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Viele Buchhandlungen sind Möbelgeschäfte

Kleine Mannschaft, keine Kredite, großer Output an hochqualitativen Büchern und Non-Book-Artikeln – mit diesem Motto will Ludwig Könemann den Frechmann Kólon Verlag (hier die Webseite) international als führenden Anbieter von „intelligentem MA“ positionieren, in Konkurrenz zum Taschen-Verlag. Im Interview erklärt der Kölner, wie das außergewöhnliche Dienstleister-Konzept des Verlags aussieht, welche Lehren er aus seiner Insolvenz 2002 gezogen hat und was im Buchhandel schief läuft – immer mehr Buchhandlungen seien „sortimentsfreie Möbelgeschäfte“, die buchaffinen Kunden würden immer stärker ins Internet vertrieben.

„Es wird von uns viele Bücher geben“ kündigt der Kölner im Interview mit buchreport.de an – einige Tausend Titel wolle er in den kommenden Jahren herausbringen. Das Besondere an Könemanns Konzept: Er sieht die Firma, die in der Kölner Südstadt, im Souterrain eines Wohnhauses sitzt, nicht als Verlag, sondern Dienstleister: Könemann erstellt mit Rechteinhabern von vorwiegend Bildband- und Kinderbuch-Inhalten Buch-Konzepte, verkauft die Titel für die Partner, organisiert Druck (meist in China), Transport und Logistik – geht aber nicht selbst ins Risiko. Für die Dienstleistungen kassiert der Verlag eine Provision.

Ein Blick zurück: Als der frühere Taschen-Vertriebsleiter Könemann im März 1993 die Könemann Verlagsgesellschaft gründete, wurde er von den Medien als einer der seltenen Shooting-Stars der deutschen Verlegerszene gefeiert. Innerhalb weniger Jahre steckte er mit hochwertigen Büchern zu kleinen Preisen auch im internationalen Geschäft seinen Claim ab. Dem überhitzten und von der Branche mit Staunen und Skepsis verfolgten Wachstum folgte schlussendlich jedoch ein tiefer Fall.

2001 schlitterte das Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern spektakulär in die Pleite, auch die kurz vor Toreschluss beteiligte Verlagsgruppe Langenscheidt konnte das angeschlagene Unternehmen trotz erheblicher Investitionen in Millionenhöhe nicht mehr retten. Könemann führt die Insolvenz unter anderem auf den Umzug der Auslieferung nach Holland zurück, die Deventer-Distributeure hätten massive Probleme gehabt, weshalb der Verlag zwei Weihnachtsgeschäfte verpasst habe.

Bei seinem Sturz hinterließ Ex-Verleger Könemann mehre Mio Bücher in Lägern im In- und Ausland. Im Herbst 2002 verkaufte Insolvenzverwalter Paul J. Gross etwa 3 Mio Bände u.a. an das mitterweile ebenfalls gestrauchelte Kölner Großantiquariat Zanolli sowie an die Mayersche, Hugendubel, Weiland und Weltbild.

Im August 2003 erwarb der Tandem Verlag die verbliebenen Bestände und Rechte der Könemann Verlagsgesellschaft. Mit Ludwig Könemann als Berater an Bord wurde im Herbst 2004 zunächst das Tandem-Imprint Könemann aus der Taufe gehoben, mit der neuen Könemann Publishing GmbH wollte Tandem 2006 flankierend auf ausländischen Märkten durchstarten. Ein Jahr später trennten sich die Wege von Könemann & Co.

Könemann startete kurz darauf mit seiner Frau, einer Architektin, den Frechmann Kólon Verlag. In den vergangenen Jahren investierte Könemann viel Zeit in den Aufbau eines browserbasierten Redaktions- und Vertriebssystems (globiothec.com), in dem alle Buchideen bis hin zur druckfertigen Vorlage sowie die Bestellungen der Vertriebs-Partner und Kontaktdaten gespeichert sind – Könemann kann von jedem Ort der Welt sein Unternehmen steuern.

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