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Douglas würde sich an Weltbild verschlucken

Die goldenen Zeiten der Filialisten mit hohen Umsatzzuwächsen scheinen vorerst vorbei zu sein; ein erster Verkaufsversuch scheiterte bei Weltbild 2008; und die Schuldenkrise droht die Kreditversorgung der Unternehmen abzuklemmen – dennoch soll Weltbild nach dem Willen der Geschäftsführung und Mitarbeitervertreter unbedingt am Stück veräußert werden. Wie realistisch ist die Perspektive? Und wer kommt als Käufer in Frage? buchreport.de sammelt Stimmen.

„Multichannel verhindert Zerschlagung“

In vorderster Front wehrt sich Weltbild-Chef Carel Halff (Foto) gegen eine mögliche Zerschlagung der Verlagsgruppe. Mit Blick auf das Multichannel-Konzept des Unternehmens mache eine Zerschlagung wenig Sinn: „Wir bedienen alle verfügbaren Verkaufskanäle vom Buchladen bis zum E-Book-Lesegerät. Hier einen Teil herauszunehmen ist nicht sinnvoll, zumal es auch in Deutschland kaum ein anderes Buchhaus gibt, das mit der Verzahnung der Kanäle so weit ist wie wir“, so Halff in der „Wirtschaftswoche“. Dies gelte auch für das Joint Venture mit Hugendubel, da Weltbild und Hugendubel „längst so verzahnt wie eine Firma“ arbeiteten.

Als Käufer kämen nur Firmen in die Auswahl, die die von den Gesellschaftern gewünschten „kirchlichen und sozialen Implikationen“ berücksichtigten. Finanzinvestoren, die Weltbild ohne Rücksicht auf die Belange der Mitarbeiter erwerben wollten, erteilte der Geschäftsführer gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur eine Absage.

„Abspaltung würde Konzern schwächen“

Uni sono argumentiert der Betriebsrat. „Jede Abspaltung würde den Konzern empfindlich schwächen und am Ende Arbeitsplätze kosten“, erklärt der Chef der Arbeitnehmervertretung Peter Fitz gegenüber buchreport (das komplette Interview ist im kommenden buchreport.express 48/2011 zu lesen). Und: „Wir werden keine Heuschrecken akzeptieren, sondern fordern einen Zukunftstarifvertrag, der sowohl betriebsbedingte Kündigungen als auch eine Zerschlagung im Zuge des Verkaufs ausschließt“, so Fitz.

„Finanzinvestor kommt in Frage“

Hartwig Schulte-Loh, früherer Kulturkaufhaus Dussmann-Chef, erörtert auf Anfrage von buchreport, dass nur ein Verkauf als Ganzes Sinn machte. Dabei werde voraussichtlich aber nicht Wettbewerber Douglas/Thalia auf den Plan treten. Das Unternehmen würde sich „an diesem Brocken verschlucken“ und habe in den kommenden Jahren genug mit dem Rück- und Umbau seines Filialsystems zu kämpfen. Stattdessen komme in erster Linie ein Finanzinvestor in Frage, der das Unternehmen in einigen Jahren an die Börse bringe, daneben aber auch ein potenter Investor wie Nicolas Berggruen, der ein Auge auf den Einzelhandel geworfen habe. „Weltbild könnte durchaus zu Karstadt passen. Bei allen Dementis – am Ende des Tages gilt: money talks.“

„Retailer außerhalb der Buchbranche“

Das Unternehmen sei sowohl operativ als auch strategisch so aufgestellt, dass eigentlich nur ein Kauf des Ganzen – möglicherweise ohne den Verlagsbereich – Sinn mache, lautet die Einschätzung von Werner Ortner, von 2001 bis 2009 Geschäftsführer bei Weltbild (zuständig für Einkauf Buch- und Warensortimente) und seither freier Berater für Buch und Medien. Als Käufer hat Ortner „nicht in erster Linie“ Unternehmen aus der engeren Buchbranche vor Augen, sondern eher ein Retail-Unternehmen mit starker Online-Ausrichtung. Mit dem richtigen Partner könne Weltbild noch deutlich zulegen, versichert Ortner.

„Management-Buy-Out mit Finanzinvestor wäre charmant“

Wie die Chancen für eine Veräußerung von Weltbild stehen, sei neben den Kaufpreiserwartungen insbesondere davon abhängig, mit wem die katholischen Gesellschafter verhandeln wollen, betont Axel Bartholomäus vom Merger-&-Acquisitions-Beratungsunternehmen Bartholomäus & Cie (Seeheim-Jugenheim). Finanzinvestoren zeigten zwar großes Interesse, kämen für die katholische Kirche aber offenbar nicht als Käufer in Frage. Einzig möglicher Käufer in Deutschland sei aufgrund des zu erwartenden hohen Kaufpreises Branchenprimus Thalia, alternativ große internationale Buchhandelsketten. Zwar wäre auch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft eine Option – „aber sicherlich keine, durch die die verkaufenden Gesellschafter schnell zu Geld kommen könnten.” Ein Management-Buy-Out sei nur machbar, wenn Weltbild Finanzinvestoren in die Finanzierung integriere. Dies könne eine „charmante Lösung” sein, weil man das Geschäft mit der bestehenden Mannschaft weiterführen und gewisse Grundregeln vereinbaren könne: Das, was man „Heuschrecken“ gemeinhin unterstellt – das Filetieren, Optimieren und den Abbau von Arbeitsplätzen – könnte man in solch einer Konstellation leichter verhindern.”

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Kommentare

3 Kommentare zu "Douglas würde sich an Weltbild verschlucken"

  1. Hat da nicht der Bischof Marx vor 1-2 Jahren ein Buch raus gebracht über soziale Verantwortung in der Wirtschaft!? Bin mal gespannt, an wen sie verkaufen…

  2. Es sollte am besten ein Käufer auftreten, der im Handel wirklich wachsen will und sich auf familienfreundliche Unterhaltung konzentriert. Da fallen mir spontan ProSieben, Disney oder Apple ein. Die drei könnten sich auch zusammen tun und mit dem bestehenden Team unglaubliches auf die Beine stellen – zudem noch „sauber“ bleiben. Weltbild ist schließlich eine Top-Service-Firma, kein reiner Buchhändler.

  3. der ständig zitierte Verkauf an Thalia ist doch nur ein völlig unrealistisches Schreckgespenst. Die Wettbewerbsbehörden würde eine solche Marktmacht niemals zulassen. Ein solches Szenario erst würde eine Zerschlagung zwingend erforderlich machen und gleichzeitig Synergien verhindern. Völliger Blödsinn m.M. nach.

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