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Digitalisierung von »Legal Tech« bis »Krankenhaus 4.0«

Im zunehmend digitalen Fachinformationsgeschäft bricht die Zeit originärer Digitalprodukte an. Sie reichen von unterstützenden Workflow-Lösungen bis zur (Teil-)Automatisierung von Prozessen.

Die angestammten Printinhalte nahezu deckungsgleich in Datenbanken abzubilden und das Digitalisierung zu nennen, war einmal: Die Fachinformationsanbieter arbeiten sukzessive an größeren Lösungen, die ihren Kunden Zeit und Arbeit ersparen sollen.

Tools durchsuchen heute Quellen und erstellen Verträge

Im juristischen Bereich hat diese nächste Stufe der Digitalisierung einen griffigen Namen bekommen: „Legal Tech“ beflügelt die Fantasie und zunehmend auch die Investitionsbereitschaft im Rechtsmarkt. Versteht man darunter die Nutzung juristischer Fachdatenbanken wie Beck-online oder Juris und Programme zum Dokumentenmanagement, dann ist Legal Tech längst geübte Praxis. Allerdings ist das nur der erste Schritt einer Entwicklung, bei der es letztlich um die Standardisierung und (Teil-)Automatisierung von Arbeitsprozessen geht. In einer Studie von Wolters Kluwer Deutschland und Corporate Legal Insights (CLI) beispielsweise werden drei Evolutionsstufen unterschieden, die immer tiefer in die juristische Kernarbeit vordringen:

  • Legal Tech 1.0: Nutzung von Software für Büroorganisation, Webkonferenzen, juristische Fachdatenbanken, Webinare
  • Legal Tech 2.0: (Teil-)Automatisierung einzelner Arbeitsschritte, z.B. die Erstellung von Verträgen und Klageschriften
  • Legal Tech 3.0: Software-Lösungen, die autonom die gesamte Prozesskette auch komplexer Rechtsdienstleistungen abwickeln.

Neben etlichen Start-ups sehen auch RWS-Fachverlage, teilweise ohnehin schon in der Software-Entwicklung aktiv, das Potenzial des neu entstehenden Marktes und richten ihre Aktivitäten entsprechend aus. Einige Beispiele:

  • Wolters Kluwer: In Deutschland wird die Marke Jurion aufgegeben und durch das breiter angelegte neue Portal Wolterskluwer-online ersetzt. Dort soll das gesamte Lösungsangebot für die juristischen Zielgruppen angeboten werden. Ein angedocktes Projekt ist eine Ähnlichkeitssuche: „Ziel ist es, dass der Kunde einen Sachverhalt eingibt und das System das passende Urteil dazu findet und dass er dann vielleicht ausgehend von einem bestimmten Sachverhalt Prognosen treffen kann“, erklärt Legal-Digitalchef Christian Lindemann. Parallel entsteht u.a. auch eine Expertenlösung fürs Baurecht, bei der die Mandatsdaten analysiert, strukturiert und ausgewertet werden, „damit sich der Jurist nicht mehr durch 120 Ordner kämpfen muss“.
  • Dr. Otto Schmidt: Der Fachverlag kooperiert mit dem Start-up Lawlift bei der Dokumentenautomation. Lawlift stellt das technische System bereit, Otto Schmidt bringt seine redaktionell erstellten Musterverträge ein. „Das ist auf beiden Seiten ein Veränderungsprozess“, berichtet Andre Schaper, Geschäftsbereichsleiter Elektronische Medien bei Otto Schmidt. Jeder müsse seine Produkte weiterentwickeln, denn: „Ein Muster aus dem Formularbuch sieht bei einer automatischen Verarbeitung anders aus.“
  • Bundesanzeiger Verlag: Das Haus hat vor 5 Jahren mit dem spezialisierten Anbieter Cosinex das Joint Venture DTVP Deutsches Vergabeportal gegründet. Darüber werden Vergabelösungen angeboten, mit denen öffentliche Stellen ihre Ausschreibungen komplett elektronisch abwickeln können.

Diesen Weg vom Inhalte- zum Lösungsanbieter hat im RWS-Bereich Haufe besonders offensiv beschritten. Neben eigener Software-Entwicklung wird auch Kow-how zugekauft, zuletzt eine Minderheitsbeteiligung an Kontist, das Geschäftskonten für Selbstständige anbietet, inklusive nutzwertiger Tools wie eine Echtzeit-Steuereinschätzung.

 

Platz für klassische Fachinformation bleibt

Die Beispiele zeigen: Vielfach spielen Zeitersparnis, Effizienz und die Auslagerung von Routinearbeiten eine Rolle. Klassische Fachinformation werde aber weiterhin gebraucht, prognostiziert Markus J. Sauerwald, Verlagsleiter des RWS Verlags, denn: Neue Rechtsentwicklungen bräuchten kreative Ideen, was absehbar nicht von künstlicher Intelligenz geleistet werden könne. Und auch das Basiswissen braucht es weiter. „Deswegen werden wir weiterhin Informationen anbieten, für die es auch im Buchformat eine Sockelnachfrage geben wird.“

 

Bausteine für die digitale »Patient Journey«

Im Gesundheitswesen zeigen sich ähnliche Tendenzen: „Moderne Technologien und IT-gestützte Prozesse können dabei helfen, die vorhandenen Ressourcen in einer Klinik besser zu nutzen, sodass auch bei steigenden Anforderungen eine gute Patientenversorgung gewährleistet werden kann“, ist Siegfried Steindl, Verlagsleiter Medizin 1 bei Thieme, überzeugt. Der Verlag will seine Angebote ins „Krankenhaus 4.0“ integrieren und entwickelt auf Inhaltebasis passgenaue Wissens- und Prozesslösungen, u.a. in den Bereichen:

  • praxisorientierte Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachkräften
  • Patientenaufklärung und fundierte Patientenkommunikation
  • Pflegedokumentation

Zudem werden auf Basis von Big Data intelligente Tools entwickelt, die bei der Unterstützung von Diagnostik und Therapie helfen.

Thieme eRef

Die Thieme-Gruppe unterhält zahlreiche Fachportale für verschiedene Zielgruppen. Der Leistungssprung besteht dabei in der Kompilation vielfältiger Informationen und Quellen sowie der Funktionalitäten – am Beispiel der „eRef“-Plattform:

  • Konzipiert wurde sie vor allem für Kliniken und niedergelassene Ärzte.
  • Sie erlaubt den Zugriff auf die Inhalte medizinischer Fachbücher, Zeitschriften und Datenbanken sowie auf ein Bildarchiv und Videos.
  • Die Inhalte sind nach Diagnosen und medizinischen Sachverhalten sortiert und umfassen in einem „Cockpit“ jeweils Informationen etwa zur Anatomie, Diagnostik, Bildgebung, Therapieoptionen, Komplikationen, Leitlinien, OP-Videos und Nachbehandlung sowie Materialien wie Patienten-Aufklärungsbogen.
  • Ein Thesaurus sorgt dafür, dass bei der Suche auch umgangssprachliche Begriffe und Synonyme erkannt werden.
  • Nutzer können eigene Inhalte einbinden.
  • In einem „Trainingscenter“ gibt es Fortbildungsangebote zur Vorbereitung von Facharztprüfungen.
  • Die Informationen können nicht nur von festen Rechnern, sondern auch mobil abgerufen werden und damit auch patientennah am jeweiligen „Point of Care“.

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