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Realos oder Fundis?

Wie geht es weiter in der Hängepartie rund um die angemessene Vergütung von Übersetzern? Anlässlich der Expertentagung Medienrecht am 4. Juli in der Akademie des Deutschen Buchhandels (hier mehr Infos) sondiert Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang im Interview das umkämpfte Feld und erklärt, wovon eine mögliche Einigung der Verlage mit den Übersetzern abhängt.

Der VdÜ hat kürzlich Verlagen systematischen Rechtsbruch vorgeworfen. Wie schätzen Sie den Vorwurf ein?
Nach der Art und Weise zu urteilen, wie der Vorwurf lanciert wurde, handelt es sich um ein offensichtliches PR-Manöver. Wir wären schlecht beraten, den Ball in aller Öffentlichkeit zurückzuspielen. Wer sich in der Sache informieren und darüber austauschen will, welche vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten die Urteile des Bundesgerichtshofs zur Übersetzervergütung den Verlagen lassen, sollte am 4. Juli nach München kommen. Unter anderem dafür ist unsere Expertentagung ja konzipiert worden.

Wo sind rechtssichere Lösungen möglich?
So wie sich die Dinge entwickelt haben, kann es derzeit nicht in allen Bereichen rechtssichere vertragliche Lösungen geben. Gerade im Buchverlagsbereich gibt es aber durch die Gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren und neuerdings insbesondere auch durch den Rahmenvertrag von VG Wort und Börsenverein zu §137 l UrhG viel mehr Rechtssicherheit als in anderen Segmenten. Daher ist es wichtig, diese Regelungen und ihre Auswirkungen genau zu kennen – aber auch zu wissen, worüber man momentan keine hundertprozentig verlässlichen Abreden treffen kann.

Herr Schmidt-Henkel streckt andererseits weiterhin die Hand für Verhandlungen über eine gemeinsame Vergütungsregel aus – woran die Verleger zuletzt wenig Interesse signalisiert haben. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich beide Parteien mittelfristig an einen Tisch setzen?
An gutem Willen zu Gesprächen hat es den Verlagen in den letzten neun Jahren wahrlich nicht gefehlt. Wir hatten uns mit der alten VdÜ-Spitze ja sogar schon auf den Text einer Gemeinsamen Vergütungsregel verständigt, die dann aber von den Fundamentalisten im Übersetzerlager gekippt wurde. Auch jetzt hängt alles davon ab, ob sich bei den Übersetzern die Realos oder die Fundis mit ihren Vorstellungen durchsetzen.

Sie haben im Februar eine Online-Umfrage zu den Auswirkungen der neuen BGH-Urteile angeregt. Mit welchen Ergebnissen?
Die Umfrage hat bestätigt, dass die Urteile insbesondere für Hardcoververlage fatale Folgen haben können. Leider kann ich keine Details aus der Auswertung der aufschlussreichen und repräsentativen Umfrage preisgeben. Das hängt damit zusammen, dass die Ergebnisse in die Stellungnahme des Börsenvereins zur Unterstützung der Verfassungsbeschwerden des Hanser Verlags gegen zwei der BGH-Urteile eingeflossen sind. Deswegen hatten wir die Umfrage auch durchgeführt. Der Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht gebietet es, die Ergebnisse nicht vorab anderweitig zu kommunizieren.

Die Fragen stellte Daniel Lenz

Kommentare

1 Kommentar zu "Realos oder Fundis?"

  1. Dr. Josef Winiger | 27. Juni 2011 um 23:08 | Antworten

    Der von Herrn Sprang erwähnte Text einer Gemeinsamen Vergütungsregel wurde nicht „von Fundamentalisten gekippt“, sondern auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des Literaturübersetzerverbandes (VdÜ) nach einer ganztägigen, außerordentlich gründlichen Debatte mit Zweidrittelmehrheit als in vieler Hinsicht ungenügend kritisiert und abgelehnt. Die saloppe Bemerkung von Herrn Sprang ist Demagogie.

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