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Prozesskostenrisiko schien gedeckt

Im Konflikt mit der buchhändlerischen Genossenschaft eBuch setzt der Börsenverein auf Transparenz. Zweieinhalb Wochen nach den Krisengesprächen beider Parteien in Frankfurt – die laut eBuch keine Annäherung brachten – legt Mediator Matthias Heinrich (Foto: Mitte, neben Alexander Skipis, re., und Lorenz Borsche) ein Protokoll der Diskussion vor.

Hintergrund: Bei den Streitigkeiten geht es um die Frage, ob der Börsenverein im Schadensersatzprozess gegen ehemalige Geschäftsführer der BAG Ende 2011 leichtfertig und unnötig 585.000 Euro an Prozesskosten versenkt hat (hier mehr). Das später an die DZB Bank verkaufte System für den buchhändlerischen Abrechnungsverkehr war zuvor infolge der Pleite des Billigbuch-Unternehmens Zanolli vom Börsenverein mit einem mehrstelligen Millionenbeitrag vor dem Crash gerettet worden.

Heinrich betont in seinem „Dossier“, dass es in dem „mehrstündigen sachlichen, fairen und offen geführten“ Gespräch explizit nicht um eine Aufarbeitung der BAG-Entwicklungen ab Januar 2007, sondern nur um die Sachverhalte im Zusammenhang mit der gestellten Strafanzeige ging.
Grundsätzlich hätten die Vertreter der eBuch den Börsenverein in dem Gespräch insbesondere dahingegend sensibilisiert, zukünftig in der externen Kommunikation hin zu den Mitgliedern „etwas mehr Fingerspitzengefühl“ zu zeigen und den Kontakt zur Breite der Mitgliederbasis nicht zu verlieren.
Konkret sei der vorab von der eBuch eingereichte Fragenkatalog größtenteils abgearbeitet worden, mit Ausnahme einerseits einzelner Fragen zu Aussagen im Gutachten, das MVB-Chef Ronald Schild bei der Rechtsanwaltskanzlei Heuking, Kühn, Lüer, Wojtek zur Klärung der BAG-Haftungsfragen in Auftrag gegeben hatte, sowie andererseits zur Grundlage für die kaufmännische Sinnhaftigkeit der Klageerhebungen.
Haftungsfragen: Die Juristen kämen zu sehr differenzierten Aussagen. Haftungsansprüche gegenüber den früheren BAG-Chefs aus den Jahren bis zum 31.12.2005 würden verneint, nicht jedoch die Ansprüche gegen die Geschäftsführer des BAG-Verbunds für die Folgejahre, insbesondere wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung. Dabei haben die Juristen die Chefs der FGM Factoring-Gesellschaft Media (die in die Pleite des Billigbuch-Königs Zanolli verstrickt war) vor Augen, die laut Gutachten pflichtwidrig keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hätten und für Vermögensverminderungen innerhalb des BAG-Verbunds hafteten. Vor dem Hintergrund der BGH-Rechtsprechung, so das Gutachten, müsse die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Geschäftsführern die Regel sein.
Kaufmännische Sinnhaftigkeit: Die hohen sechsstelligen  Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen der BAG, die zur Befriedigung von Schadensersatzansprüchen eingesetzt werden sollten, hätten bei einem Sieg vor Gericht die Prozesskosten decken können, so das Gutachten. „Es kam bei der Güterabwägung nicht darauf an, ob die Schadensersatzansprüche insgesamt befriedigt werden könnten, sondern ob zumindest das Prozesskostenrisiko abgedeckt wäre“, heißt es im Gesprächsprotokoll von Heinrich.
In einer Schlussbemerkung erklärt Heinrich, dass es in den Gremien des Börsenvereins zwar seinerzeit zur Erfolgsaussicht der Prozesse sehr unterschiedliche Auffassungen gegeben habe. Gleichwohl seien die Gesichtspunkte in der Branche weitestgehend bekannt gewesen, alle befassten Gremien seien ordnungsgemäß eingebunden worden. Den entscheidenden Personen könnten keine strafrechtlich relevanten Vorwürfe gemacht werden.

Eine Stellungnahme der eBuch zum „Abschlussdossier“ ist angefragt und folgt am Nachmittag.

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