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Branchen-Inspiration in unruhigen Zeiten

Die Frankfurter Buchmesse war lange das Jahrestreffen und zugleich der Spiegel einer Branche, in der alles mehr oder weniger so dahinplätscherte: Man kannte sich, trank, aß und machte Geschäfte miteinander. Für – letztlich lukrative – Unruhe sorgten in den Messehallen dann höchstens mal protestierende Studenten, ausgeladene Dissidenten, beschlagnahmte Bücher oder der rituelle Galopp zum Stand des Verlags, der den neuen Literaturnobelpreisträger zu seinem Portfolio zählte.

Inzwischen ist Unruhe aber ein ständiger Begleiter der Branche, weil vieles darauf hindeutet, dass in der Verlags- und Buchhandelswelt kein Stein auf dem anderen bleibt. Die Buchmesse versucht, konstruktiv auf die damit verbundene Verunsicherung einzugehen. Neue Formate gilt es zu erkunden, Grenzen zu anderen Branchen verwischen oder verschwinden ganz. Frankfurt 2012 probt den Spagat zwischen den gewachsenen Messefunktionen fürs bisherige Kerngeschäft und den neuen Geschäftsmodellen.

Boom-Thema Kinder- und Jugendbuch

Das Kinder- und Jugendbuch hält sich in stürmischen Zeiten gut und ist nicht zuletzt wegen der jungen Zielgruppe ein Hoffnungsträger der Branche. Über 1500 Verlage und Medienanbieter – von insgesamt 7400 Buchmesse-Ausstellern – sind in Frankfurt mit Neuheiten aus diesem Segment vertreten und handeln mit Lizenzen und Merchandisingrechten.

In diesem Jahr wird der Kinder- und Jugendmedienbereich deutlich akzentuiert, um das Thema sichtbarer zu machen. In Halle 3.0 wird es dazu ein Kinderbuch-Zentrum geben:

  • Im Mittelpunkt dieses Areals befindet sich das Forum für Kinder- und Jugendmedien mit einer Veranstaltungsbühne, auf der vom Messe-Mittwoch bis -Sonntag Lesungen, Signierstunden, Diskussionsrunden und Präsentationen stattfinden werden.
  • In der Illustrator’s Corner laden Filu – das Archiv für Zeichner und Fotografen sowie die Illustratoren-Organisation zur Mappenschau ein.
  • Die Ikea-Kids-Lounge soll Besuchern einen Ort zum Entspannen bieten.
  • Wenige Schritte vom Forum für Kinder- und Jugendmedien entfernt können sich Besucher des Hot Spots Kids & eReading über digitale Neuheiten für die junge Zielgruppe informieren.
  • In Halle 4.2 gibt es einen Cyber Classroom: Auf einer Fläche von mehr als 300 qm werden technische Neuheiten im Klassenzimmer und entsprechend aufbereitete Inhalte angewendet, so ist u.a. Unterricht in 3D angekündigt.

Warum das Kinder- und Jugendbuch in diesem Jahr im Zentrum steht, erläutert Messedirektor Juergen Boos in einem von der Buchmesse erstellten Video:

Für den immer relevanter werdenden Handel mit Merchandisingrechten im Bereich Kinder- und Jugendmedien bietet die Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr einen eigenen Ausstellerbereich an. Er befindet sich in der StoryDrive Media & Entertainment Area (Foyer von Halle 4.0). 

Reise-Schwester der Gourmet Gallery

Struktur in die Messe zu bringen, ist auch der Ansatz der neu eingerichteten Travel Gallery. Dabei handelt es sich um ein 180-qm-Areal für Touristikverlage und Reiseliteratur in Halle 3.1. Mit der Travel Gallery bietet die Messe jetzt neben der auf Essen, Trinken und Genießen spezialisierten Gourmet Gallery eine weitere Themenwelt für medienübergreifende Inhalte.

Zoll am State of the Arts

Die zuletzt als „Problemhalle“ identifizierte Halle 4.1 wird zum State of the Arts aufgebrezelt. Traditionell finden Besucher hier Aussteller mit den Schwerpunkten Kunst, Design, Architektur, Film und Fotografie sowie Literatur, Lyrik und Hörbuch.

Dieses Jahr bekommen die Aussteller in der 4.1 einen speziellen Ausweis, der sie für Besucher als kompetente Ansprechpartner und Mitglieder des State of the Arts sichtbar machen soll. Verlassen die Besucher die Halle wieder, werden sie gefragt, ob sie etwas zu verzollen bzw. mitzuteilen haben: Sie können dann schriftlich ihr Feedback zu den Veranstaltungen und Ausstellern der Halle geben. Im State of the Arts finden sie ein buntes Angebot u.a.:

  • Der Paschen Literatursalon (Stand D 150) mit Lesungen und Gesprächen.
  • Das 3sat-Forum (E 181) mit gemeinsamen Veranstaltungen zum Programm der vier öffentlich-rechtlichen Fernsehsender des deutschen Sprachraums.
  • Die Leseinsel der unabhängigen Verlage (D 128) als Ort für Debatten, Begegnungen und Poesie.
  • Das Azubistro (A 152) als Treffpunkt für den Branchennachwuchs.
  • Die Gemeinschaftspräsentation Hörbuch (B 166).
  • Das Gutenberg-Museum (Q 533) mit historischen Druckmaschinen.

Nebenbei: In Halle 4.1 ist auch der buchreport-Stand angesiedelt (A 142).

Blogs und Talks für den Wandel

Vor dem Hintergrund der Digitalisierung spielen neue Geschäftsmodelle in Frankfurt eine große Rolle:

  • Ein internationales Projekt auf dem Buchmesse-Blog (www.buchmesse.de/blog) stellt Fragen wie: Was ist unsere Leidenschaft – als Autoren und als Publisher? Woher kommt das Geld, damit wir uns diese Leidenschaft auch leisten können? Und eben: Welche neuen Geschäftsmodelle sind in Sicht? Internationale Autoren, Journalisten und Verleger teilen im Buchmesse-Blog ihre Meinung zu diesen Themen.
  • Wenn jeder zum Publisher werden – also Inhalte veröffentlichen – kann, verändert sich auch die Art, wie Wissen, Information und Kommunikation sowie die Akteure  zusammenwirken. Die neuen Buchmesse-Talks bringen hierzu diese Akteure miteinander ins Gespräch, in Halle 4.2 auf der Sparks-Stage (B 408).

Halbtägige Intensivtrainings

Das Thema „Neue Geschäftsmodelle“ ist ferner ein Schwerpunkt der kostenpflichtigen, englischsprachigen Frankfurt-Academy-Konferenzen und -Seminare (Komplettprogramm unter www.buchmesse.de/de/academy). Die baut die Buchmesse derzeit zum zweiten Standbein aus, was auch eine Internationalisierung mit Veranstaltungen in Peking, Neu-Delhi, São Paulo und Buenos Aires umfasst.

Start des Veranstaltungsreigens in Frankfurt ist bereits am Montag und Dienstag vor Messebeginn:

  • Die Konferenz Publishers Launch konzentriert sich auf aktuelle Trends und Entwicklungen bei Publikumsverlagen.
  • Die TOC – Tools of Change for Publishing steht danach unter dem Motto „From Transition to Transformation – The New Publishing Ecosystem“.

Kernstück des Seminarprogramms 2012 sind in der Buchmesse-Woche erstmals sechs halbtägige Intensivtrainings, die Teilnehmern in Halle 4.C, Saal „Entente“, für je knapp 300 Euro Expertenwissen und Erfahrungsaustausch bieten sollen:

  • „Rights Express – Learn about Rights from the Experts“ (Mi., 9.15–12 Uhr).
  • „Generation Grenzgänger: Trends auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt“ (Mi., 14.30 bis17.30 Uhr), u. a. mit Marketingstrategien und neuen Erkenntnissen rund um E-Books und multimediale Enhanced E-Books.
  • „TOC Metadata“ (Do., 9.30–12.30 Uhr). Die neuesten Entwicklungen im Bereich Metadaten, inklusive deren verkaufsfördernder Wirkung.
  • „HTML5 & Epub3 für Fortgeschrittene: Die nächste Stufe des E-Books“ (Do., 14.30 bis 17.30 Uhr).
  • „Marketing für Verlage: Enges Budget, große Wirkung?“ (Fr., 9.30–12.30 Uhr).
  • „Das Beste aus zwei Welten: Publishing trifft Merchandising“ (Fr., 14.30–17.30 Uhr).

Aus: buchreport.magazin 10/2012 (hier zu bestellen)

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