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Alte Vorurteile abbauen

Während einige Verlage angesichts des großen Erfolgs von „Fifty Shades“ auf den Erotik-Zug aufspringen, verfügt der Mira-Taschenbuchverlag über eine jahrelange Erfahrung mit erotischer Literatur. Entsprechend gelassen beobachtet Programmleiterin Claudia Wuttke den „Shades“-Boom, von dem aber auch die Harlequin-Tochter profitiere.

Ist der Erfolg der Erotik-Trilogie ein Einzelfall oder zeichnet sich hier ein breiterer Buchtrend ab?
Solche erstaunlichen Einzelerfolge, die scheinbar aus dem Nichts kommen, gibt es ja alle paar Jahre mal. Zuletzt waren es wohl die „Biss“-Romane. Ob sich daraus dann wirklich ein langfristiger Trend entwickelt, bleibt abzuwarten. Richtig ist aber sicher, dass hier ein Nischengenre mindestens mittelfristig stärker in den Fokus rückt und plötzlich gesellschaftsfähig wird. Das mag helfen, so manches alte Vorurteil abzubauen. 
Werden Sie vermehrt erotische Titel ins Programm nehmen? 
Im Mira Taschenbuch veröffentlichen wir schon seit Jahren erfolgreich erotische Literatur mit eigenem Branding. Den Markt jetzt noch zusätzlich zu befeuern, macht aus unserer Sicht nicht viel Sinn. Aber wir haben ein paar wunderbare erotische Kurzgeschichten, die wir noch im Spätsommer kostengünstig digital anbieten werden. Für den preissensiblen E-Book-Markt ohnehin ein guter Test.
Der US-Verlag Plume versieht die Bücher von Anne Rice mit dem Hinweis „If you liked 50 Shades of Grey, you’ll love the Sleeping Beauty trilogy“. Werden auch Sie bestimmte Backlist-Titel verstärkt bewerben oder gar neu auflegen, um vom Erotik-Trend zu profitieren?
Solche Trends gibt es immer, und wenn man jetzt in den Buchhandlungen nur noch Titel findet, die alle „wie 50 Shades sind, nur besser“, dann verpufft der Effekt auch ganz schnell. Allerdings freuen wir uns, dass wir derzeit gerade auch die älteren Titel nachdrucken können, weil die Nachfrage einfach da ist. Und natürlich finden wir es auch ganz großartig, dass etwa unsere Erotik-Autorin Tiffany Reisz mit dem Auftakt ihrer „The Original Sinners“-Trilogie auf das „Entdeckersofa“ von „DivaMoms“ eingeladen wurde – das ist der Buchclub, der E.L. James erstmals ins Zentrum der medialen Öffentlichkeit rückte. Mal schauen, was das im Januar, wenn „Das Locken der Sirene“ auf deutsch erscheint, noch heißt. 
In den USA und in Großbritannien wurde die Hälfte der Bücher von E.L. James als E-Book verkauft. Profitieren erotische Titel besonders vom digitalen Format?
In den USA wird derzeit die Hälfte fast aller Titel als E-Book verkauft. Das hat mehr mit den Preisen und neuen Lesegewohnheiten zu tun als mit dem Genre. Für Deutschland und das Mira Taschenbuch würde ich die Frage also eher vorsichtig verneinen. Für unser Kerngeschäft allerdings, die Cora-Liebesromane im Pressevertrieb, die ich ja redaktionell auch verantworte, sieht die Welt schon anders aus. Hier erreichen wir über das neue Medium tatsächlich auch neue Leserschaften. Und das mag in Teilen durchaus damit zu tun haben, dass man einem E-Reader nicht unmittelbar ansieht, welcher Art Lesevergnügen man sich gerade hingibt. 

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