buchreport

»Erwartet Ihr wirklich, dass ich in meinem Laden umsonst für einen Konzern wie Amazon berate?«

Nicoletta Miller ist sauer. Die Münchner Buchhändlerin hat in ihrer Wortwahl in der Reichenbachstraße Schilder aufgehängt mit der Aufschrift: „Fotografieren verboten“, um zu verhindern, dass Menschen ins Geschäft kommen, sich womöglich noch beraten lassen, und am Ende mit ihrem Smartphone das Buch fotografieren, damit sie es später online bestellen können. Mit der „Süddeutschen Zeitung“ hat sie über die Aktion gesprochen – und kam schnell auch auf grundsätzlichere Handels- und Gesellschaftsthemen zu sprechen.

Das Problem, dass sich Kunden vor Ort nur informieren und am Ende doch bei der Online-Konkurrenz bestellen, gibt es schon länger. Jetzt habe es aber bedrohliche Ausmaße angenommen und das nicht nur bei ihr, sondern auch bei anderen Einzelhändlern, schildert Nicoletta Miller die aktuelle Lage und verweist dabei auf das letzte Weihnachtsgeschäft. 

Dass das Argument der günstigeren Angebote im Netz im Buchhandel unlogisch ist, sei vielen Kunden gar nicht bewusst: „Auch wenn wir ein gebildetes Publikum haben – 80  Prozent haben von der Buchpreisbindung keine Ahnung, schätze ich.“

Ds komplette Interview u.a. zu den Folgen für den stationären Einzelhandel finden sie bei sueddeutsche.de im Plus-Bereich.

Kommentare

5 Kommentare zu "»Erwartet Ihr wirklich, dass ich in meinem Laden umsonst für einen Konzern wie Amazon berate?«"

  1. Laden einfach schließen und Stammkunden mit einem Onlineshop bedienen. Fertig! Warum Lesungen, Veranstaltungen und sonstiges? Damit die Kommune ihr Kulturangebot weiter runterfahren kann? So lang der Staat Konzernen wie Amazon weiter bestmögliche Bedingungen ermöglicht (Steuern) und die Kommunen immer weiter den Einzelhandel bekämpfen (Hohe Parkgebühren, begrenzte Lieferzeiten für Fahrzeuge usw.), macht es keinen Sinn Einzelhandel zu betreiben.

    Solang uns die Verlage mit niedrigsten Rabatten beglücken und Amazon und Co. mit Höchstrabatten überschütten und die Bücher mutmaßlich auch noch kostenlos nach Polen fahren, macht es keinen Sinn einen Buchladen zu betreiben.

    Ich würde angsichts der Tatsache, daß mein Laden nur noch ein Showroom für Amazon ist, ganz sicher nicht die Leute belästigen, sondern einfach den Showroom schließen. Ich glaube nicht, daß diese Menschen in der Lage sind das Problem zu erkennen. Die haben bestimmt auch Alexa und lassen sich nicht nur Nachts im Schlafzimmer abhören. Es hats zahlreiche Aktionen in der Branche geben, es gibts zahlreiche Artikel in Zeitungen, diese Leute wollen das so., dem hat man sich anzupassen. Jetzt in Ruhe und Freiheit, oder halt später weils Geld nicht mehr da ist.

  2. Winfried Kieser | 6. April 2018 um 15:04 | Antworten

    Vermutlich waren Sie noch nie in dieser Buchhandlung, sonst könnten Sie genau diesen Vorwurf der Inhaberin gegenüber gerade nicht erheben. Angesichts der Bedrohung des gesamten Einzelhandels durch Onlineriesen ist Ihr Einwand lächerlich, vor allem, wenn man die Gewinnmargen im Buchhandel kennt. Behalten Sie im Gedächtnis oder schreiben Sie sich besser auf den Notizzettel, dass Sie im stationären Einzelhandel einkaufen, wo Sie beraten werden, Tipps erhalten und auf Neues stoßen, das außerhalb Ihrer maschinell erstellten Empfehlungsliste angeboten wird.

  3. Barbara Kreiß-Hasinger | 6. April 2018 um 11:59 | Antworten

    Sind Notizzettel und Gedächtnis auch verboten?
    Statt den Kunden, der ja nun schon im Laden ist mit Vorschriften zu konfrontieren, wären ein freundlicher Empfang und eine einladende Geste vielleicht hilfreicher.

  4. Sehr geehrter Herr Eickenhorst,

    welch tolle Charmeoffensiv-Ratschläge Sie da doch von Ihrem Schreibtisch aus irgendwo einem 5. Stock aus geben: „Geht auf die Kunden zu, veranstaltet mehr Lesungen, macht Vorlese-Nachmittage für Kinder.“ Wissen Sie nicht, was ganz ganz viele Buchhandlungen tagaus, tagein tun? Bei oftmals Sechstagewochen. Bei Innenstadtmieten. Und bei pünktlichen Gewerbesteuerzahlungen.
    Zudem: Sie lesen nicht genau: Das Buch, das zu bestellen Sie raten, ist doch bereits im Laden – und wird fotografiert. Das ist doch der Punkt!

    Schöne Grüße
    Markus Weber
    Moritz Verlag, Frankfurt/M.

  5. Dirk Eickenhorst | 6. April 2018 um 9:15 | Antworten

    Anstatt die potenziellen Kunden gleich mit dem Verbotsschild zu vergraulen, könnte man sie auch freundlich ansprechen, über die Buchpreisbindung informieren und anbieten, das Buch (vielleicht mit einem netten Lesezeichen garniert) bereits innerhalb 24 Stunden zum Abholen bereit zu haben.

    Ich kann die Verärgerung und Verzweiflung der stationären Buchhändler verstehen. Die Online-Shops machen ihnen in der Tat das Leben mehr als schwer. Aber Aggression scheint mir nicht die zielführende Emotion zu sein. Geht auf die Kunden zu, gewinnt sie mit Charme zurück. veranstaltet mehr Lesungen, macht Vorlese-Nachmittage für Kinder, spezialisiert Euch meinetwegen auf bestimmte Genres. Aber reibt Euch nicht im Kampf gegen einen Moloch auf, gegen den Ihr zwar bestehen, nicht aber obsiegen könnt.

    Der stationäre Buchhandel abseits von Handelsketten ist wichtig für die Bildung der Bevölkerung. Aber es soll auch Spaß machen, dort einzukaufen, sich zu informieren, einfach nur zu stöbern. Verbotsschilder oder aggressive Ansprache helfen da nicht.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihre Daten elektronisch gespeichert werden. Diese Einverständniserklärung können Sie jederzeit gegenüber der Harenberg Kommunikation Verlags- und Medien-GmbH & Co. KG widerrufen. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutz-Richtlinien

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*

Dossier

Aktuelles aus dem Handel

  • Mediengruppe Stein übernimmt weiteren Fachinformationshändler  …mehr
  • Supermilf-Pilotprojekt: »Viele Erkenntnisse«  …mehr

  • SPIEGEL-Bestseller im Blick

    Der SPIEGEL-Bestseller-Newsletter gibt Ihnen jede Woche kostenlos einen Überblick zu den Aufsteigern der neuen SPIEGEL-Bestsellerlisten.

    » Melden Sie sich hier kostenlos an.

    Wollen Sie sich darüber hinaus schon vorab und detailliert über die Toptitel von morgen informieren, um frühzeitig disponieren zu können?

    » Bestellen Sie das SPIEGEL Bestseller-Barometer ab 8 Euro pro Monat.

    Wenn Sie die SPIEGEL-Bestesellerlisten z.B. in Ihren Geschäftsräumen präsentieren wollen oder online in Ihren Web-Auftritt integrieren möchten, hat buchreport weitere Angebote für Sie.

    » Weitere Angebote zu den SPIEGEL-Bestsellerlisten