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Innovative Geschäftsmodelle werden behindert

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen geht gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld zum (verbotenen) Weiterverkauf von E-Books in Berufung. Die Verbraucherschützer verweisen auf eine Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs.
Das Landgericht Bielefeld hatte im April 2013 nach einer Klage der Verbraucherzentrale gegen ein Downloadportal von E-Books entschieden, dass Verbraucher kein Eigentum an dem E-Book erhalten, sondern nur ein Nutzungsrecht – und daher keine Kopien für Dritte anfertigen oder das E-Book weiterverkaufen dürfen (hier mehr).
Die Verbraucherschützer hatten erklärt, dass beim Kauf eines gedruckten Buches eine sogenannte „Erschöpfung“ der Rechte des Urhebers eintritt – der Konsument kann das gedruckte Buch seinerseits veräußern. Das Gleiche müsse auch für den „Kauf“ der digitalen Bücher gelten. Die Richter jedoch meinten, die Erschöpfungswirkung trete beim Download von digitalen Werken wie E-Books nicht ein.
In der Begründung dafür, warum sie in Berufung gehen wollen, blicken die Verbraucherschützer zu einer Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der im Rahmen der Auslegung der Computerrichtlinie 2012 klargestellt hatte, 
  • dass der Erwerb von Software stets einen Kauf darstelle, unabhängig davon, ob eine Kopie in Form eines Datenträgers oder einer Datei zur Verfügung gestellt werde und
  • dass der Erschöpfungsgrundsatz auch beim Download von Software anwendbar sei, mit der Folge, dass Software weiterverkauft werden dürfe.
„Die unterschiedliche Behandlung von Software und anderen digitalen Werkarten wie zum Beispiel E-Books ist nicht nachvollziehbar“, schlussfolgern die Verbraucherschützer. Computerprogramme und Multimediadateien unterschieden sich nur geringfügig, hinzu komme, dass der in Europa geltende Grundsatz des freien Warenverkehrs eingeschränkt werde und so die Entwicklung von neuen innovativen Geschäftsmodellen für gebrauchte digitale Güter und deren Markteintritt behindert.
Am Ende sei der europäische Gesetzgeber gefragt, dieses „Missverhältnis zu Gunsten der Verbraucher aufzulösen und den Weiterverkauf sämtlicher digitaler Werkarten eurparechtlich neu zu regeln“.

Kommentare

4 Kommentare zu "Innovative Geschäftsmodelle werden behindert"

  1. Hier müsste mal die Falschbehandlung des Wortes „Software“ in den Zitaten der Verbraucherzentralen korrigiert bzw. durch eine korrigierende Anmerkung richtiggestellt werden. Das Grundsatzurteil 2012 bezieht sich ausdrücklich auf Computerprogramme, nicht auf „Software“. Würde es sich auf Software beziehen, würde es die eBooks bereits per Definition mit einbeziehen, da jede Form von Daten zu Software zählt. Deshalb wird der Begriff auch nicht im Urteil 2012 verwendet. In Medien wird „Software“ permanent mit „Programme“ gleichgesetzt. Ein übler Recherchefehler, der ein völlig falsches Bild widergibt.

  2. Sehr gut! Damit öffnen die Verbraucherzentralen dem harten DRM mit personen- und gerätegebundenen Accounts Tür und Tor!

    Denn wie wollen sie denn ernsthaft verhindern, dass man DRM-freie eBooks x-mal weiterverkauft?
    Diese Überlegung kann zu einem ganz üblichen Bumerang für die Verbraucher werden, denn Rechteinhaber und Shopbetreiber werden hier die Kontrolle – verständlicherweise – nicht aus der Hand geben wollen.

  3. Auch deutsche Gerichte habe entschieden, daß gebrauchte Software weiterverkauft werden darf, wenn keine Kopie beim Ersterwerber verbleibt!
    Und der Hinweis mit der Erbschaft von Bruno ist natürlich auch sehr wichtig. Zumindest wenn der Erbe den Nachlass nicht behalten will – ansonsten stellt sich die Problematik natürlich nicht! Durch die Erbfolge werden die rechte auf den Erben übertragen. Und praktisch eh kein Problem – wenn man nicht auf den Kopf gefallen ist.!

  4. Bruno Reichelt | 2. Mai 2013 um 7:03 | Antworten

    Die Buchbranche sollte sich endlich entscheiden: Entweder gewährt sie dem Käufer eines E-Books dieselben Rechte wie dem Käufer eines gedruckten Buches, oder sie verzichtet konsequenterweise auf die Preisbindung (bzw. setzt für E-Books einen Festpreis an, der deutlich unter dem der Taschenbuchausgabe des gleichen Textes liegt). Es ist für den Käufer nicht nachvollziehbar, wieso er für ein E-Book denselben Preis bezahlen soll, wenn er das Buch nicht wirklich „kaufen“ kann, sondern nur eine personenbezogene, mit diversen Einschränkungen verbundene Leselizenz erwirbt.
    Man muss sich das einmal vorstellen: Wenn ein leidenschaftlicher Leser künftig im Laufe seines Lebens tausende E-Books erwirbt (statt wie bisher gedruckte Bücher), so kann er bei seinem Ableben nichts davon vererben, sondern seine teuer erworbene Buchsammlung löst sich buchstäblich in Luft auf.

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