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Die digitale Rechnung müssen alle begleichen

Ein zentrales Thema auf der Frankfurter Buchmesse: Die Reform des Urheberrechts. Wie die Position der Urheber im digitalen Zeitalter gestärkt werden kann, hat der Deutsche Kulturrat jetzt in einem Positionspapier vorgestellt. 
Hintergrund der aktuellen Diskussion über das Urheberrecht ist aus Sicht des Deutschen Kulturrats eine veränderte Wahrnehmung in der Gesellschaft: In der analogen Welt wurden urheberrechtliche Fragen vor allem innerhalb des Kulturbereichs diskutiert. Das habe sich inzwischen geändert: „Heute in der digitalen Welt geht das Urheberrecht jedermann an“, erklärt Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Die Auseinandersetzung um das Urheberrecht werde in einer breiten Öffentlichkeit geführt und habe an politischer Bedeutung deutlich gewonnen. 
Vor diesem Hintergrund stellt der Deutsche Kulturrat folgende Forderungen auf: 
  • Der Schutz des Urhebers und seines Werks sowie sein Recht, über das Ob und Wie der Nutzung zu entscheiden, sei ein unverrückbarer Grundsatz des Urheberrechts.
  • Angemessene Vergütung: Das vor zehn Jahren beschlossene Urhebervertragsrecht zur Vergütung der Autoren müsse jetzt vom Gesetzgeber „ergebnisoffen evaluiert“ werden. Aus dieser Evaluierung müssten möglichst schnell Konsequenzen gezogen werden.
  • Vereinfachte Schrankenregelungen: Weiterhin umstritten seien die geltenden Schrankenregelungen zu Gunsten von Bildung und Wissenschaft. Es müsse geprüft werden, ob diese Schrankenregelungen vereinfacht werden könnten. Auch neue Lizenzierungs- und Vergütungsmodelle sollten diskutiert werden, so die Forderung. 
  • Verwaiste und vergriffene Werke: Bibliotheken und Archive würden durch das geltende Urheberrecht darin behindert, verwaiste und vergriffene Werke für jedermann zugänglich zu halten. Der Deutsche Kulturrat fordert, den erforderlichen Rechtsrahmen zu schaffen, um unter Einbeziehung der Verwertungsgesellschaften die Nutzung von verwaisten und vergriffenen Werken Kultur- und Bildungseinrichtungen zu ermöglichen. Einen Regelungsvorschlag für verwaiste und vergriffene Werke hat die Deutsche Literaturkonferenz (Mitglied des Deutschen Kulturrats) der Bundesregierung bereits 2010 vorgelegt (hier mehr).
  • Geräte- und Speichermedienabgabe: Um den digitalen Privatkopien Rechnung zu tragen, müsse die Geräte- und Speichermedienvergütung verbessert werden, u.a. durch die Einführung einer Hinterlegungspflicht für gesetzliche Vergütungsansprüche. Auch neue Vergütungsansprüche für Werknutzungen neuer Formen, z.B. im Rahmen des Cloud Computing, seien zu prüfen.
  • Verwertungsgesellschaften: Die Kompetenz der Verwertungsgesellschaften für neue Vergütungsmodelle sollte genutzt genutzt werden, ihre Position insgesamt gestärkt werden und auch auch unter Geltung einer zukünftigen EU-Richtlinie für verwaiste Werke beibehalten werden können. 
  • Verständlichkeit des Urheberrechts: Da immer mehr Endnutzer unmittelbar mit dem Urheberrecht konfrontiert werden, müsse der Gesetzestext verständlich formuliert und verstärkt vermittelt werden. Eine Kritik, die auch Dirk von Gehlen im Interview mit buchreport geäußert hat: Die Rechtslage sei inzwischen so unklar, dass sich selbst Juristen nicht mehr auskennen.
  • Neue Geschäftsmodelle: Unternehmen sollten zwar unbedingt weiterhin in neue Geschäftsmodelle investieren. Geschäftsmodelle, die nur darauf aufbauen, dass Werke von Urhebern intensiv genutzt aber nicht vergütet werden (was Google und Youtube oft vorgeworfen wird), sollten aber nicht geschützt werden. Es müsse ein verlässlicher Rechtsrahmen geschaffen werden, um neue Modelle zu ermöglichen und zugleich den Schutz der Urheber zu gewährleisten.
  • Rechtsdurchsetzung: Zudem bedürfe es dringend effektiver, international geltender Regeln zur Rechtsdurchsetzung. Es sei nicht allein Aufgabe der Künstler oder Kulturbetriebe, sich für die Sicherung ihrer Rechte stark zu machen. Auch die Internetwirtschaft sei gefordert, „ihren Part zu übernehmen“, u.a. durch eine verstärkte Haftung der Host-Provider bei Urheberrechtsverletzungen. 
„Wir wollen ein verständliches, gerechtes und zeitgemäßes Urheberrecht, dass das Verhältnis zwischen Nutzer und dem Kulturbereich vernünftig regelt“, so Zimmermann. „Jeder Nutzer muss die Grundprinzipien des Urheberrechts verstehen und damit einhalten können. Hier hat der Gesetzgeber noch eine große Aufgabe vor sich!“
Dass die Justizministerin endlich handeln solle, hatte wiederholt auch der Börsenverein gefordert. Auf der Buchmesse organisiert der Verband zusammen mit Matthias Spielkamp, Gründer von iRights.info und Partner beim neuen Think Tank iRights.lab, einen öffentlichen Meinungsaustausch zum Urheberrecht (hier mehr). 

Kommentare

3 Kommentare zu "Die digitale Rechnung müssen alle begleichen"

  1. „Rechtsdurchsetzung: Zudem bedürfe es dringend effektiver,
    international geltender Regeln zur Rechtsdurchsetzung.“ – Merkwürdige Forderung, denn diese Regeln gibt es doch längst, bekannt als DMCA. Damit lassen sich zur Zeit die Rechte der Buchverlage international und effizient durchsetzen, auch wenn damit halt Abmahnanwälte nichts verdienen. Solange diese Fakten nicht kommuniziert werden, bleibt der Verdacht im Raum, dass mit solchen Forderungen eher die Interessen von Anwälten als die der Buchbranche vertreten werden. – Gegenargumente, bitte!?

  2. Man möge mir einmal erklären, wieso der Handel an den Büchern wesentlich mehr verdient als der Autor derselbigen.

  3. AUA, so ein Schwachsinn. Die Diktatur kehr zurück!

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