsatzgröße wie auch nach Mitarbeiterzahlen sind die Unternehmen der Verlagsbranche deutlicher kleiner. Besonders die Anzahl der Mitarbeiter ist im Hinblick auf den Kommunikationsprozess und dessen Komplexität ein interessanter Gesichtspunkt.

An der Umfrage haben sich Verlagsmitarbeiter aller Unternehmensgrößen beteiligt. Dies lässt sich trotz der Tatsache, dass nur die Hälfte der Umfrageteilnehmer die statistischen Fragen beantwortet hat, festhalten. Wie genau die Angaben sind, das heißt, ob der Umsatz oder die Mitarbeiterzahl eventuell geschätzt sind, lässt sich nicht nachprüfen.

Abb. 1: Verlagsgröße/Umsatz in Mio. Euro

Abb. 1: Verlagsgröße/Umsatz in Mio. Euro

Der größte Teil der Befragten (45%) arbeitet in einem Verlag mit einem Jahresumsatz bis zu 50 Mio Euro. Da nur 32 Verlage im Ranking der Top 100 größten Verlage in Deutschland, Österreich, Schweiz die 50-Mio-Marke übertreffen, war die Wahrscheinlichkeit groß, aus diesem Segment die meisten Antworten zu erhalten.

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Die zweitgrößte Gruppe mit 27% der Umfrageteilnehmer bilden die 12 Verlagsmitarbeiter aus Verlagen mit 50 bis 100 Mio Euro Jahresumsatz. Aufgrund der angegebenen Mitarbeiterzahl und der Verlagsart kann davon ausgegangen werden, dass diese Teilnehmer mindestens in sieben verschiedenen Verlagen arbeiten.

Fünf der Umfrageteilnehmer (11%) gaben an, aus einem Verlag der umsatzstärksten Kategorie (250-500 Mio Euro Jahresumsatz) zu kommen. Mindestens vier davon kommen, den Angaben der Mitarbeiterzahl und der Verlagsart nach, aus unterschiedlichen Unternehmen. Hier kann allerdings auch eine unterschiedliche Auffassung über die Einordnung des Verlags zu einer leichten Verzerrung der Ergebnisse führen. Sechs Antworten (16%) kamen aus Verlagen mit einem Jahresumsatz von 100 bis 250 Mio Euro. Davon gehören fünf nach Analyse der Angaben zu Mitarbeiterzahl und Verlagsart unterschiedlichen Verlagen an.

Ob sich die Umsatzgröße der Unternehmen positiv auf die Budgetierung der Veränderungsprozesse auswirkt, lässt sich anhand dieser Umfrage nicht feststellen. In Wirtschaftsunternehmen anderer Branchen werden zum Teil eigene Budgets für Change-Vorhaben eingeplant. Wie die Veränderungsprozesse in der Haushaltsplanung der Verlage Berücksichtigung finden, ist bislang nicht erforscht. Dies wäre ein Ansatzpunkt für weitere Studien zu diesem Thema.

Abb. 2: Verlagsgröße / Anzahl der Mitarbeiter

Abb. 2: Verlagsgröße/Anzahl der Mitarbeiter

Die Frage nach der Mitarbeiterzahl des Unternehmens ist besonders für die Kommunikationsprozesse während der Veränderungsinitiativen interessant. In der Theorie ist Kommunikation ein hochkomplexer Vorgang, und je mehr Personen involviert sind, desto komplexer wird es.

Diese Frage haben bis auf drei Ausnahmen dieselben Teilnehmer der Umfrage beantwortet, die auch Angaben zum Unternehmensumsatz gemacht haben. Die größte Gruppe der Umfrageteilnehmer bilden mit 40% diejenigen aus Verlagen mit bis zu 50 Mitarbeitern, relativ dicht gefolgt von zwölf Umfrageteilnehmern (26%) aus Verlagen mit 101 bis 250 Mitarbeitern. Die Verlage mit einer Mitarbeiterzahl von 51 bis 100 (13%), von 251 bis 500 und 500 bis 750 (jeweils 6%) und über 1000 (9%) bilden kleinere Teilnehmergruppen ab. Da es sich hier um Einschätzungen der Umfrageteilnehmer handelt, die nicht alle den kompletten Überblick über die Verlagsstrukturen haben, besteht die Möglichkeit einer falschen Einordnung der Mitarbeiterzahlen.

Abb. 3: Verlagstyp

Abb. 3: Verlagstyp

21 Umfrageteilnehmer (46%) geben an, in einem Publikumsverlag zu arbeiten. Damit bilden diese die größte Gruppe, dicht gefolgt von den Fachverlagsmitarbeitern (18 Antworten). Nur ein Teilnehmer gibt an, in einem Schulbuchverlag zu arbeiten, vier der Antwortenden (11%) können sich keiner der drei Verlagsarten zuordnen.

Die meisten Antworten stammen mit 45% von der Gruppe der Fachkräfte. Die zweitgrößte Gruppe bilden die zwölf Abteilungsleiter (27%). Fünf Personen (11%) geben ihre Funktion im Verlag als Projektleiter an und drei (7%) rechnen sich der Gruppe der Geschäftsführer zu. Zusätzlich wurden von vier Umfrageteilnehmern (9%) andere Funktionen genannt, und zwar Prokurist, Verlagsleiter, Teamleiter und Stabsstelle. Daraus ergibt sich eine gute Mischung aus Entscheidungsträgern, den Führungskräften, welche die Veränderungsprozesse steuern müssen, und den Mitarbeitern, welche die Veränderungsprozesse mit umsetzen müssen.

Abb. 4: Funktion im Verlag

Abb. 4: Funktion im Verlag

Dabei war es interessant, ob diese Gruppen unterschiedliche Sichtweisen, insbesondere in Bezug auf die Kommunikationsweise, zeigten.

Die Abteilungszugehörigkeit der Umfrageteilnehmer ist relativ breit gestreut. Die meisten Teilnehmer (26%) gehören der Herstellungsabteilung ihrer Verlage an. Die zweitgrößte Gruppe (18%) ist aus den Marketingabteilungen der Unternehmen. Mit sechs Antworten (15%) bilden die Teilnehmer aus den Vertriebsabteilungen die drittgrößte Gruppe. Es folgen Lektorats- und Redaktionsangehörige (vier und fünf Umfrageteilnehmer), Controller und Mitarbeiter der Rechte- und Lizenzabteilung (jeweils 5%). Die wenigsten Antworten kamen aus den Abteilungen IT/Digital, Personalwesen und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (jeweils 3%).

Abb. 5: Abteilungszugehörigkeit

Abb. 5: Abteilungszugehörigkeit

Dies steht in völligem Gegensatz zu den Ergebnissen der untersuchten Studien aus der Wirtschaft. Dort kamen die meisten Antworten aus dem Bereich Personalwesen und die wenigsten aus der Produktion. Da in der Theorie das Change Management häufig im Personalwesen verankert ist, überrascht die geringe Antwortzahl aus diesem Bereich. Dies könnte auf branchenabhängige Strukturunterschiede hindeuten. Der Frage, wo in Verlagen Change-Management-Aufgaben verankert sind, müssen weitere Studien nachgehen.

Der größte Teil der Umfrageteilnehmer (38%) gibt an, über zehn Jahre im Verlag beschäftigt zu sein. Die zweitgrößte Gruppe mit 31% bilden die Beschäftigten, die seit vier bis zehn Jahren dem Verlag angehören. Die Antworten dieser beiden Gruppen basieren auf einer langjährigen Kenntnis des eigenen Verlags. Die übrigen knapp 31% der Umfrageteilnehmer geben eine Unternehmenszugehörigkeit von bis zu drei Jahren an.

Abb. 6: Dauer der Unternehmenszugehörigkeit

Abb. 6: Dauer der Unternehmenszugehörigkeit

Veränderungen und Change Management in der Verlagsbranche

Veränderungen spielen auch in der Verlagsbranche eine große Rolle. 85% der Befragten geben an, dass in den letzten fünf Jahren eine tiefgreifende Veränderung in ihrem Verlag stattgefunden hat.

Allerdings gaben lediglich 35% der Umfrageteilnehmer an, dass Change Management in ihrem Verlag zum Einsatz gekommen ist. Am häufigsten bejahten diese Frage Umfrageteilnehmer aus Fachverlagen (neun Nennungen). Auffällig ist der relativ starke Rückgang der Antworten zwischen diesen Fragen von 75 Teilnehmern auf 54. Die Möglichkeit besteht, dass die Teilnehmer nichts mit dem Begriff des Change Management anfangen konnten.

Kommentare der Teilnehmer zeigen, welche Unsicherheit in Bezug auf den Begriff des Change Management herrscht. Hier zeigt sich wieder die Fülle an unterschiedlichen Definitionen. Für diese Frage wurde daher bei Bedarf ein Infofeld eingeblendet, das die für diese Arbeit genutzte Definition von Change Management enthielt. Es ist auch denkbar, dass die Teilnehmer nicht beurteilen konnten oder nicht sicher waren, ob Change Management zum Einsatz kam. Eine zusätzliche Antwortoption hätte hier eine klarere Aussage liefern können.

Die angestrebten Ziele der Veränderungsvorhaben sind vielfältig. Bei der Frage nach den Zielen des letzten abgeschlossenen Veränderungsprozesses war es möglich, bis zu drei Antwortoptionen auszuwählen. Diese Option zur Mehrfachnennung hat die Mehrheit der Befragten genutzt.

Abb. 9: Ziele der Veränderungsprozesse

Abb. 9: Ziele der Veränderungsprozesse

Die wichtigsten drei Ziele bilden

  • Workflow-Verbesserung (38 Nennungen)
  • Einführung neuer Geschäftsmodelle (25 Nennungen)
  • Verbesserung der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit (23 Nennungen)

Hier spiegelt sich die voranschreitende Digitalisierung wider. E-Books und weitere digitale Inhalte verändern die Arbeitsabläufe und die Zusammenarbeit im Verlag und erfordern neue Geschäftsmodelle. Weitere technische Neuerungen, beispielsweise Augmented Reality und ihre Möglichkeiten, werden diesen Trend weiter vorantreiben.

Die Kostensenkung, eine der wichtigsten Zielvorgaben in den Vergleichsstudien, rangiert in der Verlagsbranche mit 19 Nennungen eher im Mittelfeld, zusammen mit der Erleichterung der Crossmedialität (15 Nennungen) und der Erschließung neuer Kundengruppen (elf Nennungen). Eine völlige Neuausrichtung des Verlags wurde von den wenigsten als Ziel der Veränderung genannt (neun Nennungen).

Abb. 10: Grad der Zielerreichung

Abb. 10: Grad der Zielerreichung

Lediglich zwei der Befragten (4%) gaben an, dass die Zielvorgaben nicht erreicht wurden. Auch die Erreichung aller Ziele wurde nur von fünf Personen (11%) genannt. Die überwiegende Mehrheit (36 Nennungen) gab an, dass die Ziele nur zum Teil erreicht wurden. Dabei lässt sich nach Analyse der Rohdaten kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Verwendung von Change Management und der Zielerreichung feststellen. Auch die Größe der Unternehmen hat darauf keinen besonderen Einfluss.

Drei der Umfrageteilnehmer gaben an, nicht beurteilen zu können, ob die Ziele erreicht wurden. Darunter war ein Befragter, der auch nicht wusste, welche Ziele mit der Veränderung verfolgt wurden. Dies kann ein Indiz für mangelnde Kommunikation im Verlag sein, zumal einer der drei Teilnehmer eine Führungsposition im Verlag einnimmt, das heißt eigentlich an der Quelle der Information sitzen müsste. Die Kommunikation während des Change-Prozesses bewertet dieser Umfrageteilnehmer allerdings eher positiv.

Wie in der Theorie beschrieben, sollte die Kommunikation in Change-Prozessen möglichst offen, klar, konsistent, transparent, frühzeitig und zielgruppenspezifisch erfolgen. Wie diese Theorie in der Praxis von den Buchverlagen angewendet wird, wurde in der Umfrage erfragt. Dabei wurden durch eingebaute Filter im Fragebogen ausschließlich die Teilnehmer mit Change Management-„Erfahrung“ befragt. Dadurch entsteht folgendes Bild:

Abb. 11: Qualität der Change-Kommunikation

Abb. 11: Qualität der Change-Kommunikation

Diese Frage haben Verlagsmitglieder unterschiedlicher Funktionsstufen beantwortet – von Mitarbeitern über Projektleitern bis hin zu Abteilungsleitern. Dabei ist auffällig, dass besonders unter den Mitarbeitern die Kommunikation tendenziell schlechter bewertet wurde als von den übrigen Hierarchieebenen. Insbesondere bei der Offenheit und der Frühzeitigkeit der Change-Kommunikation rangieren die Antworten im negativen Bereich. Aber auch unter den Befragten in Führungsfunktionen gibt es Umfrageteilnehmer, die die Kommunikation im Change-Prozess für ihren Verlag in Gänze schlecht bewerten.

Insgesamt geht die Bewertung der einzelnen Kommunikationsaspekte tendenziell in den negativen Bereich, das heißt den Aussagen wird eher nicht zugestimmt. Am schlechtesten werden die Einheitlichkeit, das heißt Konsistenz der Kommunikation, und das Timing der Kommunikation, das heißt die frühzeitige Kommunikation, bewertet. Die meiste Zustimmung gab es für den Punkt „zielgruppenspezifische Kommunikation“. Anhand dieser Umfrage lässt sich kein direkter Bezug zwischen Mitarbeiterzahl und positiven bzw. negativen Bewertungen feststellen. Die Antworten deuten darauf hin, dass die Kommunikationsprozesse weiter optimiert werden können, insbesondere in Sachen Transparenz, Kontinuität und Frühzeitigkeit.

Vergleicht man diese Werte mit den Kommunikationsinstrumenten, die hauptsächlich in den Change-Prozessen genutzt wurden, lässt sich kein Instrument bzw. keine Kombination der Instrumente ausmachen, die bei mehreren Umfrageteilnehmern zu durchweg positiven Bewertungen geführt haben. Es ist auffällig, dass bei ausschließlicher Nutzung eines einzigen Instruments bzw. eher unpersönlicher Kommunikationsinstrumente wie Newsletter oder Intranet die Bewertungen der einzelnen Kommunikationsaspekte eher schlecht ausfallen. Tendenziell bessere Bewertungen der Kommunikation kamen von Umfrageteilnehmern, die eine Kombination aus persönlichen Gesprächen und Teamrunden als Kommunikationsinstrumente angegeben haben.

Es hängt letztlich von der Umsetzung des gesamten Kommunikationsprozess und seinen Rahmenbedingungen im Verlag ab, ob die Kommunikation erfolgreich verläuft. Außerdem bleibt die Kommunikation immer ein sehr subjektiv empfundener Vorgang. Ein „Allheilmittel“ gibt es nicht.

Abb. 12: Hauptsächlich verwendete Kommunikationsmaßnahmen im letzten Veränderungsprozess

Abb. 12: Hauptsächlich verwendete Kommunikationsmaßnahmen im letzten Veränderungsprozess

Auch bei der Frage nach den beobachteten Problemen während des letzten Change-Prozesses war eine Mehrfachnennung möglich. Von den Umfrageteilnehmern wurde am häufigsten der offene Widerstand gegen den Wandel genannt (13 Nennungen). Es liegt die Vermutung nahe, dass die Indikatoren passiven Widerstands in den meisten Fällen nicht erkannt und daher in dieser Umfrage nicht genannt wurden. Neun der Befragten registrierten eine sinkende Produktivität, fünf einen erhöhten Krankenstand und fünf eine hohe Fluktuationsrate, das heißt vermehrt auftretende Kündigungen. Dies deutet auf passive Widerstände im Unternehmen und ungenügendes Emotionsmanagement hin. Die offenen Kommentare stützen dieses Bild. Es werden zusätzlich zu den vorgegebenen Antwortoptionen Stress bis hin zur seelischen Überforderung der Mitarbeiter genannt sowie Unzufriedenheit während des Change-Prozesses. Zusätzlich bemerken die Umfrageteilnehmer eine hohe Komplexität bei immer wieder nachzujustierenden Zielen und Optionen und einen hohen Qualifikationsbedarf und -aufwand.

Abb. 13: Beobachtete Probleme während des letzten Change-Prozesses

Abb. 13: Beobachtete Probleme während des letzten Change-Prozesses

Die Präferenzen in Bezug auf die angewandten Change-Management-Maßnahmen ähneln den Ergebnissen der branchenübergreifenden Change-Management-Studien. Zu beachten ist die deutlich höhere Zahl der Studienteilnehmer. Ein direkter Vergleich ist somit nur bedingt aussagefähig.

Abb. 14: Bewertung der angewandten Change-Maßnahmen

Abb. 14: Bewertung der angewandten Change-Maßnahmen

Nahezu ausgeglichen sind in dieser Umfrage nur zwei Gegensatzpaare: es gibt sowohl pragmatische als auch strategisch geplante Change Maßnahmen in der Verlagsbranche. Ausgewogen sind auch technisch gestützte und Face-to-face-Maßnahmen mit einer Tendenz zu face-to-face.

In der Verlagsbranche werden die angewandten Maßnahmen etwas persönlicher bzw. beziehungsorientierter eingestuft als in der Vergleichsstudie und sind tendenziell fokussiert auf einzelne Unternehmensbereiche. Auf bewährte Methoden wird in beiden Fällen bevorzugt zurückgegriffen. Als innovativ bewerten nur drei der Umfrageteilnehmer aus der Verlagsbranche die Maßnahmen im Changeprozess. Die Ansätze sind sowohl in dieser Umfrage als auch in der Vergleichsstudie top-down gesteuert und kaum viral bzw. bottom-up. Die Ausprägung von gesteuerten Top-down-Ansätzen ist in der Verlagsbranche stärker. Ebenfalls stärker ausgeprägt ist die Bevorzugung von direktiven Change-Maßnahmen. In der Vergleichsstudie sind partizipative und direktive Elemente nahezu ausgeglichen.

In den nächsten Jahren erwarten die Umfrageteilnehmer insbesondere drei große Herausforderungen, bei deren Bewältigung Change Management eine Rolle spielen wird. An erster Stelle steht dabei das veränderte Nutzungsverhalten der Kunden (37 Nennungen), gefolgt von fortschreitender Digitalisierung und Kostendruck (jeweils 30 Nennungen). Diese drei Aspekte sind eng miteinander verknüpft. Die Digitalisierung hat Einfluss auf das Nutzungsverhalten der Menschen, und die Verlage müssen neue Geschäftsmodelle entwickeln um sich diesen Veränderungen anzupassen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Einen verstärkten Wettbewerb erwarten 39% der Befragten. Im Gegensatz zu anderen Branchen ist der demographische Wandel und der damit verbundene Fachkräftemangel kein Thema. Auch gesetzliche Rahmenbedingungen oder Regulierungen werden, zumindest in Bezug auf Change Management, nur von einer Minderheit als Herausforderung gesehen.

Abb. 15: Erwartete Herausforderungen der nächsten 5 Jahre, bei denen Change Management im Verlag eine Rolle spielen wird

Abb. 15: Erwartete Herausforderungen der nächsten 5 Jahre, bei denen Change Management im Verlag eine Rolle spielen wird

Fazit

Change Management als ganzheitlicher Ansatz des Veränderungsmanagements kommt in der Verlagsbranche erst seit 2008 langsam in den Fokus. Tiefgreifende Veränderungsmaßnahmen, zum Beispiel bezüglich des Workflows, sind jedoch spätestens seit der Entwicklung der E-Book-Technologie in den meisten Verlagen nötig geworden. Durch die fortschreitende Digitalisierung und die damit veränderte Mediennutzung wird es auch in Zukunft wichtig sein, den Wandel im Unternehmen aktiv zu gestalten.

Alte Phasenmodelle zu Veränderungsprozessen, wie die von Lewin oder Kotter, sind in der heutigen Zeit kaum noch anwendbar, da die Komplexität seit deren Entwicklung stark zugenommen hat. Veränderungen in Unternehmen vollziehen sich heute in viel kürzeren Abständen und teilweise parallel zueinander, der Wandel ist somit zum Dauerzustand geworden. Die ursprünglichen Phasenmodelle dienen jedoch bis heute als Grundlage für die Entwicklung neuer Modelle. Change Management kann auf unterschiedlichste Weise umgesetzt werden, denn ebenso vielfältig wie die Definition von Change Management sind die Instrumente, um Veränderungsprozesse zu gestalten.

Unter den Umfrageteilnehmern aus der Verlagsbranche herrscht Verunsicherung, was Change Management genau ist. Nur bei einem Drittel der Teilnehmer wurde bei einer Veränderungsinitiative eine Begleitung durch Change Management wahrgenommen. Dennoch zeigt die Umfrage, dass Veränderungsprozesse nicht zwingend schlechter ablaufen als in anderen Branchen, wobei die Größe des Verlags keine entscheidende Rolle zu spielen scheint.

Change Management ist in anderen Wirtschaftsbranchen ein fester Bestandteil der Unternehmensführung und der Personalmanager geworden. In Fachzeitschriften wird diese Form des Veränderungsmanagements regelmäßig thematisiert und seit Jahren durch Studien erforscht. Von dieser Erfahrung kann auch die Verlagsbranche profitieren, auch wenn es deutliche Unterscheide bezüglich der Unternehmensgrößen gibt.

Eines der Schlüsselelemente in Veränderungsprojekten ist die Change-Kommunikation. Hier treten die meisten Probleme auf und führen häufig dazu, dass ganze Change-Projekte scheitern. Kommunikation ist auch ohne anstehende Veränderungsinitiativen ein hochkomplexer Prozess und die Grundlage jeglicher Unternehmung. Kommunikation findet in allen Bereichen statt und kann je nach Umsetzung positiv oder negativ wirken. Mit Offenheit, Klarheit, Konsistenz, Transparenz, Timing und zielgruppenspezifischer Kommunikation haben sich sechs Faktoren herauskristallisiert, die den Erfolg von Kommunikation positiv beeinflussen können. Die Umfragewerte sprechen dafür, dass auch in der Verlagsbranche diesbezüglich großes Verbesserungspotenzial herrscht. Die zielgruppenspezifische Kommunikation wird danach in den Verlagen von allen Faktoren am besten umgesetzt. Dabei ist durch die Umfrage kein klarer Zusammenhang zwischen Mitarbeiterzahl und der Kommunikationsqualität zu erkennen. Es zeigt sich aber, dass unpersönliche Kommunikationsinstrumente tendenziell schlechter wirken als persönliche „face-to-face“-Kommunikation.

In Zeiten des Unternehmenswandels kommen zusätzliche Faktoren hinzu, die den Kommunikationsprozess erschweren und Widerstände gegen den Wandel erzeugen können: Emotionen und falsch interpretierte Führungsrollen bzw. das strikte Festhalten an alten Unternehmensstrukturen, die den aktuellen Gegebenheiten nicht angepasst sind. Auch die Unternehmenskultur, die im Normalfall für Orientierung sorgt, kann dabei zum Stolperstein werden, wenn sie von den Unternehmensmitgliedern als unveränderlich angesehen wird. Führungskräfte nehmen in Veränderungsinitiativen eine zentrale Rolle ein. Der stetige Unternehmenswandel stellt neue Anforderungen an sie. Ganzheitliches Denken wird wichtiger, und besonders das Emotionsmanagement wird in Veränderungsprozessen zu einem wichtigen Erfolgsfaktor für die Führungsarbeit. Dabei darf nicht unbeachtet bleiben, dass die Führungskräfte im Unternehmenswandel eine Doppelrolle einnehmen – als Betroffene und gleichzeitig Initiatoren des Wandels. Dementsprechend müssen sie zum Beispiel durch Schulungen auf die neuen Anforderungen gründlich vorbereitet werden.

Der Kommunikationsprozess in Veränderungsvorhaben – ob nun als Change Management betitelt oder nicht – muss strategisch geplant, sich verändernden Gegebenheiten angepasst und gründlich durchgeführt werden. Dies alles benötigt viel Zeit. Meist ein Faktor, der wenig beachtet wird, wenn durch Veränderungsinitiativen lediglich auf akute Fehler reagiert wird und unter Zeitdruck nicht die Ursachen dieser Probleme behandelt werden – zumal diese Change-Maßnahmen meist parallel zum normalen Tagesgeschäft gehandhabt werden müssen. Eine Garantie für gelingende Kommunikation gibt es nicht. Dazu ist der Kommunikationsprozess zu komplex und zu stark von subjektiven Empfindungen und Erfahrungen abhängig. Jedoch kann schlecht geplante bzw. gar nicht geplante Kommunikation den gesamten Veränderungsprozess zum Scheitern verurteilen, egal wie gut dieser durchdacht ist. Zusätzlich dazu kann auch die „normale“ Arbeit darunter leiden.

Auch wenn die Umfrage aufgrund der geringen Rücklaufquote nicht repräsentativ ist, ergibt sich daraus ein grobes Bild vom Umgang mit Veränderungsinitiativen und Change Management in Verlagen, das nachfolgende Untersuchungen weiter verfeinern können. Anhand der Umfrage haben sich einige interessante Ansatzpunkte ergeben, die weiterverfolgt werden können. So zum Beispiel die Fragen, in welchem Funktionsbereich der Verlage die Verantwortung für Change-Projekte angesiedelt ist, welche Führungsstile in den Verlagen tatsächlich angewandt werden, welches Budget für Veränderungsprojekte zur Verfügung steht und auf welche Weise sich der Nutzen von Change Management messen lässt.

Zur vollständigen graphischen Auswertung der Umfrage.

Mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

 

Gesa Behrens ist nach einem Studium der Buchhandels- und Verlagswirtschaft sowie des Verlags- und Handelsmanagements an der HTWK und nach Stationen im Buchhandel als Marketing- und Vertriebsmanager bei der  Evangelischen Verlagsanstalt beschäftigt.

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