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Zwischen Buch und Briefmarke

Nur noch bis zum Jahresende nimmt Buchhändler Heinz-Peter Heilmann im südhessischen Neckarsteinach auf 20 qm die Briefe und Päckchen seiner Kunden an, dann wird die Kündigung seines Vertrags mit der Deutschen Post wirksam. „Viel Arbeit und mehr Ärger als Nutzen“, resümiert der Inhaber der Buchhandlung Sinceritas die Partnerschaft (s. Interview unten). Das Abwickeln der Postangelegenheiten koste Zeit, die bei Beratung und Bücherverkauf fehle. Die Buchhandlung ist einzige Postfiliale einschließlich Postbankservice für die 3700 Einwohner.

Mittlerweile hat die Post nahezu alle eigenen Außenstellen in Partnerfilialen umgewandelt: Das Netz von fast 13000 Filialen und mehr als 7000 Verkaufspunkten wird von Partnern gehalten, überwiegend aus dem Einzelhandel. Aus Sicht der Post harmoniert der Buchhandel gut mit ihrem Angebot. Es gebe zahlreiche Überschneidungspunkte, insbesondere wenn auch Glückwunsch-, Ansichtskarten und Schreibwaren angeboten werden.

Die Zahl der Partnerfilialen aus dem Buchhandel hat sich im vergangenen Jahr um rund zehn auf insgesamt 100 erhöht. Zusätzlich gibt es 240 Verkaufspunkte (+70) in Buchhandlungen, die den alltäglichen Bedarf von Privatkunden decken und sich auf den Verkauf von Postwertzeichen beschränken. Die Annahme von Sendungen ist dort nicht möglich.

„Man wird zum Punchingball für den Postfrust“ 

Heinz-Peter Heilmann ist Inhaber der Buchhandlung Sinceritas in Neckarsteinach. Den Vertrag über den Betrieb einer Postfiliale hat er gekündigt.

Warum hängen Sie das Posthorn ab?
Weil es logistisch und finanziell in keinerlei Relation steht und dem Hauptgeschäft mehr schadet als nützt.

Ist das Angebot finanziell profitabel?
Nein, es ist im besten Falle ein kleines Zubrot für zwölf Stunden Arbeit pro Tag. Man bekommt ein kleines Fixum und kleine Provisionen wie beispielsweise 5% beim Briefmarkenverkauf.

Was bietet die Post an sonstiger Leistung?
Eine Erstausstattung bestehend aus ein paar Rollen Packpapier, einem Stempelkissen und einer Tesa-Rolle. Wenn das aufgebraucht ist, muss man Nachschub auf eigene Kosten anschaffen. Ich muss alle Kosten für den laufenden Betrieb der Partnerfiliale selbst tragen. Die Post verlangt sogar Miete für das Inventar und erlegt einem zusätzlich noch auf, vom Postthekenbereich Waren des Hauptgeschäftes fernzuhalten. Zusätzlich musste ich für die Postbankgeschäfte eine Kaution in Höhe von 30000 Euro hinterlegen und muss speziell hohe Sachversicherungen dafür abschließen.

Die Post wirbt mit höherer Kundenfrequenz…
Das Argument ist eine konstruierte Idealisierung. Ich muss nicht gerade selten das Hauptgeschäft vernachlässigen, da sich vor dem Postschalter eine Schlange gebildet hat und die Post auch erwartet, dass man diese Kunden bevorzugt bedient.

Beinahe täglich verliere ich dafür Buchkunden nach dem Motto „Hier will man nur Marken verkaufen und hat keine Zeit für mich“. Und in der Bevölkerung herrscht weitläufig der Irrglaube, dass die Postagentur das Geschäft sei, man viel Geld erhalte und für alles Postalische der Ansprechpartner sei. Man wird zum Sündenbock und Punchingball für den gesamten Frust gegen die Post und muss sich immer wieder Beleidigungen anhören.

Die Fragen stellte Christina Reinke.

Kommentare

2 Kommentare zu "Zwischen Buch und Briefmarke"

  1. Heinz-Peter Heilmann | 22. September 2011 um 20:48 | Antworten

    Sehr geehrter Herr Westendorff,

    wenn das bei Ihnen so ist, dann zählen sie wohl zu den wenigen glücklichen und rentablen Betreibern von partnerfilialen. Hier im Ort ist es so, dass man eine mehr als strickte Trennung zwischen Postkunden und Buchhandlungskunden erkennen kann und dass die Frequenz in keinerlei Nutzen steht. Das Mitnahmegeschäft funktioniert hier in der Region leider nicht, wie viele Agenturnehmer der Region bestätigen. Die hohe Frequenz der Post rechtfertigt leider keine Einstellung dafür, denn um allein eine 400-Euro-Kraft einigermaßen zu tragen, müsste die Post eine Umsatzsteigerung von monatlich knapp 12000 Euro bringen, was reine Utopie ist. Aufgrund eines neuen Vertrages sind unsere Einnahmen durch die Post nach Abzug der Ausgaben sowieso gerade auf dem Niveau eines Minijobbers.

    Wenn Sie da mehr Glück haben, durch die Postagentur gut Geld verdienen und das Mitnahmegeschäft in der Buchhandlung funktioniert und Sie mehrheitlich freundliche Postkunden haben, dann herzlichen Glückwunsch zu dieser Ausnahme.

    Freundliche Grüße!
    Heinz-Peter Heilmann

  2. Martin Westendorff | 9. September 2011 um 16:05 | Antworten

    Der möchte wohl lieber seine Ruhe im Laden haben. Wenn viele Kunden kommen stellen aktive Unternehmer Personal ein und jammern nicht rum, weil so viel los ist. Postkunden machen auch Spaß und bringen richtig Frequenz!

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