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Geschlossenheit gefragt

Man darf sich nichts vormachen: Auch wenn die relevanten Parteien in Deutschland preisbindungsfreundlich sind, ist das Vorhaben, die Preisbindung für E-Books ausdrücklich ins Gesetz hineinschreiben zu lassen, kein Selbstläufer. „Wenn es nach uns vom Börsenverein ginge, wäre die Preisbindung von E-Books schon längst im Buchpreisbindungsgesetz verankert“, schreibt jetzt Sprecherin Claudia Paul in einer Facebook-Gruppe. „Das Bundeswirtschaftsministerium hat leider bislang sowohl auf ministerieller als auch auf höchster politischer Ebene allen unseren Bitten diesbezüglich eine Absage erteilt. Einer der Gründe hierfür ist, dass das Ministerium zunächst abwarten möchte, ob es beim Europäischen Gerichtshof zu einem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Frankreich wegen der dortigen gesetzlichen Einführung einer grenzüberschreitenden E-Book-Preisbindung kommt und wie dieses ausgeht.“

Tatsächlich zeigt der Blick über den Rhein, wo das Problem liegt: In Frankreich zog die gesetzliche Fixierung der E-Book-Preise die naheliegende Frage nach sich, wie sie vor einer Aushöhlung durch grenzüberschreitende Verkäufe gesichert werden kann. Vor der gleichen Frage wird der deutsche Gesetzgeber stehen. Wenn er sie überzeugend beantwortet, ruft er EU-Beamte auf den Plan, denen der Kampf gegen vermeintliche grenzüberschreitende Handelshemmnisse Passion und Daseinszweck ist. 

Vor diesem Hintergrund ist durchaus nachvollziehbar, dass man im Wirtschaftsministerium das Verfahren gegen Frankreich abwarten will. Für die Branche ist das Abwarten freilich nicht akzeptabel, denn bis zu einer Entscheidung im Vertragsverletzungsverfahren (das ja noch nicht einmal eröffnet ist) können Jahre ins Land gehen. Umso wichtiger ist deshalb, dass die Branche gegenüber der Politik keinen Zweifel an ihrem geschlossenen „Ja“ zu fixen Preisen lässt. Die Börsenvereins-Konferenz zu E-Book-Preisaktionen im September (hier mehr) ist eine gute Gelegenheit, durch eine schnelle Einigung im Geiste der Preisbindung ein entsprechendes Signal zu senden.

Kommentare

10 Kommentare zu "Geschlossenheit gefragt"

  1. Die Buchpreisbindung wird früher oder später sowieso fallen. Es wäre ratsam, sich nicht dem Wandel der Zeit in den Weg zu stellen und lieber neue Lösungen zu suchen.

  2. Die Ausdehnung der Preisbindung auf E-Books erschließt sich mir aus folgenden Gründen nicht:

    Anders als bei gedruckten Büchern läuft die Vermarktung von E-Books hauptsächlich direkt über die Verlage und über einige wenige große Anbieter, wie z.B. Amazon.

    Die Preisbindung bezieht sich, wenn ich das richtig verstehe, auf eine bestimmte Ausgabe eines Buchs (z.B. Hardcover oder Taschenbuch), die von allen Händlern und auch im Direktverkauf vom Verlag nur zum festgesetzten Preis an den Endverbraucher abgegeben werden darf.

    Ein Buch besteht immer aus Inhalt und Form. Beim gedruckten Buch fällt in der Regel die Form mit der Ausgabe zusammen, wobei die Ausgaben sich hauptsächlich durch ihr Layout und ihre Ausstattung (z.B. Format, Bindung, Papier) voneinander unterscheiden.

    Bei einem E-Book besteht die Form aber aus einer Software, die regelt, wie der Inhalt angezeigt wird. Dazu wird der Inhalt zunächst in ein bestimmtes Container-Format gebracht – das kann ein Bildformat sein, ein Datenbank-Format, ein PDF, ein E-Pub oder z.B. das proprietäre Format von Amazon. Ist nun das Container-Format Teil des Inhalts oder der Form (also „Ausgabe“)? Vermutlich doch letzteres.

    Wenn aber Amazon eine eigene Kindle-Ausgabe verkauft, dann müsste doch die Buchpreisbindung für diese Ausgabe gelten, die nur bei Amazon gekauft werden kann und deren Preisbindung ausschließlich für diese Ausgabe gilt. Was, außer etwas Bürokratie, hindert Amazon und einen interessierten Verlagspartner, den Preis der Ausgabe immer wieder neu festzusetzen, so, wie Amazon es für richtig hält?

    Eine weitere Möglichkeit, neue „Ausgaben“ zu erzeugen, könnte darin bestehen, die Standardausgabe für den Buchhandel anzureichern mit zusätzlichem Material oder zusätzlichen Funktionen, wie z.B. einem Lexikon oder einem Leserforum. So könnte ein Verlag eine „Ausgabe“ erzeugen, die nur im Direktverkauf abgesetzt, deren Preisbindung auf diese Ausgabe begrenzt ist, wobei der Preis selbst beliebig angepasst werden kann.

    Nun bin ich weder Jurist noch Buchpreisbindungsexperte, aber falls die geltenden Regelungen so wenig passgenau wären und so leicht unterlaufen werden könnten, dann würde das eigentliche Ziel der Preisbindung bei E-Books doch eigentlich gar nicht erreichbar sein. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

    Das Preisbindungsgesetz ist ja recht restriktiv, da sich seine Geltung auf Produkte erstreckt, die „Bücher … substituieren und bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen sind …“. Aber müsste man, um den Handel wirksam zu schützen, nicht diese Regelung so eng verstehen, dass das Prinzip gelten soll: Ein Inhalt = eine „Ausgabe“ unabhängig von Container-Format, zusätzlichen Inhalten oder zusätzlichen Funktionalitäten? Das allerdings wäre innovationsfeindlich, da es die Weiterentwicklung von E-Books hin zu immer größerem Nutzen für die Leser behindern würde. Denn Innovation geht nur mit Ausprobieren – auch beim Pricing. Verlage im Geltungsbereich einer so restriktiven Regelung würden sich aus dem Wettbewerb um die besten Lösungen wohl ein Stück weit verabschieden und das Feld internationalen Firmen überlassen müssen. Denn diese könnten in anderen Ländern, in denen so harte Restriktionen nicht gelten, innovative Produkte entwickeln und wären nur beim Verkauf dieser Produkte in Deutschland weniger flexibel als gewohnt.

  3. Jörg Hopfgarten | 12. Juli 2013 um 17:27 | Antworten

    Ralf Biesemeier Da ist ein Punkt, wo ich ihnen als Preisbindungsfan absolut Recht geben muss: Die Preisbindung erschließt sich mir nicht für den Erwerb einer eingeschränkten Nutzungslizenz. Dieses Rechtskonstrukt bei eBooks sorgt m.E. dafür, dass sie gar nicht anders denn als Dienstleistung behandelt werden können.
    Mittelfristig stehen die Verlage hier vor einer Entscheidung, die sie bisher nicht treffen wollen: Entweder sie bleiben beim Konzept der Nutzungslizenzen und verzichten auf die Preisbindung oder sie verkaufen ihre eBooks, mit allen daraus resultierenden Rechten wie Weiterverkauf, Verleih, etc. und sie können die Preisbindung halten.
    Ich denke, es wird auf ersteres Szenario hinauslaufen, weil es für die Verlage flexiblere Geschäftsmodelle ermöglicht. Für den Handel wäre es jedoch fatal, die Sprengkraft innerhalb des Verbandes ist nicht zu unterschätzen.
    Allgemein zum Thema Amazon: Sie benutzen ihre Billigstrategie, um Mitbewerber auszuschalten. Wenn sie aber, wie in Deutschland, eine marktbeherrschende Stellung auch ohne Billigstrategie erreichen können, sorgt die Preisbindung für stabilere Gewinne. Insofern bin ich mir gar nicht so sicher, wie interessiert man in Seattle noch am Fall der Buchpreisbindung ist.

  4. Buchpreisbindung für E-Books ist nur dann sinnvoll, wenn E-Books maximal 1/3 des Papierbuches kosten. Andernfalls kauft das kein vernünftiger Mensch! Ich kann nach lesen damit nicht mal meinen Ofen anheizen, geschweige denn es weiter verkaufen. Zudem akzeptiert der Kunde nicht für ein paar KB horrende Summen zahlen zu müssen. Die Materie ist nicht völlig losgelöst vom Preis oder besser umgekehrt! Till

  5. Es wird schwierig werden, die Preisbindung auf E-Books in einem nationalen Gesetz festzuschreiben, wie ja das gegen Frankreich anhängige Verfahren zeigt, jedenfalls solange die EU-Kategorisierung von E-Books als „Dienstleistung“ analog zu Software bestehen bleibt.
    Verschärft wird die Sache durch die beginnenden Verhandlungen der EU mit den USA über eine Freihandelszone: Dort sind „Kulturgüter“ wie gedruckte Bücher und Filme derzeit außen vor – E-Books zählen aber eben nicht zu diesen Kulturgütern.
    Wer allen Ernstes glaubt, dass Amazon & Co sich die Chance entgehen lassen werden, Druck auf die US-Unterhändler auszuüben, um genau diese Kategorisierung fortzuschreiben – um dann mit ihren aus den USA bekannten Dumpingstrategien sich den Zukunftsmarkt E-Books zu erkaufen – lebt auf einer schönen Insel.
    Ich verlege übrigens selbst E-Books und würde die Festschreibung der Preisbindung begrüßen. Ich wüßte nicht, wo sie anachronistisch oder innovationsfeindlich wäre – schon jetzt hat jeder Verlag und jeder Self Publisher genügend Möglichkeiten, mit kurzfristigen Preisaktionen Aufmerksamkeit zu erregen. Anachronistisch ist eher der Glaube, durch Billigheimer-Aktionen nachhaltig Kunden zu gewinnen; und die innovative Kraft, die der Herabsetzung eines empfohlenen Verkaufspreises um ein paar Euro innewohnt, erschließt sich mir auch nicht wirklich.

  6. Eigentlich hat die Buchbranche einen großen Vorteil: Sie wird erst circa 10 Jahre nach der Musik- und der Filmbranche von der „Digitalen Revolution“ getroffen und kann von deren Erfahrungen profitieren. Aber leider hat sie aus den Fehlern der beiden anderen Branchen nichts gelernt – im Gegenteil: Sie legt es darauf an, sie zu wiederholen, ein klassisches Deja-vu. Das Beharren auf (viel zu hoch angesetzten) Festpreisen wird vor allem eine Konsequenz haben: Die Zahl der illegalen Downloads von E-Books wird weiter massiv ansteigen. Das ist bedauerlich, aber selbstverschuldet. Selbst ein der Buchbranche wohlgesonnener Leser sieht nicht ein, dass ein E-Book trotz Wegfall von Material-, Transport- und Lagerkosten, trotz Wegfall von unkalkulierbaren Auflagenhöhen und Remittenden genausoviel kosten soll wie ein gedrucktes Buch. Und was dem ganzen die Krone aufsetzt: Man kann ein E-Book ja nicht wirklich „kaufen“, man kann es nicht verleihen, verschenken, vererben, sondern erhält nur eine mit vielen Einschränkungen versehene „Leselizenz“. Wer will dafür denselben Preis zahlen wie für ein gedrucktes Buch?

  7. Ralf Biesemeier | 12. Juli 2013 um 13:05 | Antworten

    Mal abgesehen davon, dass „fixe Preise“ in jeder anderen Branche sofort die Kartellbehörden auf den Plan rufen würden und ich so richtig den Sinn einer Preisbindung für eBooks (noch immer) nicht sehen kann, wundert mich vor allem die Inkonsequenz der Branche: Dass die Preisbindung für Hörbücher nämlich z.B. nicht gilt, scheinen alle geschlossen hinzunehmen – obwohl alle Beteiligten gleichzeitig über die Marktmacht eines Anbieters, die daraus resultierenden „schlechten“ Preise und Konditionsmodelle für die Verlage klagen … (über die Mehrwertsteuer-Thematik muss dann bitte auch nochmal gesprochen werden).

  8. Die Buchpreisbindung ist Antiquiert. Sie gehört nicht nur nicht auf eBooks ausgedehnt, sondern auch komplett abgeschafft!

  9. Können Verlage und Verbände mal mehr Gehirnschmalz darauf verwenden, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, als durch Verordnungen, Verbote und Reglementierung ihre alten Pfründe zu sichern? Eine Buchpreisbindung für EBooks gehört in den Obrigkeitsstaat des 19. Jahrhundert und hat heute nichts mehr verloren. Sie ist wettbewerbsschädlich, innovationsfeindlich und reaktionär.

  10. Michael Dreusicke | 12. Juli 2013 um 11:30 | Antworten

    Ich bin überrascht, dass die Buchpreisbindung auch noch heute von der Mehrheit der Branchenteilnehmer gewünscht zu sein scheint. Ich finde sie in vielerlei Hinsicht anachronistisch und schädlich.

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