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Der große Störer

2007 hat Amazon die Basis einer Medien-Revolution geschaffen. Jahre nach dem ersten – gescheiterten – Versuch (rund ums Jahr 2000), dem digitalen Buch zum Durchbruch zu verhelfen, legte der E-Commerce-Gigant sein Kindle-Programm vor. Inzwischen verkauft der weltgrößte Online-Händler mehr Kindle-Bücher als Printexemplare. In den USA kontrolliert der Onliner über ein Viertel des gesamten Buchmarkts. Auf fast allen Märkten, auf denen Amazon E-Books anbietet, ist Amazon Marktführer, auch in Deutschland. „Fortune“ nennt Bezos „the ultimate disrupter“ (in etwa: der große Störer) – und kürt ihn zur „Businessperson of the Year“.

buchreport.de blickt zum Kindle-Jubiläum auf die wichtigsten Etappen und Zäsuren der letzten fünf Jahre zurück.

7. September 2012: Wenige Stunden, nachdem Kobo neue Hardware präsentiert hat, zieht Amazon nach: Das US-Unternehmen setzt perspektivisch besonders auf das Tablet-Geschäft. Auch in Deutschland bietet der Onliner die neuen Geräte an. Der Vergleich zum iPad zeigt, dass sich Apple Sorgen machen muss. 

7. September 2012: Der E-Book-Preiskampf in den USA kann wieder beginnen. Eine Richterin hat das Agency-Settlement genehmigt. Die Verlage, die unterzeichnet haben, dürfen den Händlern vorerst keine E-Book-Preise mehr diktieren. Bei allen Unklarheiten, der Sieger der damit ausgerufenen E-Book-Preisschlacht steht fest: Amazon. Auch in Brüssel zeichnet sich ein Vergleich ab.

25. Juli 2012: Rund 15 Monate nach dem Start des deutschen Kindle-Programms hat Amazon eine Bilanz gezogen. Das Gros der Kindle-Besteller stammten von Autoren aus dem Kindle Direct Publishing-Programm. 

21. Mai 2012: Der britische Buchfilialist Waterstones schließt eine Allianz mit Amazon-Chef Jeff Bezos – ein delikates Verhältnis. Die Branche reagiert überrascht.

27. April 2012: Ein Interview schlägt hohe Wellen. Der Online-Händler Amazon sei dabei, die Buchbranche zu zerstören, meint Verleger Dennis Johnson gegenüber buchreport.de.

26. März 2012: Die oberste Kartellwächterin der USA, Sharis Pozen, hat mit Blick auf das Agency-Modell angekündigt, jegliche Preisabsprachen zu stoppen.

2. November 2011: Erst Online-Shop samt Gebrauchtbuchgeschäft, dann Verlag, jetzt digitale Bibliothek – Amazon scheint den ganzen Buchmarkt in einem Unternehmen abbilden zu wollen. Der Online-Riese hat jetzt auch einen E-Book-Verleih im Portfolio.

29. September 2011: Amazon präsentiert das hauseigenen Tablet „Kindle Fire“, das zunächst nur in den USA auf den Markt kommt.

28. April 2011: Der Start des deutschen Kindle-Programms sorgt bei den Verlagen für gemischte Gefühle. Einerseits steigen die Verkaufschancen für digitalisierte Bücher erheblich, andererseits droht eine massive Konkurrenz durch das von Amazon aufgelegte Self-Publishing-Programm. Stimmen aus einer buchreport-Umfrage.

21. April 2011: Amazon startet das deutsche Kindle-Angebot, unter den 650.000 Titeln zu Debüt sind 25.000 deutschsprachige Bücher, daneben Zeitungen wie „FAZ“, „Handelsblatt“ und „Zeit“. amazon.de-Chef Ralf Kleber sagt im buchreport zur Kindle-Offensive: „Das Wichtigste, was wir je in Deutschland gemacht haben“.

März 2011: Der Deutsche Taschenbuch Verlag reagiert im Gespräch mit der „Zeit“ relativ gelassen auf Amazons Verlagsaktivitäten mit „AmazonCrossing“ (s. Mai 2010). Bislang wurden acht internationale Bücher im Auftrag von Amazon ins Englische übersetzt und verlegt, weitere sind offenbar für den späten Frühling bzw. Sommer geplant.

März 2011: Nach Medienberichten will Amazon schon in diesem Jahr kostenlose Kindle-Lesegeräte an Premium-Kunden verteilen, um den E-Book-Absatz anzukurbeln.

Februar 2011: Random House und andere Verlage laden einen Teil ihrer Titel in den internationalen Kindle-Shop. 

Januar 2011: Nach eigenen Angaben verkauft Amazon inzwischen mehr Kindle-Bücher als Taschenbücher und Hardcover. Im letzten Jahr kamen auf 100 verkaufte Taschenbücher 115 Kindle-Bücher, außerdem drei verkaufte Kindle-Bücher auf ein verkauftes Hardcover.

Dezember 2010: Nach Barnes & Noble führt auch Amazon ein Verleihmodell für E-Books ein: Seitdem können Kindle-Nutzer aus den USA ausgewählte E-Books für 14 Tage an Freunde und Bekannte verleihen. 

Dezember 2010: Amazon spricht in einer recht vagen Meldung an seine Kunden von Millionen verkauften Kindles im laufenden Quartal. „In den letzten 73 Tagen haben Leser mehr Kindles gekauft, als im gesamten Jahr 2009“, heißt es im Kindle-Forum.

November 2010: Kurz nach dem Start des britischen Kindle-Ablegers hat Amazon zähneknirschend den Verlagen die Preishoheit zurückgegeben, inzwischen legen die Verleger mehrheitlich selbst die Preise ihrer E-Books fest. 

Oktober 2010: Amazon meldet, dass über über amazon.com in den vergangenen 30 Tagen, mehr Kindle-Ausgaben verkauft worden seien als Hardcover- und Taschenbuch-Ausgaben zusammengerechnet. In den drei Monaten nach der Einführung des jüngsten Kindle-Modells hätten die verschiedenen E-Reader und „Kindle-verwandte“ Produkte (wie die E-Books selbst) alle 15 Plätze der Top-15-Bestseller auf amazon.com und amazon.co.uk belegt, heißt es in einer Wasserstandsmeldung des Online-Buchhändlers.

Oktober 2010: Amazon will Zeitungen und Zeitschriften, die bisher nur auf dem Kindle selbst erhältlich sind, auch in den Kindle-Apps auf dem iPadiPhone oder iPod touch zur Lektüre anbieten.

Oktober 2010: Amazon.co.uk, kündigt in einem Brief an seine Kindle-Kunden heftigen Widerstand gegen dieses sogenannte Agency-Modell an (s. auch November 2010).

Oktober 2010: Für das hauseigene Kindle-Programm ködert Amazon gezielt Zwischenformate, die als „Singles“ vermarktet werden sollen. Zwar ruft der Onliner in der Pressemitteilung auch Verlage dazu auf, sich am Singles-Programm zu beteiligen. Der Fokus scheint jedoch auf der direkten Autoren-Akquise zu liegen – was für den Onliner den Vorteil hat, Provisions-Verhandlungen mit den Verlagen zu umschiffen.

Juli 2010: Nach Angaben von Amazon ist seit der Preissenkung des Kindle der Absatz verdreifacht worden. Inzwischen kauften die Amazon-Kunden mehr E-Books als Hardcover. Im vergangenen Quartal habe Amazon auf 100 Hardcover 143 Kindle-Bücher verkauft.

Juli 2010: Amazon bietet die dritte Geräte-Generation des Kindle an. Neben dem Modell mit Mobilfunk- und Wifi-Anschluss (189 Dollar) kostet das reine Wifi-Modell nur noch 139 Dollar.

Juni 2010: Amazon erklärt, künftig auch E-Books mit angereicherten Inhalten anzubieten. Diese sollen allerdings nur auf den Apple-Lesegeräten iPad, iPhone und iPod touch verfügbar sein. Der eigentliche Kindle-Reader kann die neuen Multimedia-Inhalte nicht darstellen.

Juni 2010: Der Preis des Kindle-Readers sinkt um fast 30% auf 189 Dollar.

Mai 2010: Amazon will künftig über das Programm Amazon Crossing englischsprachige Übersetzungen fremdsprachiger Bücher anbieten. Die Titel sollen von Amazon selbst übersetzt und über Amazons Bücher-Shop und den Kindle Store sowie „nationale und unabhängige Buchläden“ vertrieben werden.

Januar 2010: Amazon liefert den großformatigen Kindle DX (9,7-Zoll) in über 100 Länder weltweit aus.

Januar 2010: Paulo Coelho unterzeichnet mit Amazon-Chef Jeff Bezos einen Vertrag zum exklusiven Vertrieb von 17 E-Books aus der Backlist.

Dezember 2009: US-Wirtschaftsbuchautor Stephen R. Covey hat die E-Book-Rechte für zwei seiner Bestseller vom Print-Verlag Simon & Schuster zum Digital-Verlag RosettaBooks abgezogen; die Titel sollen ein Jahr lang exklusiv via Amazon vertrieben werden.

November 2009: Kunden  können die Kindle-Bücher auch auf ihren Computern lesen, auch in Deutschland ist „Kindle for PC“ verfügbar.

November 2009: In den USA kehrt das Autorenbündnis „Book View Café“ dem traditionellen Verlagsbetrieb den Rücken, um ihre Bücher exklusiv über Amazons Kindle- und Sonys Reader-Programm zu vertreiben – Verlage sollen dabei komplett umgangen werden, damit den Autoren vergleichsweise hohe Honoraranteile bleiben.

Oktober 2009: Amazon weitet das Kindle-Programm jenseits der USA aus und liefert das E-Book-Lesegerät auf einen Schlag in 100 Länder weltwei. Außerdem senkt Amazon den Hardware-Preis.

September 2009: Amazon.com reicht ein offizielles Veto gegen das Google Settlement ein. Der Vergleich sei für „unfair“ gegenüber anderen Rechteinhabern. außerdem verschaffe er Google ein „effektives Monopol“ und würde zu einem „Kartell von Autoren und Verlegern“ führen, das den Wettbewerb verzerre.

Juni 2009: Kindle-E-Books sollen künftig auf möglichst vielen elektronischen Endgeräten dargestellt werden können.

Mai 2009: Zeitungs- und Zeitschriftenverlage wollen sich gegen das Konditionen-Diktat von Amazon – insbesondere die Bestimmung der Verkaufspreise ohne Mitspracherecht der Verlage – wehren und die Entwicklung von Kindle-Alternativen unterstützen.

März 2009: Kunden in den USA können die im Kindle-Programm bereitgestellten E-Books auch per iPhone oder iPod touch bestellen und lesen – also ohne in Besitz eines Kindle-Lesegeräts zu sein.

Februar 2009: Amazon stellt die 2. Kindle-Generation vor, die schlanker ausfällt; in Deutschland wurden noch keine Verlage geködert.

November 2007: „Dies ist das Wichtigste, was wir je gemacht haben“, verkündet Amazon-Boss Jeff Bezos auf einer Pressekonferenz und präsentiert das E-Book-Lesegerät „Kindle“. Der Lagerbestand soll bereits nach fünf Stunden abverkauft worden seien. Zum Start bietet Amazon mehr als 90000 vorwiegend englischsprachige Bücher und mehrere Hundert Zeitungen und Zeitschriften an.

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