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Preisschwellen nicht in Stein gemeißelt

Der Zeitpunkt wirkt für Außenstehende befremdlich, aber die langjährig trotz steigender Kosten konstant gehaltenen Buchpreise haben einen Druck aufgebaut, just in der allgemeinen Wirtschaftskrise über höhere Preise nicht nur nachzudenken. Die von Joerg Pfuhl, Chef der deutschen Verlagsgruppe Random House, mit einem Interview im buchreport.magazin (Mai-Ausgabe) angestoßene Diskussion ist bei Publikumsverlagen auf eine überwiegend positive Resonanz gestoßen. Die im aktuellen buchreport.express (19/2009) zugespitzt präsentierten Statements werden hier auf buchreport.de noch einmal ausführlicher dokumentiert und zur Diskussion gestellt:

Teil 1: Die Publikumsverlage

Manuel Herder, Herder: „Die Preisschwellen von 10 und 20 Euro sind sicher nicht in Stein gemeißelt, wir praktizieren schon seit Jahren eine differenzierte Preisgestaltung, die sich daran orientiert, welches Potential der jeweilige Titel hat. Beim Sachbuch kann ein Preis von 24,95 Euro gerechtfertigt sein, wenn es sich etwa um einen wichtigen Debattenbeitrag handelt, der über den üblichen Diskurs zu einem Thema hinausgeht. Ein höherer Preis signalisiert dem Käufer auch einen höheren Wert. Die Frage ist immer, spricht der Text dafür und existiert eine Zielgruppe, sodass sich ein höherer Preis durchsetzen lässt. Der Händler profitiert von einer höheren Rentabilität – und erfahrene Buchhändler gehen diesen Weg auch mit!“

Lutz Kettmann, Rowohlt: „Joerg Pfuhl hat völlig recht: Die Einsparmöglichkeiten sind weitgehend ausgereizt. Die Umsetzung von Preiserhöhungen muss aber differenziert erfolgen. Rowohlt wird im Herbstprogramm einen Versuch mit acht Taschenbuch-Toptiteln starten, die statt 9,95 mit 11,95 und 12,95 Euro ausgezeichnet werden.“

Marcel Hartges, Piper: „Fakt ist, dass die Preise für Bücher lange nicht gestiegen sind. Mit der Einführung des Euro sind sie sogar gesunken, besonders im Taschenbuch. Es wird wegen der derzeitigen Konjunkturlage aber sehr schwer sein, die bestehenden Preisschwellen, im Hardcover von 20 Euro und im Taschenbuch von 10 Euro, zu überschreiten, obwohl es vor dem Hintergrund der Kostenstrukturen dringend nötig wäre. Vor zwei oder drei Jahren hätte man Preiserhöhungen leichter durchsetzen können.“

Sissi Klauser, Verlagsgruppe Langen Müller: „Ja, wir brauchen höhere Preise, aber die Frage ist, ob diese durchsetzbar sind. Die Preisschwellen sind fest in den Köpfen der Leser drin. Am ehesten ließen sich die Preise bei Sachbuch-Hardcovern, und da besonders bei zeitgeschichtlichen Titeln, erhöhen, da sind ein bis zwei Euro drin.“

Georg Kessler, Gräfe und Unzer: „Auch wir sind intern zur Zeit in einer intensiven Diskussion zum Thema Pricing. Grundsätzlich sind Preiserhöhungen ein sehr sensibles Thema, hier werden wir auch den Austausch mit dem Handel suchen.“

Uwe Rosenfeld, S. Fischer: „Ich stimme mit Pfuhl vollkommen überein. Die ganze Branche wird nicht darum herumkommen, das Preisniveau anzuheben. Ich glaube auch, dass höhere Preise im Markt durchzusetzen sind. Wir experimentieren mit verschiedenen Formaten, die Variationsbreite öffnet Spielräume bei der Preisgestaltung.“

Andre Brenner, C.H. Beck Literaturverlag: „Ich stimme zu 100% zu, dass bei den Preisen etwas passieren muss. In den letzten zehn bis zwölf Jahren sind die Buchpreise ja nicht gestiegen. Alles ist teurer geworden – ein Latte-to-go, den es vor fünf Jahren noch nicht gab, ist so teuer wie ein Taschenbuch – aber wir nagen immer noch an den Grenzen von 10 Euro fürs Taschenbuch und 20 Euro beim Hardcover. Ich denke schon, dass sich höhere Preise durchsetzen lassen. Ein Problem ist aber hausgemacht: Die Verlage unterbieten sich bei Spitzentiteln mit niedrigen Preisen, das lässt sich auch an der Bestsellerliste erkennen. Nur auf den hinteren Plätzen stehen auch teurere Bücher. Bei Taschenbüchern kann ich mir eine Erhöhung von 1 bis 2 Euro vorstellen, bei Hardcovern die nächste Preisgrenze: Also ein Buch, das jetzt 19,90 Euro kostet, sollte 24,90 oder sogar 26,90 Euro kosten. Wir machen bei jedem Titel eine Einzelfallbetrachtung und prüfen, was maximal zumutbar ist.“

Doris Giesemann, Dorling Kindersley: „Herr Pfuhl hat im Grunde Recht, Bücher sind unterkalkuliert. Ob sich höhere Preise durchsetzen lassen, ist vom Buch abhängig, welche Ausstattung es hat, welche Zielgruppe. 1 bis 2 Euro mehr sind sicher häufig möglich. Die Preissensibilität besteht eher beim Einkauf als beim Kunden. Wir denken aber nicht an eine Preiserhöhung: Unsere Bücher kosten im Schnitt 22 Euro, das ist sehr viel.“

Hartwig Schneider, BLV: „Bei den Ratgeberverlagen gehört die Preisgestaltung zu den besonderen Herausforderungen. Wir wünschen uns natürlich alle Preiserhöhungen. Wenn man differenziert herangeht, und in den Büchern zusätzlichen Nutzwert bietet, werden höhere Preise vom Kunden auch akzeptiert.“

Markus Klose, Hoffmann und Campe: Jörg Pfuhl hat vollkommen Recht. Alle Teilnehmer unserer Branche brauchen optimale Preise, um vernünftig, erfolgreich und sinnreich agieren zu können. Höhere Preise sind auch durchsetzbar, es muss aber sensibel vorgegangen werden. Vor allem sollten die von allen stets genannten Preisgrenzen überwunden werden. Taschenbücher müssen nicht bei 9,95 Euro stehen bleiben, Hardcover können durchaus deutlich über 20 Euro liegen. Da war der Markt auch längst schon weiter, wir haben uns hier zurückentwickelt. Wenn ich nur an den Preispunkt 48 DM denke, der z.B. schon vor beinahe fünfzehn Jahren von Hoffmann und Campe für ,Scarlett‘ festgesetzt worden war. Bücher, die die Welt haben will, können auch gutes Geld kosten.“

Renate Dernedde, Eichborn: „Ja, wir teilen die Einschätzung, dass bei den Preisen etwas passieren muss und haben auch schon von Händlern gehört: ,Erhöht die Preise!‘ Die Durchsetzbarkeit von höheren Preisen muss man differenziert nach Segmenten prüfen. Ein Preis muss sich letztlich durch die Qualität rechtfertigen. Beim Hardcover sehen wir mehr Spielraum als beim Taschenbuch.“

Reinhold Joppich, Kiepenheuer & Witsch: „Höhere Preise lassen sich vor allem bei Büchern durchsetzen, die den breiten Publikumsgeschmack treffen. Bei Hardcover-Büchern sind zwischen 2 und 10 Euro mehr drin. Beim Herbstprogramm sind wir dabei, ansatzweise die Preise zu erhöhen. Beim Taschenbuch bin ich eher skeptisch.“

Joachim Kaufmann, Carlsen: „Grundsätzlich teile ich die Analyse, dass bei den Preisen etwas passieren muss, weil alle Beteiligten unter großen Kostendruck stehen und die Rationalisierungs-Spielräume ausgeschöpft sind. Nicht nur in der Belletristik und im Taschenbuch besteht dieses Problem, gerade auch im kostenintensiven vierfarbigen Kinderbuch ist das Preisniveau seit Jahren sehr niedrig. Kritisch sind sicher bestimmte Preisschwellen, vor allem die 10-Euro- und die 20-Euro-Grenze. Eine leichte, kontinuierliche Erhöhung ist im Sinne aller am Buchprozess beteiligten Stufen, Autoren, Übersetzer, Verlage sowie Handel. Interessant ist, dass trotz Wirtschaftskrise die GfK bei Endverbrauchern eine Tendenz weg von niedrigpreisigen Büchern unter 5 Euro misst. Der mögliche Umfang von Preisanhebungen ist pauschal nur schwer zu beantworten, kritisch sind die psychologischen Preisgrenzen. Wenn man sie bewusst überschreitet, kann man in jedem Fall 2 Euro mehr nehmen. Speziell sichere Bestseller, wie Bücher von Stephenie Meyer, leiden nicht unter einem etwas höheren Preis. Die Preisfindung und Optimierung des Deckungsbeitrags nach der Preis-Absatz-Kurve ist in der Buchbranche sicher deutlich weniger weit entwickelt als in anderen Industriebereichen.“

Andreas Hagenkord, Callwey Verlag: „Herr Pfuhls Vorstoß ist nur richtig. Denn wie soll das gehen, wenn Allgemeinkosten steigen und die Buchpreise seit Jahren stabil bleiben? Wir steuern seit Jahren dagegen, indem Kosten eingedampft werden: Herstellkosten, Auslieferungskosten, überall werden Dienstleister gedrückt, trotz teilweise besserer Leistung bzw. Ausstattung. Den Ladenpreis haben wir bisher für eine Reihe dezidiert nach oben gesetzt. Gleichwohl ist es ein sensibles Rädchen, an dem man schraubt, solange sich die Branche nicht einheitlich verhält.“

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