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Social Machines verändern die Wissensvermittlung

Bei der 11. Auflage der Academic Publishing in Europe (APE) Anfang dieser Woche stand die Neugestaltung der Wissenskommunikation auf der Agenda im Zeichen eines rapide wachsenden Veröffentlichungsdrucks. Arnoud de Kemp (Foto: Mike Minehan) organisiert die Konferenz. Im buchreport-Gespräch äußert er sich zu den aktuellen Entwicklungen in der Wissenschaftskommunikation.

Wie ist die Ausgangslage im wissenschaftlichen Informationsfluss 2016?

Der Output wächst, es gibt immer mehr Wissenschaftler. Jetzt kommen die Chinesen, die die USA und Europa überholen werden. Sie bieten immer mehr Aufsätze an, um in Zeitschriften publiziert zu werden. Auch das publizierte Material verändert sich: Die Zusammenfassung in Form eines Aufsatzes wird immer mehr um Daten ergänzt, damit man den Inhalt nachvollziehen beziehungsweise reproduzieren kann. „Big Data“ sowie zugängliche und interpretierbare Forschungsdaten werden immer wichtiger.
Wie lässt sich die Masse organisieren?
Wir brauchen eine Informationsinfrastruktur mit sogenannten „Permanent Identifiers“. Was ISBNs für die Buchwelt sind, sind „Digital Object Identifiers“ (DOI) für das Internet. Initiativen wie der DOI-Service Crossref und ORCID erweitern das Spektrum. In den USA wird gefordert, dass Wissenschaftler sich bei ORCID registrieren lassen, damit man weiß, dass Dr. Meier nicht immer gleich Dr. Meier ist. 
Wie steht es um die Qualitätsdiskussion?
Die Verlage stellen fest, dass immer öfter plagiiert und unsauber zitiert wird. Vor allem in neu gegründeten Zeitschriften und Open-Access-Kanälen, wo es mehr um Masse als um Klasse geht, ist das ein Problem?…
Es gilt weiterhin als Ziel für Wissenschaftler, in Zeitschriften mit einem hohen Renommee zu publizieren, die sich durch eine solide Redaktion und Peer-Review auszeichnen. Die Ablehnungsrate liegt hier allerdings bei über 50%. Das heißt auch: Über 50% der Arbeit ist nicht sichtbar, muss aber trotzdem bezahlt werden. Die nachhaltige Finanzierung des Publizierens ist ein großes Thema, vor allem in Großbritannien und den USA, wo die Forschungsbudgets unter Druck stehen. In Deutschland gibt es unterschiedliche Förderkanäle. Deshalb sind die Erwartungen der Geldgeber sehr unterschiedlich.
Die Verfügbarkeit ist die andere Seite des Publizierens. Wie steht es um den offenen Zugang?
Seit dem Bestehen des Internets hat sich in der wissenschaftlichen Kommunikation sehr viel geändert: Man schreibt nicht mehr mit dem Computer, sondern für den Computer, in dem alles gespeichert wird und in Datenbanken zur Verfügung steht. Suchmaschinen helfen zu finden, was man sucht. Aber man findet nicht alles, weil viele Datenbanken verschlüsselt sind. Auch deswegen wird der Ruf nach freiem Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen immer stärker. 
Mit welchem Ausgang?
Der Ruf nach für den Leser kostenlosem Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen wird seit der ersten Open-Access-Konferenz der Max-Planck-Gesellschaft 2003 auch in der Öffentlichkeit immer stärker gefordert. Die niederländische Ratspräsidentschaft wird diese Entwicklung auf europäischer Ebene beschleunigen. Das kündigte Staatssekretär Sander Dekker bereits auf der APE 2015 an. In Brüssel ist Open Access gleich Open Science und auch hier kündigen sich große Initiativen an. Prof. Barend Mons, ein Bioinformatiker der Universität Leiden, hat die „European Open Science Cloud“ vorgestellt, wo „Social Machines“ ganz neue Wege in der Wissensvermittlung und Erkenntnisgewinnung – das berühmte „Discovery“ – ermöglichen werden. 
Kleine oder große Schritte?
Vielleicht sagen wir in einigen Jahren, dass die APE 2016 eine Wende in der wissenschaftlichen Kommunikation und somit im wissenschaftlichen Publizieren markiert hat. Zum ersten Mal wurde über „Social Machines“ gesprochen, mit denen die Informatik auf „Big Data“ trifft und Ergebnisse präsentiert werden, die wir so noch nie gesehen haben. 

Eine Analyse der Tendenzen ist im buchreport.magazin 2/2016 geplant, das Sie hier bestellen können.

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