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Susanne Martin: Ein schales Gefühl

Ein Artikel in der Süddeutschen, der die Methoden anprangert, mit denen Thalia die Verlage unter Druck setzt, kursiert in Internetforen. Ich hatte schon bei der ersten Lektüre dieses Artikels ein schales Gefühl.

Ein Artikel in der Süddeutschen, der die Methoden anprangert, mit denen Thalia die Verlage unter Druck setzt, kursiert zur Zeit in den verschiedensten Internetforen. In Form eines Märchens wird erzählt, wie der böse Controller Herr Busch die Verlage zwingt, immer bessere Konditionen zu gewähren und es deshalb bald keine kleineren, unabhängigen Buchhandlungen mehr geben wird.

Ich hatte schon bei der ersten Lektüre dieses Artikels ein schales Gefühl, denn ich  fand ich die Form nicht angemessen – hier gibt es nämlich nicht wie in einem Märchen, nur Schwarz und weiß, sondern viele Farbtöne.

Das fing schon damit an, daß ich sehr betreten war, weil ich die beiden genannten Autoren nämlich auch nicht kannte bzw. bei Hans Henny Jahnn nur den Namen. Bin ich nun auch so böse? Oder eine schlechte Buchhändlerin? Auch in meiner Buchhandlung haben kleine Verlage nicht automatisch eine Chance. Natürlich gibt es bei uns den einen oder anderen kleineren Verlag, aber auch wir arbeiten überwiegend mit den größeren Verlagen und Verlagsgruppen zusammen.

Mir tun auch die Angestellten bei Thalia leid, die keineswegs alle schlechte Arbeit tun – sie werden sich nun vielleicht so fühlen wie ich, wenn ich in anderen Internet – Foren Berichte über kleine Buchhandlungen lese, die als tranig, unfähig und was weiß ich noch alles beschrieben werden.

Ich glaube auch nicht, daß ausschließlich Großflächen wir die DBH oder Thalia für den Untergang des unabhängigen Sortimentsbuchhandels verantwortlich zu machen sind, sondern daß sie einer von mehreren Gründen sind. Die anderen heißen Amazon / Internet, verändertes Kundenverhalten und wir selbst, die wir uns oft nicht schnell und flexibel genug auf diese veränderten Umstände einrichten können. Das soll keinesfalls heißen, daß es nicht viele Buchhandlungen gibt, die aufgeben mussten, weil eine Großfläche in ihrem Umfeld geöffnet hat und dass das sehr schmerzlich für jede einzelne ist. Aber der Duktus des Artikels war ja, Thalia vs. DEN unabhängigen Buchhandel – hier der böse Riese, dort die gute Kleine.

Wohlgemerkt, ich will hier keineswegs Thalia in Schutz nehmen. Die Methoden, die beschrieben werden, finde ich ebenso problematisch wie die Abhängigkeiten, die zu Tage treten. Und es ist gut, wenn das einmal in dieser Deutlichkeit beschrieben wird und so auch von einer Öffentlichkeit außerhalb der Branchenöffentlichkeit wahrgenommen wird – aber neu ist das alles doch nicht. Und ändern wird es sich sicher auch nicht, es sei denn, die Verlage verhalten sich den Forderungen gegenüber einheitlich ablehnend. Aber daran glaube ich ebensowenig wie an den Weihnachtsmann.

Für mich zeigt sich in diesem Artikel eine große Hilflosigkeit, wie wir mit den tiefgreifenden Veränderungen, mit denen unsere Branche konfrontiert wird umgehen sollen. Es gibt keine Patentrezepte und es ist sehr einfach, einen Buhmann zu haben. Das Beispiel der Brüder Wrensch oder auch das der Buchhandlung HomBuch (über die im Buchreport unter der Überschrift „Mit Stammkundenpflege die Koexistenz gesichert“ geschrieben wird) zeigt, daß es vereinzelt möglich sein kann, zu überleben, wenn man ein klares Konzept hat. Und das wird letztlich das Einzige sein, was wir „Kleinen“ tun können: Unser Konzept immer wieder zu prüfen, zu hinterfragen und anzupassen!

Susanne Martin

Inhaberin der Schiller Buchhandlung (Stuttgart), und als Twitter-Autorin äußerst aktiv im Internet.

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