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Erpresserisches Vorgehen

In den vergangenen Wochen hat der Börsenverein wiederholt Amazon für den Umgang mit Verlagsgruppen wie Bonnier kritisiert. Jetzt folgen Taten: Der Verband hat nach eigenen Angaben Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht. 
Hintergrund der Auseinandersetzungen seien die verzögerten Auslieferungen von gedruckten Büchern der Verlagsgruppe Bonnier seit Mai, um höhere Rabatte beim Einkauf von E-Books zu erzwingen. Durch diese Verhandlungstaktik, so der Börsenverein, missbrauche Amazon seine Marktmacht auf dem deutschen Nachfragemarkt für E-Books, also als Einkäufer elektronischer Bücher. 
„Amazon verstößt mit seinem erpresserischen Vorgehen gegenüber Verlagen gegen das Kartellrecht“, lässt sich Alexander Skipis (Foto: Mike Minehan), Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, in einer Pressemitteilung zitieren. „Das Geschäftsgebaren Amazons hat nicht nur Auswirkungen auf die betroffenen Verlage, sondern stellt eine Gefahr für alle Anbieter und Vertreiber von E-Books in Deutschland dar. Wir fordern das Bundeskartellamt auf, seine Untersuchungen aufzunehmen und das Vorgehen von Amazon zu unterbinden.“ 
Der Börsenverein hat den Sachverhalt nach eigenen Angaben von Kartellrechtsanwälten prüfen lassen. Das Ergebnis sei eindeutig: Amazon missbrauche seine Marktstellung, indem der Onlinehändler (nach Medienberichten) von den Verlagen der Bonnier-Gruppe eine Erhöhung der Rabatte beim E-Book-Einkauf von derzeit rund 30 auf 40 bis 50% verlange. Damit würde Amazon ohne sachlich gerechtfertigten Grund deutliche Vorteile gegenüber anderen Abnehmern elektronischer Bücher erhalten. „Dabei versucht Amazon, seine Forderungen mit Mitteln durchzusetzen, die der Nötigung gleichkommen“, urteilt der Verband. Amazon baue durch seine Lieferverzögerung erheblichen Druck auf die betroffenen Verlage auf, die die wirtschaftlichen Konsequenzen unmittelbar zu spüren bekommen. 
In der Frage, ob Amazon eine marktbeherrschende Stellung innehat – Voraussetzung für ein Einschreiten der Kartellwächter –, argumentiert der Börsenverein wiefolgt:
  • Der für die Beschwerde maßgebliche Markt sei der Nachfragemarkt für E-Books in Deutschland, auf dem Amazon als Einkäufer elektronischer Bücher über eine so genannte „relative Marktmacht“ oder „marktstarke Position“ verfüge.
  • Diese werde nicht in Marktanteilen festgemacht, sondern in der Tatsache, dass die Teilnehmer eines Marktes von einem Unternehmen in einer bestimmten Weise abhängig sind. 
  • Diese Voraussetzung sieht der Verband als gegeben: Verlage hätten aufgrund der übermächtigen Stellung von Amazon so gut wie keine Möglichkeiten, auf alternative Absatzportale auszuweichen, ohne erhebliche Wettbewerbsnachteile zu erleiden. Und: Nach Angaben des Verbandes der Versandbuchhändler habe Amazon beim Online- und Versandhandel mit gedruckten und digitalen Büchern in Deutschland einen Marktanteil von rund 70% und wäre damit klar marktbeherrschend. 
„Die Forderung entsprechender Sonderkonditionen durch Amazon ist allein Ausdruck der Marktstärke von Amazon, d.h. des Umstandes, dass Amazon als marktbeherrschender Online-Vertriebspartner für die Verlage unverzichtbar ist. In dieser Situation soll eine derartige Vorteilsgewährung durch das Kartellrecht gerade verhindert werden“, heißt es im Beschwerde-Text.
Wie geht es jetzt weiter? Stellt das Bundeskartellamt einen Kartellrechtsverstoß fest, kann es die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes verfügen oder Bußgelder verhängen.

Kommentare

1 Kommentar zu "Erpresserisches Vorgehen"

  1. Da hier ja immer die Rede davon ist, dass Amazon „Sonderkonditionen“ fordert, würde mich mal interessieren, wie hoch denn die Rabatte sind, die von den anderen E-Book-Plattformen gefordert und klaglos bezahlt werden.

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