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Buchmesse Blog: Erst Venus, dann StoryDrive

Buchmesse Blog: Erst Venus, dann StoryDrive

herauszufinden, was jenen Verstand antreibt, der uns solche Innovationen beschert hat, und was er macht, um sich für seinen ersten Besuch bei der Frankfurter Buchmesse vorzubereiten.

Dr. Grordbort ist derbe, respektlos, wunderschön und seltsam – und mittlerweile gibt es drei Bücher, 2 Kurzfilme, eine internationale Wanderausstellung, T-Shirts, Ringe, Drucke, Postkarten und natürlich die Strahlenwaffen selbst. Können Sie uns ein bisschen darüber erzählen, wie die Idee entstanden ist und wie sie weiterentwickelt wurde? Was macht die Fantasiewelt von Dr. Grordbort aus?

Zunächst einmal vielen Dank – „derbe und wunderschön“ ist eine sehr schöne Art, die visuelle Welt von Dr. Grordbort zusammenzufassen. Grordbort ist ein Amalgam aus Science-Fiction-Vorstellungen aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende und mischt die Kunststile einer vergangenen Epoche in einer hoffentlich interessanten Weise. Die Erschaffung der Welt von Dr. Grordbort war fast so etwas wie ein evolutionärer Prozess. Auf die meisten Leute muss es so wirken, als sei die ganze Geschichte von hinten nach vorne entstanden. Zunächst entwarf ich eine Reihe von Gemälden klassischer Strahlenwaffen, aus denen wir dann eine limitierte Kunstedition machten. Sie sind komplex und verschachtelt und wurden von uns als reale Objekte aus einer alternativen Geschichte präsentiert. Es sind in erster Linie Kunstwerke, aber wir wollten, dass sie sich so anfühlen, als könnte man sie auf dem Dachboden verstecken, und wenn die Enkel sie dann fänden, würden sie sie für echt halten. Davon ausgehend, habe ich schnell damit begonnen, sie in einen Kontext zu setzen, und dafür entwickelte ich diese satirische Welt, in der der britische Kolonialismus ins Weltall vordringt, in ein Sonnensystem, in dem Venus und Mars bevölkert sind, ganz wie in der Science-Fiction vergangener Zeiten. Daher ist Dr. Grordbort sehr stark von klassischer Science-Fiction inspiriert, nutzt diese Basis aber zugleich, um eine satirische Geschichte von Imperialismus, Gott und Vaterland zu erzählen.

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Das diesjährige Motto von StoryDrive lautet „Maximise your story, maximise your business“. Wie denken Sie als Kreativkünstler und Geschichtenerzähler über Storyselling? Wie stark waren Sie an den Geschäfts- und Marketingaspekten der Expansion von Dr. Grordbort beteiligt?

Ich bin an allen Aspekten der Welt von Dr. Grordbort und des dazugehörigen geistigen Eigentums beteiligt. Ich betrachte die Geschichten, die ich erfinde, nie als etwas, was auf ein bestimmtes Medium festgelegt ist, genauso wenig wie Richard Taylor. Das hat Richard und mir die Flexibilität verliehen, DrG in jegliche Form zu bringen, die uns interessiert. Ich war schon meine ganzes Leben lang von Comics, Fantasy- und Science-Fiction-Geschichten fasziniert, daher wollte ich, nachdem wir die Strahlenwaffen präsentiert hatten, als Erstes ein Buch schreiben und illustrieren, das die Hintergrundgeschichten liefert, die schon die ganze Zeit in meinem Kopf herumschwirrten. Aber im Anschluss daran haben wir unsere fiktive Welt in eine Wanderausstellung verwandelt, haben kurze Videos und Animationsfilme gedreht, digitale Objekte in Videospielen wie „Team Fortress 2“ von Valve veröffentlicht und planen jetzt unsere eigenen Videospiele und einen Spielfilm. Marketing ist für mich immer noch ein Fremdwort – ich stehe mit DrG mitten im Zentrum davon, aber es verwirrt mich immer wieder aufs Neue. Hätte ich auch nur das geringste Gespür für Marketing, hätte ich das Ganze sicher nicht Dr. Grordbortʼs genannt – denn das kann kaum jemand aussprechen, geschweige denn buchstabieren.

Bei StoryDrive dreht sich alles darum, internationale Experten verschiedener Branchen auf einer Veranstaltung zusammenzubringen. Wie wichtig war internationale Zusammenarbeit bisher für Sie, beispielsweise bei Ihrer Ausstellung?

Wir hatten wirklich Glück mit der Ausstellung. Wir haben unseren Sitz in Neuseeland, was es zu einer echten Herausforderung machte, die Reisewege der Ausstellung, die unglaublich groß ist (mehr als 150 gerahmte Bilder und mehr als 30 Skulpturen und Strahlenwaffen), zu organisieren. Was die ganze Sache möglich gemacht hat, waren die Hilfe und der Rat der fantastischen Menschen, denen wir unterwegs begegnet sind. Die Ausstellung tourte mithilfe von Menschen wie Stanley Tong durch China, und jetzt ist sie mit dem Beistand unserer guten Freunde vom Schweizer Maison DʼAilleurs und den fantastischen Verantwortlichen der FedCon in Europa unterwegs. Ich könnte die Liste endlos fortsetzen. Aber der entscheidende Punkt ist, dass es die Unterstützung dieser Freunde ist, auf die wir unterwegs gestoßen sind oder die als Gleichgesinnte hier bei Weta Workshop auf uns zugekommen sind, die es uns ermöglicht hat, dieses Ungeheuer rund um den Globus zu schicken. Das Gleiche gilt für unsere Bestrebungen in den Bereichen Games und Film – wundervolle gleichgesinnte Partner haben die Tendenz, sich auf uns zuzubewegen – und wir auf sie.

Was haben Sie erwartet, als Sie als visueller Künstler zum ersten Mal in die Verlagswelt kamen, und haben sich Ihre Ansichten seitdem verändert? Was könnte das Verlagswesen von anderen Kreativbranchen wie Games oder Film lernen?

Als ich in die Filmwelt eintrat, war ich völlig unbedarft. Ich hatte noch nie an einem Film mitgearbeitet, nie ein Praktikum gemacht und war im Vorfeld sieben Jahre lang arbeitslos … Ich wusste nur, dass Weta unvorstellbare Sachen macht und dass ich ein Teil davon sein wollte. Ich beschloss, mein erstes Buch aus der gleichen einfachen Überzeugung heraus zu machen: Ich liebte Bücher und Comics und wollte selbst eines machen. Ganz einfach. Dasselbe gilt für meine Vorstöße in die Welt der Games, der Kunst, der Sammlerstücke oder in jedes andere Medium bzw. jeden Bereich, mit dem ich in Berührung komme. Aufgrund der Erfahrungen, die ich bisher gemacht habe, kann ich jetzt sagen, dass ich nicht glaube, dass die Verlagsbranche unbedingt Strategien aus der Filmwelt übernehmen muss oder umgekehrt (obwohl ich sicher bin, dass es in beiden Bereichen jede Menge hilfreicher Ideen gibt, von denen auch der jeweils andere profitieren könnte). Ich glaube vielmehr, dass die Gameswelt, zumindest in einigen Bereichen, richtungsweisend ist. Das Medium ist jung genug, um einen Teil seiner DNA mit dem Internet gemeinsam zu haben, und die Besten in der Branche – Valve etwa – begrüßen dessen offene, auf den Endnutzer ausgerichtete Natur. Das digitale Publishing ist auf einem guten Weg, in diese Gefilde vorzudringen, und darin sehe ich die „schöne neue Welt“ für Bücher. Trotz allem, auch wenn da wahrscheinlich nur Nostalgie und Vertrautheit aus mir sprechen, sind „richtige“ Bücher für mich letzten Endes immer noch etwas Besonderes. Ich liebe sie. Ich liebe es, ein Buch in den Händen zu halten. Ich liebe die Beschaffenheit, das Papier, das Druckbild … Bücher sind einfach klasse.

 

Im Blog der Frankfurter Buchmesse schreiben Mitarbeiter und Gastautoren über die großen und kleinen Themen der Messe. Schwerpunkt ist dieses Jahr neben dem Ehrengast Neuseeland das Thema Kinder- und Jugendmedien, aber auch die Frage nach neuen Geschäftsmodellen im internationalen Publishing. Kreative und Publisher aus Deutschland, USA, UK, Neuseeland antworten hier auf die Fragen:  Warum tun wir, was wir tun? Was ist unsere Leidenschaft – als Autoren und als Publisher? Woher kommt das Geld, damit wir uns diese Leidenschaft auch leisten können? Und: welche neuen Geschäftsmodelle sind hier in Sicht? 

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