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Mehr als Kribbeln im Bauch

Buchverlage und Daten – eher schwierig, diese Erfahrung haben viele Unternehmen in den vergangenen Jahren gemacht, die sich auf Auswertungen größerer Datenmengen aus welcher Quelle auch immer spezialisiert haben. Buchhandlungen wie die Mayersche (die selbst viel Marktforschung betreibt), Verlage wie Random House (eigene Leserpanels) oder Macmillan (wertet in New York im großen Stil Kundendaten aus) sind Ausnahmen, in der Regel regiert weiterhin das Bauchgefühl. Vor diesem Hintergrund werden es die Experten für die Auswertung von Leserdaten zumindest auf dem deutschen Markt schwer haben. Dabei ist das Potenzial groß.

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Mangelnde Erfahrung, Widerstände

Die Ursachen für das problematische Verhältnis von Publikumsverlagen insbesondere mit Leser-Daten sind vielfältig. Sie reichen von mangelnder Erfahrung (zwischen Verlagen und Lesern stand lange Zeit primär der Buchhandel, Direktvertrieb selten und verpönt) über mangelnde Ressourcen (Personaleinsatz, Zuständigkeiten) bei der Auswertung bis hin zu mangelndem Zugriff (Amazon und andere große Shops sind weiterhin Black Boxes). Und dann sind da noch die Widerstände derjenigen, die sich für ihr Bauchgefühl, für jahrzehntelang geschulte Instinkte rühmen. Dass diese auch trügerisch sein können, das haben beispielsweise viele zum Onlinefach gewechselte Print-Journalisten erfahren, nach der Auswertung ernüchternder Klick-Statistiken – „Politik“ hat gegenüber „Panorama“ oft das Nachsehen, vom Kultur-Ressort ganz zu schweigen.

In den Buchverlagen dürften die Widerstände gegenüber Reader Analytics am ehesten im Vertrieb und Marketing zu überwinden sein, weil der Erkenntnisgewinn groß ist: Wie sieht denn tatsächlich die Zielgruppe des frisch eingeführten Imprints aus? Soll tatsächlich ein Großteil des Marketingbudgets auf das Buch eines Autors gesetzt werden, bei dem die Absprungquoten immens sind? – im Zweifel werden sich hier die Controller durchsetzen und so, falls die Übung gelingt, die Floppquote etwas reduzieren.

Wie reagiert das Lektorat?

Schwieriger wird es im Lektorat, auch wenn hier ebenfalls mit Daten bessere Entscheidungen getroffen werden können. Nutzen Leser überhaupt teure Multimedia-Anreicherungen in E-Books – oder steht dies gegenüber dem Aufwand in keinem Verhältnis? Warum springen so viele Leser bei einem bestimmten Kapitel in einem Sachbuch ab, das doch allgemeinverständlich geschrieben sein sollte? Doch spätestens bei der Hochliteratur dürfte das eine oder andere Bauchgefühl im Lektorat dafür sorgen, dass selbst bei ausgewiesenen Lesekillern keine Hand angelegt wird – zu unangenehm der Dialog mit dem vom Feuilleton verwöhnten Autor, der sich beim Verleger beschweren oder gar auf dem Sprung zum nächsten Verlag sein könnte.

Das Thema Reader Analytics hat so oder so großes Potenzial: Potenzial, große Konflikte anzuzetteln („das gibt Krieg“, erklärte der Vertreter eines großen Publikumsverlags auf der Buchmesse). Nach den unausweichlichen Fehden könnten sie aber auch das Potenzial eröffnen, bessere, erfolgreichere Bücher zu machen.

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