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Bremst das Agency-Modell den Markt aus?

E-Books werden teurer. Der Preisabstand zwischen gedruckten und elektronischen Büchern in den USA liegt laut Recherchen des „Wall Street Journals inzwischen bei wenigen Dollar. Teilweise ist das E-Book sogar teurer als sein gedrucktes Pendant.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam im August eine Anwaltskanzlei aus Seattle, die eine Sammelklage gegen Apple und fünf US-Verlage eingereicht hat. Zwei Privatpersonen beschuldigen die Großverlage, die Buchpreise in die Höhe getrieben zu haben. Seit dem Launch des iPad im Januar 2010 seien diese im Schnitt von 12 auf 15 Dollar gestiegen (s. Grafik). 

Das „WSJ“ führt diese Preissteigerungen auf das „Agency Modell“ zurück. Bei diesem Modell, das die sechs größten US-Verlage umgesetzt haben, bestimmt der Verlag die Bedingungen des E-Book-Verkaufs, insbesondere den Preis. Gegen diese Regelung ermittelt zurzeit auch die EU-Kommission und das US-Justizministerium (hier mehr). Für gedruckte Bücher setzen in den USA nach wie vor die Händler die Preise fest. 

Die befürchteten Folgen der Preissteigerungen: 

  • E-Book-Markt: Analysten von CBS Marketwatch zufolge schaden die höheren Preise dem Wachstum des E-Book-Marktes (hier mehr). Dies konstatiert auch Amazon: Verlage, die sich auf den – vom Online gesteuerten – Preiswettbewerb einlassen, verzeichnen stärkere Umsatzzuwächse im digitalen Bereich als jene, die ihre E-Book-Preise selbst festlegen, so der Online-Händler. 
  • Piraterie: Konsumenten könnten sich verstärkt Piraterie-Seiten zuwenden und Raubkopien auf ihre E-Reader laden. Statistische Daten, die dies belegen, gibt es bisher nicht. 
  • Selfpublishing: Immer mehr Autoren könnten ihre Bücher selbst verlegen und verkaufen, da sich ihre Bücher über das Preisargument besser verkaufen lassen. Letztlich könnte damit Amazons Macht als Verleger wachsen.
  • Geräte: Werden weniger E-Books gekauft, schade dies vor allem dem Verkauf der E-Reader, da diese nur für das Lesen digitaler Bücher attraktiv sind. Tablets hingegen werden für multimedialen Konsum gekauft.  

Eine andere Fraktion glaubt, dass höhere E-Book-Preise  keine direkten negativen Auswirkungen haben: 

  • Geräte: Für ein fortgesetztes Wachstum des E-Book-Marktes spricht, dass die Preise für E-Reader stark gesunken sind. Immer mehr Kunden besitzen einen E-Reader und/oder ein Tablet.
  • Angebot: Auch das E-Book-Angebot wächst stetig und macht E-Reader attraktiver.
  • Wertschätzung: Zudem wüssten die Kunden inzwischen auch den Wert eines digitalen Buches zu schätzen und seien bereit entsprechend mehr zu bezahlen, heißt es von „Hachette Digital
  • Wettbewerb: Andere Händler fühlen sich ermutigt, in den E-Book-Markt einzusteigen, weil sie nicht zum Preiskampf mit Amazon gezwungen werden. 

Kommentare

3 Kommentare zu "Bremst das Agency-Modell den Markt aus?"

  1. Tjalf Boris Prößdorf | 28. Dezember 2011 um 0:34 | Antworten

    An die Naivliberalen: indeed, es geht auf den Preis: Bücher sind bei uns billiger als in den vereinigten Staaten, werden schneller geliefert als irgendwo sonst auf der Welt, denn Wettbewerb findet natürlich dennoch statt. Da Google Ihr Freund ist, können Sie die entsprechenden Untersuchungen leicht finden. Während man über die Frage der Preisermittlung lange das Meßverfahren diskutieren kann, ist die Frage der Sortimentsbreite und des Liefertempos klar entschieden – zugunsten des deutschen Modells.
    Merke – und daher Naivliberal: Wettbewerb findet nicht nur über den Preis statt- nur die Volkswirtschaftlichen Modelle der Studienanfänger bilden außer dem Preis nix ab, und das bleibt dann in den Köpfen hängen …

  2. Rudi, es gibt kein Kartell in den USA. Jeder Verlag entscheidet selbst, ob er E-Books herausbringt, ob er sie über Agenten oder direkt vermarktet und welche Preise er den Kunden oder Resellern in Rechnung stellt. Jeder Reseller kann wiederum seine Margen selbst kalkulieren und so die Bücher billiger oder teurer anbieten.

    Das gibt es in Deutschland nicht. Kein Händler darf offiziell seine Preise selbst kalkulieren und so in Wettbewerb zu einem anderen Anbieter treten. Verbotener Wettbewerb ist in der Tat ein echtes Kartell – ein staatliches. Entsprechend sind die Preise in Deutschland weit höher als nötig.

  3. Ruprecht Frieling (Prinz Rupi) | 19. Dezember 2011 um 19:14 | Antworten

    Diese unschöne Entwicklung am US-Markt zeigt plastisch die Sinnlosigkeit einer Preisbindung bei Elektrobüchern, wie wir sie in teutschen Landen standestreu pflegen. Wenn sich in dem Segment nicht bald etwas lockert, wird es zu einer noch größeren Kluft zwischen Indie-Autoren und -Verlegern und etablierten Buchmachern kommen. Wer dann am Ende den Wettstreit gewinnt, steht in den Sternen.

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