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Ehrhardt F. Heinold: 2011 ist das Jahr der Wende

Ehrhardt F. Heinold: 2011 ist das Jahr der Wende

Der Vertrieb von Medienprodukten wird immer komplexer. Dabei geht es um weit mehr als um technische Fragen wie Medienformate und Metadaten. Der Medienvertrieb der Zukunft ist deshalb eine Aufgabe für das Verlagsmanagement, erläutert Jens Klingelhöfer im Interview mit Ehrhardt F. Heinold.

Jens Klingelhöfer ist Geschäftsführer des Medienvertriebsdienstleisters Bookwire und Referent auf der 2. Fachkonferenz Medienvertrieb 3.0.

Ihr Vortragstitel lautet „Wachsende Komplexität durch Hyperdistribution – Herausforderungen beim Vertrieb virtueller  Medienprodukte“. Was sind die wichtigsten Herausforderungen für Verlage?

Die wichtigste Herausforderung ist, sich der Entwicklung zu stellen und sich mit der Veränderung der Produkte auch als Verlag zu verändern. Die Entwicklung des Digitalgeschäfts ist eine Managementaufgabe. Dahinter stehen dann inhaltliche Fragen, Personalfragen und viele technische Fragen. Aus Vertriebssicht: Wie kann ich schnell und zuverlässig mit vertretbarem Aufwand alle vorhandenen Verkaufskanäle bespielen, um eine maximale Sichtbarkeit und Verfügbarkeit zu erreichen?

Wenn ein Verlag ein E-Book-Format und standardisierte Metadaten (Onix) liefern kann – wo liegt dann noch das  Problem?

In der Praxis sieht es weitaus komplizierter und unübersichtlicher aus. Die Anzahl der Shops, die technisch und inhaltlich individuell mit Metadaten, E-Books oder Marketing-Infos beliefert werden, steigt. Viele Shops haben eigene Vorstellungen von Onix, gerade im internationalen Kontext. Darüber hinaus gibt es Themen wie Metadatenqualität, Qualitätskontrolle der EPUBs, POS-Marketing, Abrechnungen, Verträge, Datenhaltung und vieles mehr. Das sind in den meisten Fällen Hürden, die von der wichtigsten Aufgabe für Verlage ablenken: die Weiterentwicklung und Anpassung der bestehenden oder die Entwicklung neuer Produkte.

Es gibt im Markt immer mehr Lesegeräte. Wie kann ein kleiner Verlag diese Vielfalt überhaupt erfolgreich managen?

Ich denke, die Zahl der unterschiedlichen Lesegeräte ist nicht das Problem – die Entwicklung des EPUB Standards macht es heute schon möglich, die gleiche EPUB-Datei auf nahezu allen Readern anzuschauen. Insofern sehe ich das eher als Chance für kleine Verlage, mit weniger Risiko und weniger Aufwand in allen digitalen Shops verfügbar zu sein und somit passend für alle Reader die eigenen Produkte anzubieten. Die interessante Frage wird sein, wie schnell sich das Standardformat weiterentwickelt, damit endlich alle Inhalte zufriedenstellend in das EPUB-Format überführt werden können.

Das E-Book boomt … in den USA. Bei uns scheint der Durchbruch noch immer auf sich warten zu lassen. Wann geht es hier los?

Aus meiner Sicht ist es schon losgegangen. Wir sehen monatlich signifikant ansteigende Verkaufszahlen. 2011 ist aus unserer Sicht das Jahr der “Wende”. Amazon und Google kommen noch auf den digitalen Markt und werden die Zahlen weiter steigen lassen. Auch wenn man vielleicht erst in zwei Jahren von fünf Prozent oder mehr Anteil am Buchmarkt ausgehen kann, ist der Weg in einen Massenmarkt definitiv voraussehbar und in greifbare Nähe gerückt.

Werden sich die E-Reader bei uns niemals durchsetzen, sondern „nur“ Tablet PCs?

Ich denke, die Grenzen werden verschwimmen. Glücklicherweise sind Bücher auf beiden Gerätearten zu Hause – insofern muss man nicht auf ein Pferd setzen. Ich persönlich denke, die Tablets werden in kurzer Zeit sehr hohe Gerätezahlen erreichen und daher auch mehr Kunden für Bücher erreichen können. Trotzdem werden die speziellen Lesegeräte oder E-Reader auch eine Zukunft haben. Der eine Kunde macht eben einen technischen Kompromiss und möchte ein Gerät für alle Bedürfnisse und der andere nicht.

Welche Chancen räumen Sie dem Kindle ein?

Auch wenn der Kindle im Moment noch in die Kategorie E-Reader fällt, glaube ich, dass er sich sehr gut verkaufen wird in Deutschland. Ich habe sehr positive Erwartungen an den bevorstehenden Kindle-Start. Amazon hat perfekten Zugriff auf seine Buchkunden und wird mit Sicherheit verlockende Angebote entwickeln, um den Kindle in kurzer Zeit in hohen Zahlen an den Mann zu bringen.

Was wird die zentrale Botschaft in Ihrem Vortrag  sein?

Die Entwicklung des Digitalgeschäfts ist eine Managementaufgabe und kein IT-Projekt. Die Veränderungen in der mobil vernetzten Welt sind enorm, fordern viele Investitionen und Veränderungen, damit man die sich bietenden Chancen nutzen und die Kundenwünsche erfüllen kann. Wer es nicht rechtzeitig anpackt, wird später schwer zu kämpfen haben. Trotzdem sind die ersten erforderlichen Schritte leichter anzugehen als viele denken, es gibt eine gute Dienstleister-Infrastruktur in Deutschland. Darauf werde ich auch praxisnah eingehen.

Ehrhardt F. Heinold, Unternehmensberater Heinold, Spiller & Partner

Programm der Tagung:

Begrüßung

– Bernd Zanetti, Geschäftsführer, Akademie des Deutschen Buchhandels
– Ehrhardt F. Heinold, Geschäftsführer, Heinold, Spiller & Partner

Zukunftstrends im Medienvertrieb

– Key Note: Oetinger Vertrieb 3.0: das Zielgruppenmodell, Klaus-Peter Stegen, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb, Verlagsgruppe Oetinger
– E-Books vs. Songdownloads: Was Verlage von der Musikindustrie (nicht) lernen können, Stefan Weikert, Verlagsleiter Edel:Books, Edel AG

(E-)Buch ohne Handel?

– Panel: Online-Buchhandel – Wachstum ohne Grenzen? Daniel Lenz (Moderation), Redakteur, Buchreport, Jens Klingelhöfer, Geschäftsführer, Bookwire, Jochen Krisch, Herausgeber, Webblog Exciting Commerce, Prof. Dr. Gerrit Heinemann, Professor für BWL, Management & Handel und Leiter eWeb-Research, Dr. Gerd Robertz, Geschäftsführer, buecher.de
– Bücher, Musik, Filme: Der integrierte Medienverkauf. Solitär oder Zukunftschance für den Buchhandel? Julia Claren, Geschäftsführerin, Dussmann das Kulturkaufhaus
– Buch ohne Handel? – Die Zukunft des (E-)Buchvertriebs im digitalen Zeitalter, Dagmar Laging, Vice President Sales Germany, Austria, Switzerland, Springer Science and Business Media

Neue Vermarktungsmodelle, neue Kanäle – Innovative Vertriebskonzepte von Verlagen

– Umsatzpotenzial Kundenorientierung: Neue Konzepte für die Vermarktung von Fachmedien, Katrin Siems, Vice President Marketing & Sales, Verlag Walter de Gruyter
– Worlds apart – Erfahrungen mit analogem und digitalem Medienvertrieb, Klaus Fuereder, Head of Content, textr
– Fachmedienvertrieb – Vom Produkt- zum Lizenzverkauf, Christoph Bertling, Leitung Marketing und Vertrieb, Beuth Verlag

Total digital: Vertrieb virtueller Medienprodukte

– Digitale Medienvermarktung via iPad, Android, eKiosk und Co., Dr. Thomas Feinen, Geschäftsführer, Pubbles
– Wachsende Komplexität durch Hyperdistribution – Herausforderungen beim Vertrieb virtueller Medienprodukte, Jens Klingelhöfer, Geschäftsführer, Bookwire

Zielgruppe, Termin, Ort

Zielgruppe der Fachkonferenz sind: Verlagsleiter und Geschäftsführer, Fach- und Führungskräfte aus dem Buchhandel sowie den Bereichen Marketing, Vertrieb und Neue Medien/E-Publishing von Verlagen. Die Fachkonferenz findet am 11. Mai 2011 im Literaturhaus München statt. Weitere Informationen und Anmeldung auf der Website der Akademie.

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