buchreport

Artenschutz für Autoren

Gut fünf Wochen vor der Abstimmung über das Schweizer Preisbindungsgesetz (11. März 2012) wird die öffentliche Diskussion turbulent (hier mehr). Wie positionieren sich die Schweizer Autoren? Stimmen aus einer Umfrage des Schweizer buchreport-Büros:
Ursula Fricker:
„Die Buchpreisbindung ist sozusagen der ‚Artenschutz’ für Autoren. Fällt sie, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die einflussreichen Verlage und Buchhandelsketten das Feld endgültig unter sich aufteilen. Der Druck auf Verlage und Autoren, marktkonforme Bücher zu produzieren wird zunehmen. Die literarische Vielfalt wird entsprechend abnehmen. Das Buch ist selbstredend eines unserer wertvollsten Kulturgüter und es wäre schlicht unverzeihlich, es dem Wüten der Ökonomie schutzlos preiszugeben.“
Tim Krohn:
„Nicht zuletzt die Bankenkrise hat gezeigt, wie schnell ein unkontrollierter Markt kippen kann. In Großbritannien war der Buchmarkt einige Monate nach Aufhebung der Buchpreisbindung bereits durch Spekulanten ruiniert. Die Schweiz hatte, bis die Preisbindung aufgehoben wurde, eine blühende und weitherum gerühmte Buchhandelslandschaft. Inzwischen kriselt sie auch sehr. Sie schicken Ihr krankes Kind doch auch nicht weiter in die Schule – ersparen wir dem Buchhandel die Rosskur eines ungebremsten Marktes.“
Erica Pedretti:
„Ja, ich bin für die Buchpreisbindung!“
Jens Nielsen:
„Ich bin für die Buchpreisbindung. Bücher sind eines der wichtigsten Mittel zur Bildung unserer geistigen Existenz. Und was sie leisten können ist unersetzbar. Um es mal pathetisch zu formulieren. Ich sollte zwar besser nur für mich reden. Obwohl ich weiß, dass es ganz vielen andern ganz sicher und noch mehr als mir auch so geht. Und ich fände es eben schön wenn dieses Mittel einen besonderen Schutz genießt in der Gesellschaft. Und die Produktion und der Verkauf von Büchern nicht auch noch von den Maximen des reinen Marktes zersetzt wird.“
Lukas Hartmann:
„Ja, ich bin für die Buchpreisbindung (aber eigentlich nur, wenn der Internetversand mit eingeschlossen ist, aber das ist leider ungewiss).
  1. Die kleineren Buchhandlungen und Verlage sind mit großer Mehrheit und guten Gründen für die Buchpreisbindung. Sie sind wichtig für die Buchkultur in unserem Land, sie verdienen Unterstützung. 
  2. Die Buchpreisbindung gilt in Deutschland und in Österreich. Die Schweiz sollte da keine Ausnahme machen. 
  3. Die Gegner argumentieren damit, dass beim Wegfallen der fixen Buchpreise Autoren und Verlage stärker gefördert werden müssten. Das halte ich in der heutigen Situation für illusorisch.
  4. Ob die Preise bei diesem oder jenem System steigen oder fallen werden, ist nicht vorhersehbar. Mit Statistiken lässt sich beinahe alles beweisen. Darum zählen für mich die ersten drei Punkte mehr.“

Anm. der Redaktion: Hartmann bezieht sich darauf, dass der Schweizer Bundesrat die Preisbindung beim Internethandel in Frage stellt. Laut Gesetzestext gilt die Preisbindung auch für den Internethandel (mehr dazu hier und im aktuellen express 5/2012). 


Peter Stamm:
„Ich bin für die Buchpreisbindung, ist ja klar.“
Pedro Lenz:
„Ich bin für die Buchpreisbindung, weil ich in meiner sechmonatigen Aufenthaltszeit in Glasgow gesehen habe, was der freie Buchpreis anrichtet: Keine Vielfalt, keine kleinen Buchhandlungen, keine Bücher aus kleineren Verlagen in Buchhandlungen und dafür stapelweise Paolo Coelho, Pferdekalender und David-Beckham-Biografien. Aber die Preise waren nicht günstiger, sondern teurer.“
Klaus Merz:
„Ich bin für die Buchpreisbindung damit der literarische Mainstream auch besondere Bücher mit sich trägt; der anregenden Vielfalt und ihrem Vertrieb zuliebe.“
Rolf Lappert:
„Die Buchpreisbindung ist nötig, weil ich literarische Schätze nicht nur in den riesigen Buch-Supermärkten finden will, sondern auch in den leider immer seltener werdenden wunderbaren kleinen und winzigen Buchhandlungen, die, so traurig es ist, staatlichen Schutz brauchen, um überleben zu können. Auch die Vorstellung, dass meine Bücher – und die meiner Kolleginnen und Kollegen – fast nur noch in Shopping Malls und den Verkaufstempeln der Großkonzerne liegen, wo sie im Schatten der Bestsellertürme und seichten Massenwaren, Koch- Diät und Promibüchern mehr geduldet als geschätzt werden, stimmt mich nachdenklich. Bergbauern und Biber werden geschützt; lasst uns auch das Buch schützen!“
Arno Camenisch:
„Ich bin für die Stimmenvielfalt, und damit eine vielseitige Schweizer Literaturlandschaft möglich ist, braucht es die Buchpreisbindung.“

Weitere Argumente für die Preisbindung finden Sie hier zum Download sowie auf der Internetseite ja-zum-buch.ch.

Mehr zur aktuellen Diskussion über fixe Preise in der Schweiz lesen Sie im aktuellen buchreport.express 5/2011 (hier zu bestellen). 

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