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Deutsche Verlage obenauf

Die Nutzerdaten des in Seattle ansässigen E-Reading-Spezialisten Bluefire offenbaren ein erstaunliches Ranking: Nicht die Titel US-amerikanischer Verlage werden mit den Apps seiner White-Label-Lösung Bluefire Reader am häufigsten gelesen, sondern die deutscher Verlage.

Während in Bezug auf die Nachfrage nach einzelnen Titeln die Programme schwedischer Verlage vorn liegen, dominieren mit Heyne, Goldmann, Bastei Lübbe, dtv, Gräfe und Unzer sowie diversen weiteren Imprints der Verlagsgruppe Random House deutsche Verlage die Top 25 der insgesamt am meisten nachgefragten Verlage.

Dies hängt vermutlich mit einer ganzen Reihe von Faktoren zusammen, erklärt Bluefire-CEO Micah Bowers, dessen Unternehmen Lese-Apps für Händler, Bibliotheken mit E-Book-Leihsystemen und Verlage anbietet. Das Geschäftsmodell der Software Bluefire Reader: Unternehmen oder Organisationen aus der Buchbranche, die keine eigenen Apps für den Vertrieb und die Verwaltung von E-Books haben, lassen sich die White-Label-App von Bluefire lizenzieren und branden. Die App ist sowohl für den E-Book-Verkauf als auch für die Titelverwaltung und die digitale Lektüre ausgelegt.

Die von Bowers aufgeführten Hauptgründe für die Ergebnisse seiner Nutzerdatenauswertung:

  • In den englischsprachigen Märkten ist der E-Book-Markt bereits viel weiter entwickelt und stärker besetzt. Konzerne wie Amazon, Barnes & Noble, Kobo, Apple und Google haben längst immense Summen investiert, um sich durchzusetzen. Die fehlende Preisbindung spielt ihnen dabei in die Hände. Der Marktanteil der Indie-Anbieter ist demnach vergleichsweise überschaubar – weshalb Bluefire Reader die starke Basis fehlt und die Nutzerzahlen in diesen Märkten somit relativ niedrig bleiben.
  • Die deutsche Buchpreisbindung hält diese Großunternehmen davon ab, sich durch aggressives Preismarketing Marktanteile zu sichern.
  • Den Bibliotheksbereich dominiert in den USA Overdrive mit eigenen Apps. Im Gegensatz dazu haben einige europäische Länder gut ausgebaute Netze öffentlicher Bibliotheken mit umfangreichem E-Book-Katalog, die nicht durch bestimmte Apps der Verleiher besetzt sind. Hier sind Bluefire-Reader-Apps folglich präsenter.
  • Deutsche Händler haben sehr früh in eine E-Book-Infrastruktur investiert, wodurch der Markt breiter und offener ist als in vielen anderen Ländern. Insbesondere Tolino trägt dazu bei, dass das System offen bleibt. Das  EPUB-Format als Standard lässt eine E-Book-Kultur jenseits der geschlossenen Systeme von Amazon und Apple zu, deren E-Books nur innerhalb ihrer eigenen Apps gelesen werden können.
  • Dass die am stärksten nachgefragten Verlage aus Deutschland kommen, obwohl Bluefire Reader mehr Nutzer in den USA und Schweden hat, hängt zudem mit der jeweiligen Verlagslandschaft zusammen: Die Anzahl der US-Verlage ist so groß, dass sich die Zugriffszahlen auf mehr Verlage verteilen. Auch das Kundenverhalten spielt eine Rolle: Vielleser nutzen womöglich eher die großen Shops (mit ihrer eigenen Software) als die Indies.
  • In Deutschland gibt es eine überschaubare Anzahl großer Verlage, von denen einige ihre E-Books erfolgreich selbst vertreiben, starke lokale Händler, die auf offene Formate setzen, und zugleich buchinteressierte und technikaffine Leser – im Gegensatz zu den beispielsweise sehr printfixierten Franzosen.

Kommentare

1 Kommentar zu "Deutsche Verlage obenauf"

  1. Vielfalt ist immer gut: Für Leser, für Kunden, für Verlage… nur nicht für die Multis mit Monopolziel.

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