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Vorsicht ansteckend

 „Wir sind über die Phase hinweg, erklären zu müssen, was das Social Web ausmacht und dass das Engagement in dem Bereich wichtig ist. Jetzt geht es um das Wie“, resümiert Leander Wattig auf dem Buchcamp in Frankfurt den aktuellen Stand der Social-Media-Aktivitäten.

Um sichtbar zu machen, welche Art von Marketing-Maßnahmen in der Buchbranche mit Erfolg umgesetzt werden, hat er gemeinsam mit Carsten Raimann den Virenschleuderpreis ins Leben gerufen. Wattig: „Unser Ziel ist es, dass wir auf diese Weise voneinander lernen und uns gegenseitig inspirieren.“

Bis Ende April konnten Branchenteilnehmer ihre Marketing-Maßnahmen einreichen. So erreichte Raimann und Wattig eine bunte Mischung aus 64 Ideen, die auf virenschleuderpreis.de vorgestellt wurden. Aus den Eichreichungen wählte die zweiköpfige Jury dann die besten Marketingkampagnen aus.

Die Kriterien der Preisvergabe:

  • Effizienz: Hier galt es zu überzeugen, dass die gesetzten Ziele auf effiziente Weise (Input vs. Output) erreicht worden sind.
  • Beliebtheit: Jede eingereichte Maßnahme wurde in Form eines Blogbeitrags auf virenschleuderpreis.de veröffentlicht. Die Leser konnten abstimmen, welche Aktionen ihnen gefallen. Als besonders beliebte Maßnahmen galten Aktionen, die besonders viele Facebook-„Likes” bekommen haben.

Im Rahmen des Buchcamps in Frankfurt wurden am 7. Mai 2011 die Preisträger des Virenschleuderpreises verkündet. Der Preis für die erfolgreichsten Marketingkampagnen im Buchhandel geht an den Verlag Antje Kunstmann, an das Hörbuchportal Audible.de und an die Internetplattform Euryclia.

Verlag: Antje Kunstmann mit „Mach dieses Buch fertig“

„Mach dieses Buch fertig“ animiert den Leser, all jene Dinge mit einem Buch anzustellen, die normalerweise undenkbar wären, um es somit seiner ursprünglichen Gebrauchsform zu entheben. Der vordergründige Reiz besteht dabei darin, an dem Objekt Buch Zerstörungsphantasien ausleben zu dürfen.

Die Social-Media-Aktivitäten rund um das Buch überzeugten die Jury, weil die soziale Komponente im Vordergrund stand und die Fans ihre Kreativität ausdrücken konnten. „Im Social Media Bereich ist nicht nur die Zahl der Fans wichtig, sondern auch ob die Personen aktiv werden“, erläutert Leander Wattig.

Eine Kreativität, die die Fans zu schätzen wussten: Sie haben in über 200 Youtube-Videos und 500 Fotos gezeigt, wie gerne sie das Buch entfremden, einige haben sogar eine eigene Fanpage erstellt. Mit 117.696 Page Impressions in 2010 und 2.449 Fans auf der offiziellen Facebook-Page hatte die Aktion eine hohe Response und Interaktivität. Der Aufwand für den Verlag hielt sich dabei nach eigener Auskunft in Grenzen.


Buchhandel: Audible.de mit „Ohrdebil – Krise unterm Christbaum“

Das Hörbuchportal Audible.de „kann es sich leisten, ein dreiköpfiges Social-Media-Team einzustellen“, so Carsten Raimann. Dass sich diese Investition lohnen kann, zeigt sich am Erfolg der Kampagne rund um einen Hörspiel-Adventskalender: Die Autorin Johanna Steiner hat dem Team von Audible ein Hörspiel „auf den Leib geschrieben“ und es auch produziert. Das Besondere: Die Sprecher des Hörspiels waren allesamt Laien:  Die Mitarbeiter von Audible haben selbst eine Rolle in dem Hörspiel gespielt. Gaststars wie Helmut Krauss, Sebastian Fitzek, Dietmar Wunder und Tanja Geke erhielten nur Nebenrollen, „um dem Projekt inhaltliche Würze zu geben“. 

Eingebettet wurde das so entstandene Hörspiel in einen Adventskalender: Jeden Tag konnte ein weiteres kostenloses Kapitel heruntergeladen werden, am Ende der Aktion stand auch das komplette Hörspiel zum Download bereit.

Das Team hat nach „keinen einzigen Marketing-Euro“ ausgegeben und nur die Kosten die Kosten für das Schreiben und die Produktion eines Hörspiels sowie die Produktion des Adventskalenders getragen. Das fertige Hörbuch wurde dennoch etwa 10000 Mal heruntergeladen, der Adventskalender von fast 14.000 Menschen besucht. Jedes Türchen wurde im Schnitt über 2.500 Mal geöffnet.

Die Jury lobte besonders den persönlichen, menschlichen Faktor der Aktion, der eine eindeutige Identifikation mit dem Unternehmen glaubhaft transportiert.

Andere Branchenteilnehmer: Euryclia mit „Universalcode“

Auf der Internetplattform Euryclia entscheiden die Leser über ein Subskriptionsmodell, welche Texte zum Buch werden. Das Spannende: Nicht das fertige Buch wird verkauft, sondern die Idee zum Buch. Kommt eine bestimmte Anzahl an Vorbestellungen für ein Manuskript zusammen, dann wird dieses Buch professionell produziert.

Praktiziert wurde dieser Ansatz mit dem Buchprojekt „Universalcode“. Das Sachbuch beschäftigt sich mit der Frage, wie das Internet den Journalismus verändert. Insgesamt schreiben 18 Journalisten gemeinsam an dem Buch. Über ein Book2Look-Widget kann das Buchprojekt in weitere Blogs und Internetseiten eingebunden werden, bleibt aber über den Warenkorb mit Euryclia verbunden. Da die Autoren oft selbst für andere Journalisten bloggen, erhöht sich die Verbreitung innerhalb der Zielgruppe.

Neben der Ausschöpfung viraler Möglichkeiten durch das Widget lobte die zweiköpfige Jury vor allem, dass der Entstehungsprozess des Buches sichtbar gemacht wurde und eine online-affine Zielgruppe angesprochen wurde.

Preisträgerin Marion Schwer von Euryclia mit Carsten Raimann (li.) und Leander Wattig  (re.)

Der Virenschleuderpreis soll 2012 erneut vergeben werden. 

Kommentare

3 Kommentare zu "Vorsicht ansteckend"

  1. Caro Schleibinger | 16. Mai 2011 um 16:21 | Antworten

    @Stefan M: Nein, nicht nur dazu, aber auch unter anderem… Und man kann sich was abschauen von den erfolgreichen Kampagnen. Lerneffekt, Vorbild, Inspiration und sowas… 🙂

  2. Drea Euchner | 9. Mai 2011 um 3:12 | Antworten

    Lieber Herr Stefan M., falls es Ihnen in den letzten Monaten nicht möglich war, die Aktion der Virenschleuderer in der Branchenpresse zu verfolgen oder sich über die Intention der Erfinder zu informieren, bin ich gerne bereit hier erläuternd einzuspringen. Den Einsatz dieser beiden engagierten Branchenteilnehmer hätten Sie in den letzten Tagen auf dem Buchcamp wahrnehmen können. Ich nehme an, Sie waren nicht da, um Ihre Meinung aktiv mit in die Diskussion zu bringen? Schade.

  3. Und dieser Preis ist jetzt genau wofür gut? Ich meine jetzt außer für die Selbstinszenierung und Eigenwerbung des erfindenden Social Media Beraters?

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