buchreport

Amazon wird niemals ein deutscher Verlagsriese

Amazon wird nicht lange Freude am Verlagsgeschäft haben, meint Matthias Ulmer, Geschäftsführer des Eugen Ulmer Verlags in Teil 3 der buchreport-Serie zu den Verlagsaktivitäten des Onliners: 

 „Amazon hat bislang ein komplett anderes Geschäftsmodell. Dazu gehörte etwa auch, dass es keine erreichbaren Katalogredakteure mehr im Inland gab. In diesem alten Geschäftsmodell ist Amazon erfolgreich. Ob sie rentabel sind? Aktuell vermutlich nicht. Langfristig schon eher.

Sie haben einen Marktanteil im gesamten Buchhandel, der irgendwo zwischen 10% und 15% liegt. Das ist mehr als die 10% von Thalia. Aber es sind eben auch nur 15%. Wie sieht das ein Martin Walser oder eine Tanja Kinkel, wenn die Bücher nur noch bei Amazon präsent sind? Letztlich geht das an einem großen Teil der Zielgruppe vorbei und ist einfach keine komplette Marktabdeckung.

Es mag für den einen oder anderen Autor attraktiv sein, dass Amazon ihn als Zugpferd engagiert und damit mächtig die Marketingtrommel rührt. Aber das ist Event-Marketing und keine Basis für ein Verlagsgeschäft. Auch Tchibo hätte Harry Potter in Deutschland vermarkten können. Aber ab dem dritten Buch wäre das Modell durch gewesen.

Letztlich haben wir das doch auch bei Weltbild und dem Club erlebt: Erst wurden unsere Werke vermarktet, mit großem Erfolg. Dann hat Weltbild einen Verlag aufgebaut und die Bücher ein zu eins kopiert. Man war erschüttert über die Flop-Rate, die Lagerbestände, die Kapitalbindung, die dünnen Margen.

Und dann hat man begonnen, die Produktion in den übrigen Buchhandel zu drücken, weil die eigene Marktabdeckung eben nicht reichte. Man musste dafür eine komplette Vertriebsabteilung, ein Vertretersystem aufbauen, musste Rabattverhandlungen führen und sich mit Remissionen aus dem Handel befassen. Etwas später hat man dieses Abenteuer frustriert eingestellt und abgewickelt. 

Man hat erkannt, dass man erheblich bessere Marge macht, wenn man die Bestseller bei anderen Verlagen einkauft und diese in Konditionenverhandlungen unter Druck setzt.

Und dass man noch viel besser damit fährt, diese Bestseller dann gleich in Lizenz zu nehmen und mit Sonderpreis exklusiv zu vermarkten. Das ist der lukrative Königsweg. Da die Verlage dabei nichts mehr verdienen, ist der aber auch endlich.

Amazon wird eine Hand voll Bestseller selbst verlegen, dann die Verlagsaktivitäten automatisieren und auf Selfpublishing reduzieren. Und zusätzlich mit den Verlagen die Bestseller unter der Handelsmarke Amazon zu Sonderpreisen oder vorab vermarkten. Das ist logisch und alles nichts neues.

Dass Amazon irgendwann ein deutscher Verlagsriese mit 1.200 Neuerscheinungen und 300 Mitarbeitern im Lektorat, Herstellung und Vertrieb ist? Im Leben nicht.“

Weitere Stimmen zum Thema folgen in den kommenden Tagen.
Foto: © Mike Minehan

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