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Marcel Weiß und Jochen Krisch: Wenn Amazon den Handel angreift

Marcel Weiß und Jochen Krisch: Wenn Amazon den Handel angreift

Amazon verfolgt ambitionierte Pläne und zieht in jüngster Zeit große Logistikzentren in unmittelbarer Nähe der amerikanischen Metropolen hoch. Damit einher geht das Ziel von Amazon, die Möglichkeit anzubieten, mittels „Local Express Delivery“ (via) die Ware noch am Tag der Bestellung zu liefern.

Slate Magazine („I want it today“):

„It’s hard to overstate how thoroughly this move will shake up the retail industry. Same-day delivery has long been the holy grail of Internet retailers, something that dozens of startups have tried and failed to accomplish. (Remember Kozmo.com?)

But Amazon is investing billions to make next-day delivery standard, and same-day delivery an option for lots of customers. If it can pull that off, the company will permanently alter how we shop. To put it more bluntly: Physical retailers will be hosed.“

Amazon (oder genauer Amazon-CEO Jeff Bezos) ist bekannt dafür, für eine langfristige Strategie hohe Investitionen in Kauf zu nehmen und dafür kurzfristig auf Profite zu verzichten.

Dass Amazon eine Lieferung am Tag der Bestellung überhaupt ins Auge fassen kann, liegt auch an einer langfristig ausgerichteten Investitionsstrategie in Infrastrukturen und Prozesse. Und trotzdem bedeutet es noch einmal weitere massive Investitionen. Nach der Übernahme von Kiva-Systems, der Automatisierungslösung für Lagerhäuser, investiert Amazon nun in den USA verstärkt in metropolennahe Lagerhäuser. Slate:

  • „Amazon is investing 130 million Dollar in new facilities in New Jersey that will bring it into the backyard of New York City;
  • another $135 million to build two centers in Virginia that will allow it to service much of the mid-Atlantic;
  • 200 million Dollar in Texas;
  • and more than 150 million Dollar in Tennessee and 150 million Dollar in Indiana to serve the middle of the country.
  • Its plans for California are the grandest of all. This year, Amazon will open two huge distribution centers near Los Angeles and the San Francisco Bay Area,
  • and over the next three years it might open as many as 10 more in the state.
  • In total, Amazon will spend 500 million Dollar and hire 10,000 people at its new California warehouses.“

Die Auswirkungen der angezogenen Marschrichtung von Amazon werden enorm sein. Der Verband des Schweizerischen Versandhandels (VSV) dazu:

„Wenn man sich die Zahlen des Berichtes genauer anschaut, sollte jedem Einkaufscenterbetreiber mulmig werden. Da stampft ein Unternehmen reihenweise Logistikcentren aus dem Boden, welche die Grösse des grössten Einkaufscenters der Schweiz haben (Sihl City). Wer weiss wie gute Logistik funtioniert und rechnen kann, ist sich bewusst, dass eine solche Logistikfläche insbesondere bei Amazon mind. 2 mal mehr Ware drehen kann als ein sehr gutes Einkaufscentrum“

Noch ist das größte Manko des Onlinehandels die Lieferzeit. Amazon scheint fest entschlossen, dieses Manko zu lösen. Einmal gelöst, könnte es als Plattform über den Amazon Marktplatz oder ein anderes, vergleichbares B2B-Produkt seine einmal aufgebaute Infrastruktur auch anderen Onlinehändlern zur Verfügung stellen. Man stelle sich eine Art AWS für Logistik-Bedürfnisse von Online-Händlern vor.

Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Aber die Stoßrichtung ist klar. VSV:

„Wenn man heute ein Einkaufscenter plant, steht es vielleicht im Jahr 2015. Und dann braucht es 3 Jahre bis es läuft = 2018. Wenn wir heute 6 Jahre zurückblicken und uns überlegen wo wir 2006 gestanden haben? Genau darum würde ich heute als Investor/Pensionskasse keinen Franken in ein neues Einkaufscenter stecken wollen und mir aber umso mehr Gedanken machen, wo es noch Raum für Logistikflächen gibt.“

Skalierende Logistikmodelle für den E-Commerce, die ihn auf eine Stufe mit lokalen Geschäften stellen, könnten dann der letzte Sargnagel für viele traditionelle Handelssektoren sein.

Teil dieser Strategie sind auch die Packstationen in Form von Amazon Lockers, die Amazon nun zunehmend in Supermärkten und 7 Eleven Läden ausrollt.

Ergänzung: Amazon-Finanzchef Tom Szkutak wiegelte kürzlich ab („Amazon Says It Can’t Scale Same-Day Delivery Economically“), was den schnellen wirtschaftlichen Erfolg dieser Maßnahmen angeht, dennoch scheinen „Local Express“ Lieferungen bei Amazon strategisch weit oben angesiedelt zu sein.

Jochen Krisch, Herausgeber des Weblogs Exciting Commerce, das die wichtigsten Entwicklungen im E-Commerce verfolgt. Marcel Weiß ist Autor bei Exciting Commerce.


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