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Der kleinste gemeinsame Nenner

Welcher Weg, in welchem Tempo, lautet immer dringlicher die Frage im Zeichen der Digitalisierung. Buchmenschen treffen sich auf Tagungen wie in kleineren Kreisen, um sich zwischen Visionären und etwas stilleren Skeptikern der eigenen Strategie zu vergewissern.

Die Entscheidungen fallen höchst unterschiedlich aus. Das liegt nicht nur an Mentalitäten, sondern auch daran, dass die Branche tatsächlich inhaltlich bunt ist und die wohlfeilen überfliegenden Spruchweisheiten à la „Content is King“ und „Die Schnellen fressen die Langsamen“ da nicht wirklich zur Handlungsmaxime taugen. Erfolgversprechende Geschäftsmodelle sind rar und mancher Ex-Visionär, wie zuletzt Presse-Magnat Hubert Burda, muss einräumen: „You get lousy pennies on the web.“

Denkbar breit gefächerte Runde

Die ganz spezifischen Herausforderungen der Buchbranche im Zeichen von Digitalisierung und Internet kommen am 25. Februar aufs Tapet, beim Branchen-Hearing der Bundesregierung im Rahmen ihrer Initiative zur Förderung der Kultur- & Kreativwirtschaft. Der Ansatz von Wirtschaftsministerium und Kulturstaatsminister als Veranstalter ist interessant, weil die Ministerialen in eigener Regie eine recht kleine, aber denkbar breitgefächerte Runde zusammenführen: Filialist, Einzelkämpfer und Online-Händler, Random House-Chef, Kurt Wolff Stiftung und ein kleiner Wissenschaftsverlag, Bibliotheksverband und VG Wort, ver.di als Vertreter der kreativen Freiberufler und ein paar unabhängige Köpfe aus Wissenschaft und Publizistik – ein bisschen Ständeversammlung und ein bisschen Focus Group, wie es sie mit diesem Spektrum noch nicht gegeben hat.

Angesichts dieser Konstellation und der absehbaren Gruppendynamik darf man schon gespannt sein, welche Herausforderungen und Dringlichkeiten der Kreativbranche Buch in der siebenstündigen Klausur destilliert werden. Den Börsenvereinsstrategen, die übers Jahr eine anerkannt professionell strukturierte Lobbyarbeit leisten, wird da fast ein bisschen mulmig, weil sie die Kommunikationsfäden diesmal nicht in der Hand halten.

Gemeinsamkeit mit anderen Kreativbranchen

Der absehbar gemeinsame Nenner ist tatsächlich so groß nicht. Selbst die in Deutschland seit Jahren (bis auf ein paar disziplinierende Ermahnungen) als Konsensthema gepflegte Buchpreisbindung ist im Kontext von E-Book-Produkten bekanntlich keine Klammer, sondern Streitthema mit juristischen Drohgebärden.

Das verbindende Motiv dürfte stattdessen das Urheberrecht sein, das in der Internetpraxis und in Zeiten der denkbar leichtesten Reproduzierbarkeit von Inhalten schon arg unter die Räder gekommen ist. Bisher war die Neigung in der Politik nicht allzu groß, dieses Feld zu kultivieren und hier liegt vermutlich auch eine starke Gemeinsamkeit zu vielen der anderen elf Kreativbranchen, deren Interessenlage die Regierungsinitiative ebenfalls erkundet.

Der politische Signalcharakter ist, zumal so kurz vor einer Bundestagswahl, ungewiss. Immerhin könnte es allen Beteiligten deutlicher werden, wie zentral und wichtig es ist, das Urheberrecht als Geschäftsgrundlage für die Kreativwirtschaft zu erhalten.

aus: buchreport.magazin 2/2009

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