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Geschichten, die ein Sportlerleben schreibt

Sportlerbiografien, das sind aktuell vor allem Fußballerbiografien. Der FC Bayern München spielt dabei auch im Buch in der ersten Liga. Im stationären Buchhandel zündet das Segment offenbar nur teilweise.

Mal kein Fußballer: Gerd Schönfelder alias der „Stier von Kulmain“ ist der erfolgreichste deutsche Behindertensportler. Als Skirennfahrer holte er 16-mal Olympia-Gold und wurde 14-mal Weltmeister. Die autorisierte Biografie „Sieger. Das Leben des Gerd Schönfelder“ erscheint im Oktober beim Verlag Die Werkstatt.

Fußball gräbt anderen Sportarten multimedial das Wasser ab, dies zeigt auch ein Blick auf das Segment Sportlerbiografien: Es dominieren Bücher zu prominenten Spielern der Profiligen oder deren Trainern. Allein drei Novitäten erscheinen zum neuen Bayern-Coach Carlo Ancelotti, der selbst eine Karriere als Mittelfeldspieler hinter sich hat.

„Fußball ist nach wie vor Volkssport Nummer eins in Deutschland und garantiert dementsprechend viele interessierte Leser. Und der FC Bayern München hat als erfolgreichster Verein eine immense Medienpräsenz“, erklärt Pascale Breitenstein, Programmleiterin bei Riva, den fokussierten Output. Auch für Edel ist es laut Verlagsleiter Stefan Weikert „ungleich aufwändiger“, Zielgruppen außerhalb des Fußballspektrums zu erreichen. Die mediale Aufmerksamkeit sei bei anderen Sportarten nicht im selben Maße gegeben.

Zu den erfolgreichsten Titeln in diesem Segment zählt denn auch die Biografie des Torwarts Robert Enke, der an Depressionen litt und dessen Selbstmord 2009 die Fußballwelt erschütterte. Das bei Piper erschienene Buch erreichte 2010 Platz 2 der SPIEGEL-Bestsellerliste, verkauft wurden insgesamt 200.000 Exemplare.

Auch bei den Biografien von Sebastian Deisler („Zurück ins Leben“, Edel 2009), Uli Borowka („Volle Pulle“, Edel 2014) und Gerd Müller („Der Bomber der Nation“, Riva 2015) hat die Verknüpfung von persönlicher Geschichte und gesellschaftlichem Debattenthema – Depressionen, Alkoholismus im Profisport sowie Alzheimer – bei den Lesern verfangen. Die drei Bücher reüssierten ebenfalls auf der Bestsellerliste.

Inhaltlich darf es also durchaus anspruchsvoll sein. Daneben ist der Bekanntheitsgrad eines Sportlers laut Breitenstein (Riva) eine der wichtigsten Komponenten für die Veröffentlichung einer Biografie oder Autobiografie. Hinzu kommen der Sympathie- und Identifikationsfaktor einer Person sowie Anlässe wie Geburtstage, große sportliche Erfolge und Jahrestage sportlicher Events.

Von Starbiografie bis Lebensbilanz

Christoph Schottes, Lektoratsleiter beim Verlag Die Werkstatt, achtet bei neuen Publikationen zudem auf die Bedeutung des Spielers für die Fußballgeschichte und auf die Besonderheiten des Charakters: „Sperrige Typen sind, bei gleichen Leistungen als Fußballer, spannender als angepasste“, sagt Schottes. Das inhaltliche Spektrum reiche von aktuellen Starbiografien über die klassische Lebensbilanz und Schicksale („Auf der Kippe. Die zwei Leben des Michael Tönnies“, 2015) bis hin zu historischen Figuren wie dem jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch. Die Planung der Titel erfolge eher langfristig: „Auf kurzfristige Anlässe wie Vereinswechsel, Karriereende o.ä. mit einem Buch zu reagieren, ist eher schwierig“, so Schottes mit Blick auf die Qualität der Bücher.

Gleichwohl spielt der aktuelle Bezug bei Sportlerbiografien laut Edel-Verlagsleiter Weikert eine wichtige Rolle. Neben außergewöhnlichen Ereignissen oder Lebensgeschichten sind Meisterschaften oder Auszeichnungen wichtige Anlässe für die Veröffentlichung, da hier die geballte Aufmerksamkeit auf dem Thema liege. Piper-Programmleiter Belletristik Thomas Tebbe sekundiert: „Bei sehr aktuellen Themen können wir auch kurzfristig Projekte anschieben, in der Regel aber brauchen unsere Titel in diesem Segment einen gewissen Vorlauf.“

Bei der Haltbarkeit billigt Tebbe – wie bei anderen Sachbüchern auch – ein bis zwei Jahre zu, wobei es immer wieder Ausnahmen gebe. Für Weikert spielt neben Stil, Ansprache und Ausstattung die inhaltliche Relevanz eine tragende Rolle: „Wir möchten Bücher machen, die über sich hinausweisen und eine gewisse Allgemeingültigkeit haben.“ Diese würden sich auch über eine Saison hinaus verkaufen.

Weikert findet es deshalb schade, dass der stationäre Buchhandel „sich zum Teil noch immer etwas schwerzutun scheint mit Büchern, deren Protagonisten etwas Unliterarisches anhaftet – ungeachtet diverser großer Bestseller auf diesem Gebiet“. Sei die Unterstützung der Buchhändler vorhanden, sieht er keinen überdurchschnittlichen Online-Anteil beim Vertrieb dieser Titel.

Nicole Stöcker stoecker@buchreport.de

Foto: B. Volkmer

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