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Vertagte Zukunft

Die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten für digitale Semesterapparate ist seit 12 Jahren ein Zankapfel zwischen Hochschulen und Verlagen. In der Vergangenheit bezahlten die Bundesländer dafür eine Pauschale an die VG Wort, aber ab 2016 sollten die Unis jedes genutzte Dokument einzeln melden und abrechnen. Doch die Umstellung ist offenbar schwieriger als gedacht.

Die geplante Einzelabrechnung werde „nicht vor dem 1. Januar 2017“ kommen, teilen VG Wort und Kultusministerkonferenz (KMK) jetzt in einer gemeinsamen Erklärung mit. Für 2016 habe man sich nun doch noch einmal auf eine „angemessene Pauschalzahlung“ verständigt.

Hintergrund: Seit 2003 erlaubt § 52a UrhG den Hochschulen, Teile von urheberrechtlich geschützten Werken z.B. für digitale Semesterapparate zu nutzen. Im Gegenzug sollen die Verlage eine „angemessene Vergütung“ über die VG Wort erhalten. Die Kultusminister der Bundesländer kämpften jahrelang dafür, dieser Zahlungspflicht durch eine Pauschale nachkommen zu dürfen, aber 2013 setzten sich die Verlage vor dem Bundesgerichtshof (BGH) durch: Die Richter entschieden, dass die von den Hochschulen genutzten Dokumente einzeln erfasst und abgerechnet werden müssen.

Die technische Umsetzung der Einzelmeldung ist aber nicht ganz einfach. Im Wintersemester testeten KMK und VG Wort ein eigens entwickeltes Meldesystem an der Uni Osnabrück. Nach Abschluss des Versuchs hagelte es Kritik von Hochschuldozenten an dem vermeintlich viel zu bürokratischen und aufwendigen Meldeverfahren.

Das soll jetzt weiter verbessert werden, bevor die Einzelabrechnung tatsächlich eingeführt wird. Es solle „deutlich vereinfacht und für die Hochschulen nutzerfreundlich ausgestaltet werden“, versprechen KMK und VG Wort.

Die Diskussion über Einzelabrechnung und Meldungsverfahren wird von einer kritischen und teilweise fehlerhaften Medienberichterstattung begleitet. Darauf weist Bertram Salzmann, Geschäftsführer des Dienstleisters Booktex hin, der für Verlage die Lizenzierung von Texten für Semesterapparate organisiert (hier sein Blogbeitrag). Booktext habe auf die Verschiebung der Einzelerfassung „schon vorab mit einem Fixkostenangebot für die Hochschulen reagiert“, erklärt Salzmann.

Kommentare

1 Kommentar zu "Vertagte Zukunft"

  1. Aber nicht, dass dann bei der Einzelerfassung herauskommt, dass große Teile der deutschen Studenten – wie weltweit Millionen – sich ihre Lektüre bevorzugt bei gewissen „grey libraries“ in Kasachstan und Russland, Tonga und Westsamoa holen, allein schon, weil es einfacher und schneller geht.

    Und wie gehen die Flatrates der großen Wissenschaftsverlage in die Rechnung ein? Die mögen big data haben, aber vermutlich keine, die sich auf die Einzelnutzung herunterbrechen lassen.

    Was ist mit den Nerds, die die Lektüre an das ganze Seminar per USB-Stick, Website oder Mail weiterreichen?

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