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Friedenspreis für Claudio Magris

Der italienische Schriftsteller und Germanist Claudio Magris (70) bekommt den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Das gab der Börsenverein zum Auftakt der Buchtage in Berlin bekannt.

In der Begründung des Stiftungsrates heißt es unter anderem, Magris habe wie kaum ein anderer mit den Problemen des Zusammenlebens und Zusammenwirkens verschiedener Kulturen beschäftigt. Der Schriftsteller und Germanist erzähle in zahlreichen Werken von der Vielfalt der Systeme und Sprachen Mitteleuropas, von Eigentümlichkeiten und Gegensätzen. Der Stiftungsrat würdigt ihn als streitbaren Gegner von Ausgrenzung und kulturellem Dominanzdenken.

Die Mitteilung des Börsenvereins im Wortlaut:

Zum Auftakt der Buchtage Berlin 2009 in Berlin gibt der Vorsteher des Börsenvereins, Prof. Dr. Gottfried Honnefelder, bekannt, dass der Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels den italienischen Schriftsteller Claudio Magris zum diesjährigen Träger des Friedenspreises gewählt. Die Verleihung findet während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 18. Oktober 2009, in der Paulskirche statt und wird live im Zweiten Deutschen Fernsehen übertragen. Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert.

In der Begründung des Stiftungsrats heißt es: »Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahr 2009 Claudio Magris und ehrt damit den italienischen Literaturwissenschaftler, Essayisten und Romancier, der sich wie kaum ein anderer mit dem Problem des Zusammenlebens und Zusammenwirkens verschiedener Kulturen beschäftigt hat. In zahlreichen Werken erzählt er von der Vielfalt der Systeme und Sprachen Mitteleuropas, von Eigentümlichkeiten und Gegensätzen. Erzählendes und Reflektierendes, Faktisches und Fiktionales verbindet Claudio Magris in seiner ganz eigenen literarischen Weise und hebt dabei hervor, wie kreativ die Verschiedenheit sein kann, wenn sie denn in ihrer Eigenart geachtet und beachtet wird. Dies führt zu einem Verständnis, das ihn zu einem streitbaren Gegner von Ausgrenzung und kulturellem Dominanzdenken gemacht hat. Claudio Magris tritt für ein Europa ein, das nicht allein unter ökonomischen Gesichtspunkten sein Selbstverständnis erreicht, sondern seine geschichtliche und kulturelle Tradition und Vielfalt bedenkt und darauf beharrt. Es ist das Verständnis eines Humanismus des Einzelnen, der von der mitteleuropäischen Kulturtradition abgeleitet ist und wird dem gerecht, was Claudio Magris ‚unser ironisches Gefühl für das Vielfältige’ nennt.«

Claudio Magris, geboren am 10. April 1939 im italienischen Triest, zählt zu den bedeutendsten Germanisten und Kulturpublizisten Italiens und gehört in Europa zu den wichtigsten Literaten und Essayisten. Nach dem Studium an der Universität von Turin und in Freiburg/Breisgau mit anschließenderPromotion habilitiert Magris 1966 in Deutscher Literatur. Als Professor für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Triest betreut er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2006 die Übersetzung vieler deutscher Autoren ins Italienische, darunter Joseph Roth, Arthur Schnitzler und Georg Büchner. Magris nimmt zudem als Essayist und Kolumnist des »Corriere della Sera« zu innen- und außenpolitischen Themen immer wieder Stellung. Von 1994 bis 1996 sitzt er als unabhängiges Mitglied  eines Linksbündnisses für die Region Triest im römischen Senat und gründet gemeinsam mit Umberto Eco und anderen Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur im Jahr 2002 die Vereinigung »Libertà e Giustizia« (Freiheit und Gerechtigkeit), um eine kritische Position zur Politik der Regierung unter Silvio Berlusconi zu beziehen. Große Aufmerksamkeit erlangt Claudio Magris durch seine literarische Tätigkeit. Im Mittelpunkt seiner Bücher stehen die kulturelle und politische Vielfalt der europäischen Gesellschaft, das mythische europäische Mittelreich und dessen literarische Hauptstädte und ihre Bewohner. Erste internationale Bekanntheit erhält seine 1963 publizierte Dissertation »Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur«. Mit dem gemeinsam mit dem Historiker Angelo Ara verfassten Essay »Triest, eine literarische Hauptstadt im Mitteleuropa« (dt. 1987) und seinem Buch »Donau. Biographie eines Flusses« (dt. 1988) wird Magris einem größeren Lesepublikum bekannt. Aufsehen erregt sein 2005 veröffentlichter Roman »Blindlings« (dt. 2007), an dem Magris achtzehn Jahre arbeitet. Sein aktuelles Werk »Ein Nilpferd in Lund« kam in diesem Jahr in deutscher Sprache auf den Markt, darin versammelt Magris Geschichten, die er auf seinen ausgedehnten Reisen durch ganz Europa erlebt.

Claudio Magris ist Mitglied in vielen Vereinigungen, unter anderem in der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Akademie der Künste (Berlin), Accademia delle Scienze (Turin) und in der Akademie der Schönen Künste (München). Für sein literarisches Werk und sein kulturelles Engagement erhält er zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Goethe-Medaille (1980), den Manès-Sperber-Preis (1987), den Prix France Culture Etranger (1993), den Premio Strega (1997), den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung (2001), den Erasmus-Preis (2001), den Prinz-von-Asturien-Preis (2004) und 2005 den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur.

Claudio Magris lebt im italienischen Triest und hat zwei Kinder.

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