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Im Bunker

Streng abgeschirmt arbeiteten internationale Übersetzer im Keller von Mondadori (Foto: Axel Merz).

Weltweit fiebern die Fans des Thriller-Autors Dan Brown dessen nächster Veröffentlichung entgegen. In „Inferno“ (erscheint weltweit am 14. Mai, hierzulande bei Bastei Lübbe) soll der Symbologe Robert Langdon zum vierten Mal auf die Geheimnisse dieser Welt losgelassen werden. Doch bevor die Leser es sich mit dem Buch auf der Couch gemütlich machen können, mussten die Übersetzer ans Werk. Damit keine Information zum neuen Roman zu früh an die Öffentlichkeit dringt, ließen die Übersetzer ganz besondere Arbeitsbedingungen über sich ergehen. Das italienische Magazin  „TV Sorrisi e Canzoni“ blickt hinter die Kulissen einer streng geheimen Übersetzerwerkstatt in Mailand.

Kein Kontakt zur Außenwelt – fast zwei Monate lang 

Von Mitte Februar bis Anfang April waren Übersetzer aus Frankreich, Spanien, Deutschland, Brasilien und Italien täglich im Mondadori-Gebäude vor den Toren Mailands zusammengekommen, berichtet das Magazin und beschreibt ein unterirdisches, schwer bewachtes „Versteck“, bewaffnete Wachposten inklusive. Jeden Morgen seien die Übersetzer von einem Van hergebracht und jeden Abend von einem Van in ihre Hotels zurückgefahren worden. In der Zwischenzeit sei ununterbrochen gearbeitet worden – Handys oder Ähnliches waren strengstens untersagt, die Computer wurden festgeschraubt und versiegelt und einen Internet-Zugang gab es nur an einem gesonderten Arbeitsplatz unter Sonderaufsicht (siehe Regeln am Ende des Artikels). 

Für die Übersetzer war die Zeit eine ungewöhnliche Erfahrung. „Das war eine komplette Änderung der Routine. Normalerweise arbeiten die Übersetzer allein, zu Hause.“, zitiert das Blatt den Brasilianer Fabiano Morais. Neben den Entsagungen im „Bunker“ habe es aber auch Vorteile gegeben, erklärte die Französin Carole Delporte. „Die Erfahrung im Bunker hat uns erlaubt, uns gänzlich in das Buch von Dan Brown zu versenken“. Die strengen Bedingungen hätten, wenn überhaupt, nur am Anfang Einfluss auf die Stimmung gehabt. Annamaria Raffo, Übersetzerin aus Italien, sagte dem Magazin, am Ende habe eine Stimmung „wie in der Pause auf dem Schulhof“ geherrscht.

Für Lübbe waren die deutschen Übersetzer Axel Merz und Rainer Schumacher in Mailand am Text-Werk; Ruggero Leo hat direkt in Mailand lektoriert, damit der eng gesteckte Zeitplan eingehalten werden konnte. 

Die Regeln im Bunker:

(Quelle: „TV Sorrisi e Canzoni“)

1. Die Übersetzer durften mit niemandem über die Handlung des Buches reden.

2. Die Übersetzer konnten kein mit dem Buch verbundenes Material aus dem Bunker mitnehmen; am Tagesende mussten sie das gesamte Material, einschließlich ihres papiernen Exemplars des zu übersetzenden Textes und der während des Tages sowohl in Papierform als auch digital geleisteten Arbeit, wieder abgeben.

3. Die Übersetzer durften im Bunker weder Handys noch andere Kommunikationsgeräte benutzen.

4. Die Übersetzer dürfen die eigenen, mit dem Internet verbundenen Geräte (Wifi, Fotokameras, Laptops) nicht benutzen.

5. Die Übersetzer konnten im Mondadori-Gebäude nicht herumgehen (mit Ausnahme der Räumlichkeiten der Mensa und Cafeteria). 

6. Die Übersetzer waren angehalten, stets einen speziellen Ausweis zu tragen, um für die Sicherheitsleute erkennbar zu sein.

7. Die Übersetzer durften mit niemandem im Mondadori-Gebäude über die Gründe ihrer Anwesenheit reden.

8. Niemandem war es erlaubt, den Bunker zu betreten, mit Ausnahme der Übersetzer, der Sicherheits-Leute und des dazu berechtigten Personals.

9. Die Übersetzer mussten jedes Mal unterschreiben, wenn sie den Bunker verlassen

10. Die Übersetzer konnten ausschließlich über dafür vorgesehene PCs und unter der Kontrolle eines Sicherheitsbeauftragten im Internet recherchieren.

Die Manuskripte wurden aus einem Tresorraum entnommen und von einem bewaffneten Geleitschutz in den Bunker gebracht.

 

Die futuristische Zentrale von Mondadori vor den Toren Mailands. Die Übersetzerwerkstatt fand unterirdisch statt. 

Fotos (2): Axel Merz

Kommentare

2 Kommentare zu "Im Bunker"

  1. Alles nur Teil der Inszenierung – gehört zur Show

  2. Leicht übertrieben, möchte man meinen, zumal die ÜS für mögliche „Veröffentlichungen“ und damit verbundene Schäden sowieso hätten belangt werden können. Na ja… Arbeitslager mal anders.

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