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Hoffen auf den hybriden Kunden

Welche Folgen hat die Weltbild-Insolvenz für die Tolino-Allianz? Bernhard Mischke und Michael Weber sehen keine Beeinträchtigung für den weiteren Erfolg des Projekts. Im Interview äußern sich die buch.de-Vorstände außerdem zum Risiko sinkender E-Book-Preise und zur Print-Kannibalisierung.
Die Branche ist durch die Nachricht von der Weltbild-Insolvenz erschüttert worden. Welche Folgen hat diese für Sie (als Tolino-Partner) und die Branche?
Michael Weber: Wir haben die Nachricht mit Bedauern zu Kenntnis genommen. Was es für die Branche bedeutet, darüber möchten wir nicht spekulieren und für eine konkrete Einschätzung ist es zu früh. Was die Tolino-Kooperation betrifft, werden wir gemeinsam mit Thalia und unseren Partnern beurteilen müssen, ob und wenn ja, welche Auswirkungen die Insolvenz von Weltbild für die Partnerschaft hat. Insgesamt sehen wir derzeit keine Beeinträchtigung für den weiteren Erfolg des Tolino. Der Tolino hat sich als Marke im deutschsprachigen Raum sehr erfolgreich positioniert, er wird auch künftig eine wichtige Rolle im hiesigen digitalen Markt spielen. Dazu tragen wir als Buchhändler genauso wie auch unser Technologiepartner, die Deutsche Telekom, bei.
Bereitet Ihnen der E-Book-Markt derzeit mehr Sorgen oder mehr Freude?
MW: Der E-Book-Markt bereitet uns natürlich Freude! Die E-Books sind im Geschäftsjahr 2012/2013 im knapp dreistelligen Prozentbereich gewachsen. Im gerade beendeten Weihnachtsgeschäft des laufenden Geschäftsjahrs 2013/2014 – so viel können wir schon verraten – war der E-Reader Tolino shine der absolute Topseller. Die Kunden begeistern sich immer mehr für das digitale Lesen, und da wir mit Thalia eine starke Konzernmutter haben, die konsequent in dieses Zukunftsfeld investiert, sind wir sehr gut aufgestellt. 
Wie groß ist das Risiko sinkender E-Book-Preise, das Sie im Geschäftsbericht ansprechen?
Bernhard Mischke: E-Books sind in der Regel preisgünstiger als physische Bücher. Das ist einer der Vorteile, den die Kunden schätzen. Studien zeigen, dass der E-Book-Preis von 2010 bis 2012 zurückgegangen ist, 2012/2013 aber wieder leicht anzogen hat. Wie diese Entwicklung weitergehen wird, kann niemand vorhersagen. Wir müssen uns jedoch wie alle Marktteilnehmer mit der Möglichkeit auseinandersetzen, dass bei gleichbleibend starkem Wettbewerbsdruck künftig auch die Preisattraktivität als Verkaufsargument eine größere Rolle spielen kann. 
Es gibt in der Branche unterschiedliche Einschätzungen, ob der E-Book-Markt den Printmarkt kannibalisiert oder nicht. Wo sehen Sie Hinweise auf Substitution?
BM: Wenn man davon ausgeht, dass der Kuchen insgesamt nicht bedeutend größer wird, und das zeigt leider die Umsatzentwicklung des deutschen Gesamtbuchmarkts in 2013 erneut, dann deutet dies bei steigenden E-Book-Anteilen zumindest auf eine teilweise Substitution hin. Diesen Effekt hat buch.de im vergangenen Geschäftsjahr beim Umsatz gespürt. Andererseits wissen wir jedoch, dass E-Book-Käufer eine hohe Kaufintensität haben. Unter diesem Aspekt sind besonders die so genannten „hybriden“ Kunden interessant, also die Kunden, die sowohl physische Bücher als auch digitalen Content kaufen. Das ist bisher noch eine kleine, aber sehr viel versprechende Käufergruppe. Und schließlich haben wir die Riesenchance, mit dem Thema E-Reading neben den Viellesern auch ganz neue Kunden zu erreichen – jüngere, multimedia-affine Kunden, die zum Beispiel über die Tolino tabs zu uns kommen.

80% der Tolino-Reader, die Sie unter dem Thalia-Dach verkauft haben, wurden in den Thalia-Filialen gekauft. Wie erklären Sie sich diesen hohen Anteil? 

BM: Viele Kunden haben die Gelegenheit wahrgenommen, sich den im März 2013 neu auf den Markt gekommenen E-Reader Tolino shine aus der Nähe anzusehen, ihn zu testen und die ausgezeichnete Beratung in den Thalia Buchhandlungen zu nutzen. Der Kunde will derzeit im wahrsten Sinn des Wortes E-Reading begreifen. Mit der steigenden Bekanntheit des Tolino und mit wachsender Praxis der Verbraucher im E-Reading wird auch die Sicherheit im Umgang mit den Geräten wachsen, und dann werden sich auch die Vertriebsanteile zwischen stationär und online stärker angleichen. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass die Beratungsqualität vor Ort ein wichtiges Argument für Kunden bleiben wird, ihren eReader bei der Thalia-Gruppe zu kaufen.

Sie haben sich eine „stärkere Fokussierung auf die Vermarktung ihres E-Commerce-Knowhows“ vorgenommen. Wie wird das konkret aussehen?

MW: Dazu haben wir Pläne in der Tasche, ja. Die werden wir dann verraten, wenn es an die konkrete Umsetzung geht.

2014 werden Sie voraussichtlich von der Börse gehen. Was wird unter dem Radar dann für Sie leichter? 

MW: Zu dem, was nach einem Delisting passieren wird, können wir derzeit noch nichts sagen. 

Was wird das größte Projekt von buch.de 2014?

MW: Wir haben uns wieder einiges vorgenommen. Gemeinsam mit Thalia werden wir den Ausbau der Services rund ums E-Reading fortsetzen, aber wir wollen auch konzentriert an der Qualitätssteigerung unserer Online-Shops arbeiten, die Verknüpfung mit dem stationären Angebot vorantreiben und unsere internen Prozesse weiter optimieren. 

Kommentare

1 Kommentar zu "Hoffen auf den hybriden Kunden"

  1. Warum braucht die Thalia zwei Online-Shops unter einem Dach? Was macht den Unterschied aus zwischen Buch.de und Thalia.de? Ich seh da farbliche Unterschiede – Thalia geht Richtung Traumreise, Buch.de Richtung Herbststimmung. Aber sonst?

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